01 - Gnadenlos
herum und blickte auf die blaue Aluminiumplatte an seiner Wand. Sie stammte von seiner F6F Hellcat und war mit geraden Reihen rot-weißer Flaggen bemalt, jeweils eine pro Opfer seiner Kampftüchtigkeit. Sie war ein Beweisstück seiner militärischen Fähigkeiten. »Signalmaat Grafton«, rief er.
»Ja, Sir?« An der Tür erschien ein junger Unteroffizier. »Geben Sie eine Meldung an Admiral Podulski auf der
Constellation durch: ›Olivgrün‹.«
»Aye aye, Sir.«
»Lassen Sie meinen Wagen vorfahren, und rufen Sie dann Anacostia. In einer Viertelstunde brauche ich einen Hubschrauber.«
»Jawohl, Admiral.«
Vizeadmiral Winslow Holland Maxwell, U.S. Navy, verließ seinen Schreibtisch und ging durch die Seitentür auf den E-Ring-Korridor. Seine erste Station war die Abteilung der Luftwaffe.
»Gary, wir brauchen jetzt den Transport, über den wir schon gesprochen haben.«
»Wird erledigt, Dutch«, erwiderte der General ohne weitere Fragen.
»Geben Sie die Einzelheiten an mein Büro durch. Ich muß jetzt zu einem Termin, aber ich rufe jede Stunde an.«
»Ja, Sir.«
Maxwells Wagen wartete beim Eingang am Fluß. »Wohin, Sir?«
»Zum Hubschrauberplatz in Anacostia.«
»Aye aye, Sir.« Der junge Soldat ließ den Wagen anrollen und fuhr auf den Fluß zu. Er wußte zwar nicht, was da vor sich ging, aber es mußte etwas Wichtiges sein. Der Alte hatte einen Schwung in seinen Schritten wie eine Häuptlingstochter auf dem Weg zum Stelldichein.
Kelly hoffte inbrünstig, daß er keinen einzigen Schuß würde abgeben müssen. Er hatte eine CAR-15-Karabinerversion des M-16-Sturmgewehrs als wichtigste Waffe. Dazu kam ins Schulterhalfter die 9mm-Automatik mit Schalldämpfer, aber seine wahre Waffe war das Funkgerät. Um sicherzugehen, wollte er zwei davon mitnehmen. Dazu Lebensmittel, Wasser, eine Landkarte - und Ersatzbatterien. Alles in allem waren es etwas über zwanzig Pfund, seine Spezialausrüstung für den Vormarsch nicht mitgerechnet. Das war kein übermäßig großes Gewicht, und er stellte fest, daß er damit ohne Mühe durch das Unterholz und über die Berge marschieren konnte. Für einen Mann seiner Größe bewegte sich Kelly außerordentlich schnell und leise voran. Die Geräuschlosigkeit kam dadurch zustande, daß er darauf achtete, wohin er die Füße setzte, wie er sich durch die Gegend wand und Hindernisse wie Bäume und Büsche umging. Weg und Umgebung hatte er dabei ständig mit gleichbleibender Intensität im Blick.
Nicht übertrainieren, ermahnte er sich. Du solltest es leichter nehmen. Nachdem er sich aufgerichtet hatte, ging er, sich ganz auf seinen Instinkt verlassend, den Hügel hinunter. Die Marinesoldaten trainierten in kleinen Gruppen an den Waffen, während sich Captain Albie mit den vier Hubschraubermannschaften beriet. Kelly steuerte geradewegs auf den Landeplatz des Stützpunkts zu, als ein Navy-Hubschrauber eintraf, dem Admiral Maxwell entstieg. Rein per Zufall war Kelly als erster bei ihm. Er erriet den Zweck seines Besuches, noch bevor ein Wort gesprochen wurde.
»Geht's los?«
»Heute abend«, bestätigte Maxwell mit einem Nicken. Trotz all seiner Vorfreude und Begeisterung fühlte Kelly
den üblichen Kitzel. Jetzt war das Training zu Ende. Jetzt kam wieder Schwung in sein Leben. Von ihm hing das Leben anderer Männer ab. Aber er würde die Sache schon schaukeln. Ich weiß, wie man so was macht, sagte er sich. Kelly blieb am Hubschrauber stehen, während Maxwell zu Captain Albie hinüberging. Gleichzeitig stieß General Youngs Wagen zu den beiden Männern, so daß die Nachricht gleich weitergeleitet werden konnte. Grüße wurden ausgetauscht, und Captain Albie drückte seinen Rücken noch ein wenig weiter durch, als er den Befehl hörte. Die Marinesoldaten der Aufklärungstruppe versammelten sich um die Männer. Ihre Reaktion fiel erstaunlich nüchtern und sachlich aus. Sie blickten sich lediglich mit einem nichtssagenden Ausdruck an und nickten sich dann entschlossen zu. Sie hatten grünes Licht; der Einsatzbefehl war ausgegeben. Maxwell kehrte zum Hubschrauber zurück.
»Ich nehme an, Sie wollen jetzt Ihren kleinen Ausflug machen.«
»Sie haben es mir versprochen, Sir.«
Der Admiral klopfte dem Jüngeren auf die Schulter und wies auf den Hubschrauber. Nachdem sie Platz genommen hatten, setzten sie Kopfhörer auf. Währenddessen ließ die Mannschaft die Motoren an.
»Wann brechen wir auf, Sir?«
»Kommen Sie bis Mitternacht zurück.« Der Pilot vom rechten Sitz blickte sich
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