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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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zusammengekniffen, um sich diesem Tag zu stellen. Der Russe winkte einem kleinen Soldaten, der vor der Tür des Offiziersquartiers gewartet harte. Ordonnanz, dachte Kelly. Ein zu Gast weilender russischer Oberst wollte es doch bequem haben, nicht wahr? Den Streifen über der Jackentasche und der Menge von Ordensbändern nach eindeutig ein Pilot. Bloß einer? wunderte sich Kelly. Ein einziger russischer Offizier, um bei der Folterung der Gefangenen zu helfen? Schon sonderbar, wenn man sich das mal überlegt. Es hieß andererseits, daß sie nur einen Nicht-Vietnamesen umlegen mußten, und obwohl er politisch nicht besonders versiert war, wußte Kelly, daß die Ermordung eines Russen nur Scherereien bringen würde. Er sah zu, wie der Russe über den Exerzierplatz ging. Dann trat ein vietnamesischer Major auf ihn zu. Noch ein Hinkebein. Der kleine Major salutierte vor dem großen Oberst.
    »Guten Morgen, Genosse Oberst.«
    »Guten Morgen, Major Vinh.« Das kleine Scheusal kann nicht einmal ordentlich salutieren. Vielleicht will er vor Vorgesetzten einfach keine ordentliche Haltung einnehmen. »Wie steht es mit den Rationen für die Gefangenen?«
    »Sie müssen sich mit dem zufriedengeben, was wir haben«, erwiderte der kleine Mann in schauderhaftem Russisch.
    »Major Vinh, es ist wichtig, daß Sie meinen Standpunkt verstehen«, sagte Grischanow und trat einen Schritt näher, um so wirkungsvoller auf den Vietnamesen herunterfunkeln zu können. »Ich benötige ihre Informationen. Die aber kann ich nicht bekommen, wenn sie zu krank zum Reden sind.«
    »Towarischtsch, wir haben Probleme genug, unsere eigenen Leute zu ernähren. Sie verlangen von uns, gutes Essen an Mörder zu verschwenden?« Der vietnamesische Soldat gab leise Antwort. Er schlug dabei einen Ton an, der zugleich seine Verachtung für den Ausländer zeigte und in den Ohren seines Untergebenen doch respektvoll klang. Die hätten nämlich nicht ganz verstanden, worum es hier ging. Schließlich hielten sie die Russen für ihre festen Verbündeten.
    »Ihr Volk hat nicht das, was mein Land braucht, Major. Und wenn mein Land bekommt, was es braucht, dann könnte Ihr Land mehr von dem bekommen, was es wiederum selber braucht.«
    »Ich habe meine Befehle. Wenn Sie Schwierigkeiten mit der Befragung der Amerikaner haben, kann ich gerne etwas nachhelfen.« Arroganter Schnösel. Diese Worte brauchten nicht ausgesprochen zu werden. Vinh wußte, wie er jemanden auf die Palme bringen konnte.
    »Danke bestens, Major. Das wird nicht nötig sein.« Grischanow salutierte nun seinerseits, aber noch salopper als zuvor dieser unangenehme kleine Mann. Es wäre schön, ihn sterben zu sehen, dachte der Russe, als er zum Gefangenentrakt hinüberging. Seinen ersten »Termin« hatte er mit einem amerikanischen Navy-Flieger, der kurz davorstand, geknackt zu werden.
    Ganz schön lässig, dachte Kelly einige hundert Meter entfernt. Die beiden müssen ja ziemlich gut miteinander auskommen. Er beobachtete das Lager nun ganz entspannt. Seine größte Angst war die, daß die Wachmannschaft Sicherheitspatrouillen ausschicken würde, so wie es eine Fronteinheit in Feindesland garantiert getan hätte. Aber sie befanden sich nicht in Feindesland, und hier war eigentlich auch keine Fronteinheit. Sein nächster Funkspruch an die Ogden bekräftigte, daß sich alles innerhalb der hinnehmbaren Risikogrenzen hielt.
    Sergeant Peter Meyer rauchte. Das gefiel seinem Vater nicht, aber er nahm diese Schwäche seines Sohnes hin, solange er es draußen tat, so wie jetzt nach dem sonntäglichen Abendessen auf der hinteren Veranda des Pfarrhauses.
    »Es geht um Doris Brown, stimmt's?« fragte Peter. Mit sechsundzwanzig war er einer der jüngsten Sergeants seines Reviers und wie die meisten seiner Generation ein Vietnamveteran. Er stand kurz davor, seinen Abschluß an der Abendschule zu machen, und überlegte sich, ob er sich an der Akademie des FBI bewerben sollte. Es hatte sich allmählich herumgesprochen, daß das mißratene Mädchen zurückgekehrt war. »Ich kann mich an sie erinnern. Sie hatte vor ein paar Jahren den Ruf, eine richtig heiße Nummer zu sein.«
    »Peter, du weißt, ich kann nichts sagen. Es fällt unter das Beichtgeheimnis. Ich werde der Person raten, sich an dich zu wenden, wenn die Zeit gekommen ist, doch... «
    »Paps, ich weiß doch, daß du da gebunden bist. Aber du mußt auch verstehen, daß es hier um Mord geht. Zwei Tote, dazu noch das Drogengeschäft.« Er schnippte den Stummel seiner

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