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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Polizei den Fall nämlich ein. Glauben Sie, jemand hat ein Interesse an diesen Mädchen? Erinnern Sie sich, wir haben schon einmal darüber gesprochen. Sie haben selbst gesagt, es gäbe kein Hilfsprogramm. Sie nehmen Anteil an ihnen, und deshalb habe ich Doris hierher gebracht. Aber die Polizisten? Nein. Vielleicht kann ich genügend Informationen zusammentragen, um den Drogenring auffliegen zu lassen. Ob ich es schaffe, weiß ich nicht, denn schließlich bin ich dafür nicht ausgebildet. Aber ich versuche es. Wenn Sie mich anzeigen wollen, werde ich Sie nicht daran hindern. Ich tue Ihnen nichts.«
    »Das weiß ich«, brach es aus Sandy heraus. »John, Sie dürfen das nicht tun«, fügte sie, schon wieder ruhiger, hinzu.
    »Warum nicht?« fragte Kelly. »Sie bringen Menschen um. Sie tun ihnen Schreckliches an, und niemand unternimmt etwas dagegen. Was ist mit ihren Opfern. Die haben keinen Fürsprecher.«
    »Dafür gibt es die Gesetze.«
    »Und wenn die Gesetze nicht greifen, was dann? Sollen wir sie einfach sterben lassen? Einfach so? Denken Sie an die Fotos von Pam.«
    »Ja.« Sandy wußte, daß er damit recht hatte, obwohl sie wünschte, es wäre anders.
    »Sie haben Pam stundenlang gefoltert Sandy, und Ihr... Gast sah dabei zu. Sie haben sie gezwungen zuzusehen.«
    »Das hat sie mir erzählt. Und alles andere auch. Pam und sie waren Freundinnen. Sie war diejenige, die Pam nach - nach ihrem Tod gekämmt hat.«
    Seine Reaktion traf sie völlig unvorbereitet. Plötzlich wurde ihr klar, daß Kellys Schmerz direkt unter der Oberfläche schlummerte. Nur durch ein paar Worte konnte er mit einer Unvermitteltheit ans Licht gebracht werden, die ihn bitterlich quälen mußte. Er wandte sich ab und blickte sie erst wieder an, nachdem er tief Luft geholt hatte. »Geht es ihr gut?«
    »In ein paar Tagen bringen wir sie nach Hause. Sarah und ich fahren sie hin.«
    »Das freut mich. Vielen Dank, daß Sie sich um Doris gekümmert haben.«
    Das war ein Widerspruch, der ihr schwer zu schaffen machte. Wie konnte er so leichthin erwähnen, daß er anderen Menschen das Leben nahm, im selben Tonfall wie Sam Rosen, wenn er eine schwierige Operation durchdiskutierte, und sich gleichzeitig ebenso ernsthaft wie ein Chirurg um Menschen sorgen, die er - gerettet hatte. Oder gerächt. Für ihn war es vielleicht das gleiche.
    »Sandy, Sie müssen es so sehen. Diese Leute haben Pam getötet. Sie haben sie vergewaltigt, gefoltert und getötet - und zwar zur Abschreckung, damit sie die anderen Mädchen für ihre Zwecke einsetzen konnten. Ich werde mir jeden einzelnen von ihnen holen, und wenn ich dabei sterbe, dann war es mir das wert. Es tut mir leid, daß Sie mich deswegen verabscheuen.«
    Sie holte tief Luft. Alles Nötige war gesagt worden.
    »Sie haben vorhin erwähnt, Sie müßten fort?«
    »Ja. Wenn alles nach Plan verläuft, bin ich in zwei Wochen wieder da.«
    »Ist es gefährlich?«
    »Wenn ich es richtig anfange, nicht.« Aber Kelly wußte, daß er ihr nichts vormachen konnte.
    »Worum geht es dabei?«
    »Eine Rettungsaktion. Aber mehr kann ich wirklich nicht sagen, und Sie dürfen mit niemandem darüber sprechen. Heute nacht geht's los. Ich war zum Training auf einem Militärstützpunkt.«
    Nun mußte Sandy sich abwenden, ihren Blick auf die Küchentür richten. Er ließ ihr einfach keine Chance. Die Widersprüche waren zu groß. Er rettete ein Mädchen, das ansonsten sicher gestorben wäre, aber außerdem tötete er. Er liebte eine Frau, die nicht mehr am Leben war. Er war bereit, andere um seiner Liebe willen zu töten, und riskierte dafür alles. Er hatte Sarah, Sam und ihr vertraut. Die Mischung aus Fakten und Vorstellungen ließ sich nur schwer vereinbaren. Nach dem, was mit Doris geschehen war, nachdem sie so gekämpft hatte, daß das Mädchen wieder gesund wurde, nachdem sie ihre Stimme - und die ihres Vaters - gehört hatte, da hatte das Ganze einen Sinn ergeben. Mit einem gewissen Abstand war es leicht die Dinge leidenschaftslos zu betrachten. Aber nun stand ihr der Mann gegenüber, der das alles getan hatte, berichtete von seinen Taten ruhig und ohne Umschweife, log nicht, verbarg nichts, sagte ihr die Wahrheit und bat sie erneut um Verständnis.
    »Vietnam?« fragte sie nach einem Augenblick. Sie versuchte, Zeit zu gewinnen und Ordnung in ihre sich überstürzenden Gedanken zu bringen.
    »Genau.« Kelly schwieg. Er mußte es ihr zumindest ansatzweise erklären, damit sie ihn verstehen konnte. »Da drüben gibt es Leute, die

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