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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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nämlich das Außen-, Verteidigungs- und das Marineministerium. Außerdem befand sich darin der Indian Treaty Room, der einzig zu dem Zweck entworfen worden war, naive Besucher mit dem Glanz viktorianisch überladener Architektur und der Herrlichkeit der Regierung, die dieses überdimensionale Tipi erbaut hatte, zu beeindrucken. Seine Schritte auf dem Marmorfußboden hallten durch die weiten Gänge, als er das richtige Zimmer suchte. Im zweiten Stock fand er schließlich den Raum von Roger MacKenzie, Sonderberater des Präsidenten für Fragen der Nationalen Sicherheit. Durch die Vorsilbe »Sonder-« wurde er paradoxerweise ein Staatsbeamter zweiter Garnitur. Der Berater für Fragen der Nationalen Sicherheit verfügte nämlich über ein Eckbüro im Westflügel des Weißen Hauses. Die Beamten, die ihm unterstanden, hatten hingegen ihre Büros in einiger Entfernung, und obwohl der Abstand zum Sitz der Macht auch den Einfluß bestimmte, blieb so etwas wie Selbstherrlichkeit im Amt davon unberührt. MacKenzie mußte sich einen eigenen Stab halten, um sich seiner Stellung zu vergewissern, sei sie nun echt oder eingebildet. Kein schlechter Mann, dachte Ritter, eigentlich ziemlich intelligent. Trotzdem war MacKenzie ängstlich besorgt um seinen Rang. In einer anderen Zeit wäre er der Berater des Kanzlers gewesen, der wiederum den König beriet. Nur, daß sich ein solcher Berater heute auch noch seinen eigenen Assistenten hielt.
    »Hallo, Bob, wie steht's in Langley?« fragte MacKenzie vor seinen versammelten Sekretären. Sie sollten erfahren, daß er sich mit einem aufstrebenden CIA-Beamten traf, was ja nur heißen konnte, daß er eben wichtig war.
    »Wie üblich«, meinte Ritter lächelnd. Kommen wir zur Sache.
    »Gab's einen Stau?« fragte MacKenzie, um Ritter darauf hinzuweisen, daß er beinahe zu spät zu ihrer Verabredung erschienen wäre.
    »Nichts Nennenswertes.« Ritter wies mit dem Kopf auf MacKenzies Privatbüro. Sein Gastgeber nickte.
    »Wally, wir brauchen jemanden, der das Gespräch protokolliert.«
    »Ich komme, Sir.« Sein Assistent kam hinter seinem Schreibtisch hervor und brachte einen Notizblock mit.
    »Bob Ritter, das ist Wally Hicks. Sie haben sich ja wohl noch nicht kennengelernt.«
    »Guten Tag, Sir.« Ritter nahm die Hand, die Hicks ihm entgegenstreckte, und lernte damit einen weiteren ehrgeizigen jugendlichen Regierungsbeamten kennen. New-England-Akzent, gutaussehend, höflich - also praktisch alles vorhanden, was man von solchen Leuten erwarten konnte. Eine Minute später saßen sie in MacKenzies Büro; Innenund Außentür waren in gußeiserne Rahmen geschlossen, die einen beim Anblick des Verwaltungsgebäudes an ein Kriegsschiff denken ließen. Hicks beeilte sich, Kaffee für sie alle bereitzustellen - wie ein Page an einem mittelalterlichen Hof und keineswegs untypisch für die Umgangsformen in der mächtigsten Demokratie der Welt.
    »Und was führt Sie zu mir, Bob?« fragte MacKenzie, der hinter seinem Schreibtisch Platz genommen hatte. Hicks schlug seinen Notizblock auf und schrieb jedes Wort mit.
    »In Vietnam hat sich für uns eine einzigartige Möglichkeit ergeben, Roger.« Augen weiteten sich, und Ohren wurden gespitzt.
    »Worum handelt es sich?«
    »Südwestlich von Haiphong haben wir ein Sonderlager für Kriegsgefangene entdeckt«, begann Ritter. Dann ging er auf das ein, was sie wußten oder vermuteten.
    MacKenzie hörte ihm aufmerksam zu. Trotz seiner Aufgeblasenheit war der erst kürzlich nach Washington berufene ehemalige Investitionsberater früher selbst einmal Flieger gewesen. Im Zweiten Weltkrieg hatte er eine B-24 geflogen und an der dramatischen, aber fehlgeschlagenen Mission nach Plojesti teilgenommen. Ein Patriot mit Mängeln, dachte Ritter. Er würde sich das erstere zunutze machen und das zweite ignorieren.
    »Zeigen Sie mir Ihr Bildmaterial«, bat MacKenzie nach einigen Minuten, indem er das richtige Insiderwort anstelle der gewöhnlichen Bezeichnung »Fotos« gebrauchte.
    Ritter zog die Bildmappe aus seiner Aktentasche und legte sie auf den Schreibtisch, MacKenzie schlug sie auf und holte ein Vergrößerungsglas aus einer Schublade. »Und wir wissen, wer das hier ist?«
    »Weiter hinten sehen Sie eine bessere Aufnahme«, kam ihm Ritter zu Hilfe.
    »Das ist ja fast eine Nahaufnahme. Nicht ganz klar, aber es reicht. Wer ist das?«
    »Colonel Robin Zacharias von der Air Force. Er war eine Zeitlang auf dem Luftwaffenstützpunkt Offutt beim Strategischen Luftkommando, also bei

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