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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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erwiderte Kelly. Er mußte alle verfügbare Kraft aufwenden, um seine Stimme zu beherrschen. «Gott sei Dank.«
    »Ich würde es dir nicht übelnehmen, wenn du mich wieder zurückbrächtest und meiner Wege gehen ließest. Vielleicht hat Daddy recht gehabt mit dem, was er über mich gesagt hat.«
    »Pam, erinnerst du dich noch, wie du zur Kirche gegangen bist?«
    »Ja.«
    »Erinnerst du dich an die Geschichte, die so aufhört: ›Gehe hin und sündige nicht mehr‹? Denkst du, ich hab noch nie was Schlechtes getan? Mich nie geschämt? Nie Schiß gehabt? Du bist nicht allein, Pam. Hast du überhaupt eine Ahnung, wie mutig du gewesen bist, mir all das zu erzählen?«
    Ihrer Stimme fehlte mittlerweile jede Gefühlsregung. »Du hast ein Recht, es zu erfahren.«
    »Und jetzt weiß ich es, und es macht keinen Unterschied.« Er schwieg einen Moment. »Doch, es macht einen Unterschied: Du hast sogar noch mehr Mumm, Schätzchen, als ich dachte.«
    »Bist du sicher? Was ist mit später?«
    »Das einzige, was mir an ›später‹ Sorgen macht, sind diese Leute, von denen du weg bist«, sagte Kelly.
    »Wenn sie mich je finden... « Jetzt ließ sie ihren Gefühlen wieder freien Lauf. Sie hatte Angst. »Jedesmal, wenn wir in die Stadt gehen, könnten sie mich sehen.«
    »Da werden wir schon aufpassen«, sagte Kelly.
    »Ich werde nie sicher sein. Niemals.«
    »Na ja, also, es gibt zwei Wege, damit umzugehen. Du kannst einfach immer weiter davonrennen und dich verstecken. Oder du kannst mithelfen, sie aus dem Verkehr zu ziehen.«
    Sie schüttelte energisch den Kopf. »Das Mädchen, das sie ermordet haben. Sie haben Bescheid gewußt. Sie haben gewußt, daß sie zu den Bullen wollte. Deshalb kann ich der Polizei nicht trauen. Außerdem weißt du überhaupt nicht, wie schrecklich diese Leute sind!«
    Kelly merkte, daß Sarah auch noch mit etwas anderem recht behalten hatte. Pam trug jetzt wieder ihr Top, und die Sonne hatte die Narben an ihrem Rücken hervortreten lassen. Es gab Stellen, die die Sonne nicht so gebräunt hatte wie die anderen. Ein Nachhall der Schrammen und blutigen Striemen, die andere ihr aus Vergnügen zugefügt hatten. Es hatte alles mit Pierre Lamarck oder, korrekter, mit Donald Madden angefangen, kleinen, feigen Männern, die ihre Beziehungen zu Frauen mit Gewalt regelten.
    Männer? fragte sich Kelly.
    Nein.
    Kelly sagte ihr, sie solle noch sitzen bleiben, und ging nach hinten in den Werkzeugbunker. Er kam mit acht leeren Mineralwasser- und Bierdosen zurück, die er etwa zehn Meter von ihren Stühlen entfernt auf den Boden stellte.
    »Steck dir die Finger in die Ohren«, befahl er.
    »Warum?«
    »Bitte«, erwiderte er. Nachdem sie gehorcht hatte, wirbelte Kellys rechte Hand durch die Luft und zog einen .45er Colt Automatik unterm Hemd hervor. Er brachte sie mit beiden Händen in Anschlag, schwenkte dann von links nach rechts. Nacheinander fielen zum lauten Knallen des Revolvers die Dosen im Abstand von etwa einer halben Sekunde um oder flogen fast einen halben Meter in die Luft. Bevor noch die letzte nach ihrem kurzen Flug auf dem Boden landen konnte, hatte Kelly auch schon das leere Magazin ausgeworfen und ein neues hinein geschoben, und noch einmal hüpften sieben der Dosen durch die Luft. Er vergewisserte sich, daß die Waffe auch wirklich leer war, schob den Hahn zurück und steckte den Revolver zurück in den Gürtel. Dann setzte er sich wieder neben sie.
    »Es gehört nicht viel dazu, einem jungen Mädchen ohne Freunde Angst einzujagen. Aber um mich einzuschüchtern, braucht es schon ein bißchen mehr. Pam, wenn jemand auch nur daran denkt, dir weh zu tun, dann bekommt er's erst einmal mit mir zu tun.«
    Sie blickte zu den Dosen hinüber, dann zu Kelly, der mit sich und seiner Schießkunst durchaus zufrieden war. Die Vorführung hatte ihm die notwendige Erleichterung verschafft, und in seinem kurzen Anfall von Aktivität hatte er jeder Dose einen Namen oder ein Gesicht zugeschrieben. Aber er konnte sehen, daß sie immer noch nicht überzeugt war. Das würde noch etwas Zeit brauchen.
    »Wie auch immer.« Er setzte sich wieder zu Pam. »Okay, du hast mir deine Geschichte erzählt, richtig?«
    »Ja.«
    »Glaubst du immer noch, daß es mir was ausmacht?«
    »Nein. Du sagst, es ist nicht so. Das werd ich dir wohl glauben müssen.«
    »Pam, nicht alle Männer auf der Welt sind so - eigentlich nicht sehr viele. Du hast Pech gehabt, das ist alles. Mit dir ist nichts verkehrt. Einige Leute werden bei Unfällen

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