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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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dem Messer ein paar Zentimeter näher, die Augen auf die dünne, silbrige Linie auf der gehärteten Schneide gerichtet. Sie sah so scharf aus, daß Hicks sich kaum noch zu atmen traute. Wieder blickte er auf die Uhr. Wenigstens der große Zeiger rückte vor.
    Peter Henderson ließ sich Zeit. Es war ein Werktagabend, und da ging Washington früh zu Bett. Alle Bürokraten, Adjutanten und Sonderbeauftragten standen zeitig auf und mußten ihre Ruhe haben, so daß sie bei der Regelung der Angelegenheiten ihres Landes ihre fünf Sinne beisammen hatten. Daher waren in Georgetown nicht weit vom Weißen Haus, die Gehsteige leer, deren Betonplatten von Baumwurzeln hochgedrückt wurden. Er sah zwei ältere Leute die ihr Hündchen Gassi führten, aber sonst nur noch eine weitere Person bei Wallys Block. Einen Mann etwa seines Alters, der fünfzig Meter vor ihm in sein Auto stieg, dessen Rasenmäherton es als Käfer auswies. Wahrscheinlich ein älteres Modell. Diese abstoßend häßlichen Biester liefen und liefen und liefen. Ein paar Sekunden später klopfte er an Wallys Tür. Sie war nicht ganz geschlossen. In manchen Dingen war Wally nachlässig. Zum Spion würde er es nie bringen. Henderson schob die Tür auf, schon mit einem Vorwurf an seinen Freund auf den Lippen, da sah er ihn in seinem Sessel sitzen.
    Hicks hatte den linken Ärmel hochgekrempelt. Die rechte Hand war in seinen Kragen gekrallt, als hätte er sich mehr Luft verschaffen wollen, aber die wahre Ursache steckte in seiner linken Armbeuge. Peter näherte sich der Leiche nicht. Einen Augenblick lang tat er gar nichts. Dann wußte er, daß er hier verschwinden mußte.
    Er holte sein Taschentuch heraus und wischte die Türklinke ab, schloß die Tür und ging davon. Er mußte sich bemühen, seinen Magen unter Kontrolle zu halten.
    Verdammt noch mal, Wally! Henderson tobte. Ich habe dich gebraucht. Aber so zu sterben, an einer Überdosis. Die Endgültigkeit des Todes stand ihm mit unerwarteter Klarheit vor Augen. Aber Wallys Glaubensgrundsätze würden bleiben, dachte Henderson, als er heimschritt. Zumindest die starben nicht. Dafür würde er sorgen.
    Die Fahrt dauerte die ganze Nacht. Jedesmal, wenn das Lastauto in ein Schlagloch fuhr, ging es wie ein Aufschrei des Protestes durch die Muskeln. Drei Männer waren schwerer verletzt als Robin, zwei lagen bewußtlos auf der Pritsche, und da ihm Hände und Füße gefesselt waren, konnte er rein gar nichts für sie tun. Aber eine gewisse Genugtuung gab es doch. Jede zerstörte Brücke, die sie umfahren mußten, war für sie ein Sieg. Jemand schlug zurück, jemand tat diesen Scheusalen weh. Ein paar Männer flüsterten miteinander. Robin fragte sich, wohin sie gebracht wurden. Am bewölkten Himmel waren keine Sterne als Orientierungshilfe, doch mit der Morgendämmerung ließ sich bestimmen, wo der Osten lag, und so wurde klar, daß sie nach Nordwesten fuhren. Über ihren wahren Bestimmungsort wollte sich Robin gar keine Hoffnung machen, aber dann entschied er, daß er die Hoffnung niemals aufgeben sollte.
    Kelly war erleichtert, daß es vorbei war. Er empfand keine Genugtuung über den Tod von Walter Hicks, der ein Verräter und Feigling gewesen war. Doch es hätte einen besseren Weg geben können. Er war froh, daß Hicks entschieden hatte, sich selbst das Leben zu nehmen, denn er war sich gar nicht so sicher, ob er ihn mit dem Messer - oder auf eine andere Art - hätte umbringen können. Hicks hatte sein Schicksal verdient darüber hegte er keine Zweifel. Aber das haben wir doch alle, dachte Kelly.
    Er packte seine Kleidung in den Koffer, der groß genug war, daß alles hineinpaßte, und trug ihn nach draußen zum Wagen. Damit war sein Aufenthalt in dieser Wohnung beendet. Es war nach Mitternacht als er wieder nach Süden ins Zentrum der Gefahrenzone fuhr. Er war bereit, ein letztes Mal in Aktion zu treten.
    Für Chuck Monroe harte sich die Lage beruhigt. Er hatte immer noch mit Einbrüchen und allen möglichen anderen Vergehen zu tun, aber das Niedermetzeln von Dealern in seinem Revier hatte aufgehört. Ein bißchen schade fand er das schon, und er gab das gegenüber anderen Streifenbeamten auch soweit zu, und zwar beim »Mittagessen« - das in seinem Fall eine gnädigerweise nicht näher bezeichnete Mahlzeit um drei Uhr früh war.
    Monroe fuhr mit dem Funkstreifenwagen auf seiner so gut wie regulären Route und hielt immer noch nach außergewöhnlichen Dingen Ausschau. Er bemerkte, daß zwei neue Leute Ju-Jus Platz

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