01 - Gnadenlos
fragend zu ihnen um. Maxwell gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, daß er noch nicht abheben sollte.
»Aye aye, Sir.« Kelly nahm den Kopfhörer ab, sprang aus dem Hubschrauber und schloß sich General Young an.
»Dutch hat es mir schon erzählt«, erklärte Young, ohne seine Mißbilligung zu verbergen. So etwas war doch unerhört. »Was brauchen Sie?«
»Erst muß ich zurück zum Boot und mich umziehen. Können Sie mich dann nach Baltimore fahren? Um die Rückfahrt kümmere ich mich selbst.«
»Hören Sie mal, Clark –«
»General, ich habe bei der Planung dieser Mission mitgeholfen. Ich gehe als erster rein und komme als letzter raus.« Young hätte am liebsten geflucht, doch das Verkniff er sich. Statt dessen schickte er Kelly mit einer Kopfbewegung zu seinem Fahrer.
Eine Viertelstunde später war Kelly in einem anderen Leben. Seit er die Springer an der Anlegestelle für Besucher festgetäut hatte, war die Zeit stehengeblieben oder sogar rückwärts gelaufen. Nun würde es mal wieder vorwärtsgehen. Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, daß der Hafenmeister die Dinge im Auge behielt. Nach einer kurzen Dusche zog er seine Zivilkleider an und lief zum Wagen des Generals zurück.
»Nach Baltimore, Corporal. Ich werde es Ihnen leichtmachen. Setzen Sie mich einfach am Flughafen ab. Für den Rest nehme ich ein Taxi.
»Alles klar, Sir«, erwiderte der Fahrer dem Mann, der bereits in den Schlaf hinüberdämmerte,
»Also, was steckt dahinter, Mr. MacKenzie?« erkundigte sich Wally Hicks.
»Es ist genehmigt«, erklärte der Sonderberater, während er ein paar Unterlagen signierte und andere abzeichnete, damit sie in den unterschiedlichen Archiven eingelagert wurden, wo zukünftige Historiker seinen Namen als Randfigur bei den bedeutenden Ereignissen seiner Zeit festhalten würden.
»Können Sie mir mehr darüber sagen?«
Was soll's, dachte MacKenzie. Hicks hatte offiziellen Zugang zu Geheiminformationen, und die Gelegenheit, dem Grünschnabel etwas von seiner Wichtigkeit vor Augen zu führen, war einfach zu verlockend für den Sonderberater. Innerhalb von zwei Minuten hatte MacKenzie ihm die Grundzüge von BOXWOOD GREEN erklärt.
»Das ist eine Invasion, Sir«, wandte Hicks so unbeteiligt wie möglich ein - trotz Gänsehaut und flauem Gefühl im Magen.
»Vielleicht werden die Vietnamesen das so sehen. Ich sehe das anders. Wenn ich mich recht erinnere, sind sie selber in drei souveräne Staaten eingedrungen.«
»Aber die Friedensgespräche - das haben Sie doch selbst gesagt«, kam es dringlicher von Hicks.
»Ach, zum Teufel mit den Friedensgesprächen! Mensch, Wally, es geht dabei um unsere Männer, Sie wissen Dinge, die unsere nationale Sicherheit bedrohen könnten. Abgesehen davon –« er lächelte - »habe ich geholfen, es Henry Kissinger zu verkaufen.« Und wenn sich das rumspricht...
»Aber -«
MacKenzie blickte auf. Hatte der Knabe noch immer nicht kapiert? »Aber was, Wally?«
»Es ist gefährlich.«
»Das hat ein Krieg so an sich, oder wußten Sie das noch nicht?«
»Sir, hier kann ich doch frei sprechen, oder?« fragte Hicks spitz.
»Natürlich, Wally, reden Sie.«
»Die Friedensgespräche sind im Augenblick in einer sehr heiklen Phase -«
»Das sind Friedensgespräche immer.« MacKenzie genoß den pädagogischen Diskurs. Vielleicht würde der Knabe zur Abwechslung mal was lernen.
»Sir, es haben schon zu viele von uns ihr Leben verloren. Und wir haben eine Million von denen getötet. Und wozu das alles? Was haben wir gewonnen? Hat überhaupt jemand was dabei gewonnen?« Seine Stimme war fast schon ein Flehen.
Diese Argumente waren nicht gerade neu, und MacKenzie hatte es satt, darauf zu antworten. »Sie verschwenden Ihre Zeit, Wally, wenn Sie mich dazu bringen wollen, daß ich verteidige, wie wir in diese verfahrene Situation reingerutscht sind. Ein Schlamassel ist es von Anfang an gewesen, aber den hat nicht diese Regierung angerichtet, oder? Wir sind gewählt worden, um uns da wieder rauszubringen.«
»Ja, Sir.« Dem konnte Hicks nichts entgegensetzen. »Genau das denke ich auch. Aber diese Mission beschränkt unsere Chancen, das alles zu einem Ende zu bringen. Ich halte sie für einen Fehler, Sir.«
»Nun gut.« MacKenzie entspannte sich und blickte seinen Sekretär wohlwollend an. »Diese Ansicht hat - ich will mal großzügig sein - durchaus ihre Vorzüge. Aber was ist mit unseren Männern, Wally?«
»Sie wußten, auf was sie sich einlassen. Und sie haben
Weitere Kostenlose Bücher