01 - Gnadenlos
hatte weiterführen können.
»Das war echt blöd.«
»So kann man es auch sehen«, lenkte Tucker ein. »Aber ich kann meine Pferdchen doch nicht ohne meine Erlaubnis weggehen lassen, oder?«
»Schon mal was von Begraben gehört?«
»Das kann doch jeder.« Der Mann lächelte im Dunkeln, während er auf die Leinwand schaute. Sie befanden sich in der hinteren Reihe eines Kinos in der City, ein Lichtspielhaus für Filme aus den 30er Jahren, das allmählich verkam und deshalb angefangen hatte, schon um 9 Uhr früh Filme zu zeigen, um wenigstens den Maler bezahlen zu können. Es war immer noch ein sehr geeigneter Ort für ein geheimes Treffen mit einem vertraulichen Informanten, wie diese Zusammenkunft im Terminkalender des Polizeibeamten verzeichnet werden würde.
»Und den Kerl nicht ganz umzulegen, war genauso fahrlässig.«
»Wird er uns Schwierigkeiten machen?« fragte Tucker. »Nein. Er hat ja nichts gesehen, oder?«
»Das müssen Sie mir sagen.«
»Ich komme nicht so nah an den Fall ran, schon vergessen?« Der Mann verstummte, mampfte mit einer Handvoll Popcorn seine Unsicherheit weg. »Er ist unserer Abteilung bekannt. Ehemaliger Navy-Angehöriger, Taucher, wohnt irgendwo an der Ostküste, so was wie ein reicher Strandheini, was ich so höre. Die erste Befragung hat überhaupt nichts ergeben. Ryan und Douglas werden jetzt den Fall bearbeiten, aber es sieht nicht danach aus, als hätten sie viel in Händen.« »Das ist so ungefähr das, was sie erzählt hat, als wir mit ihr... ›geredet‹ haben. Er hat sie aufgegabelt, und es sieht so aus, als hätten sie sich prächtig miteinander amüsiert, aber ihr sind die Pillen ausgegangen, hat sie gesagt, und deshalb hat sie sich von ihm in die Stadt bringen lassen, um Nachschub zu besorgen. Also ist doch kein Schaden angerichtet, oder?«
»Möglicherweise nicht, aber wir müssen versuchen, die offenen Fragen in den Griff zu kriegen, okay?«
»Wollen Sie, daß ich ihn im Krankenhaus erledige?« fragte Tucker leichthin. »Das ließe sich einfädeln.«
»Nein! Sie Esel, das wird bisher als Raubüberfall geführt. Wenn noch was passiert, wird die ganze Sache nur weiter aufgeblasen. Und das wollen wir doch nicht, was? Lassen Sie ihn in Ruhe. Er weiß gar nichts.«
»Also stellt er kein Problem dar?« Tucker wollte Klarheit. »Genau. Aber denken Sie doch in Zukunft vielleicht dran,
daß es ohne eine Leiche auch keine Mordermittlungen gibt.« »Ich muß meine Leute im Zaum halten.«
»Also, nach dem, was Sie ihr so alles angetan haben sollen... «
»Nur um sie im Zaum zu halten«, betonte Tucker nochmals. »Exempel statuieren und so. Du brauchst das nur richtig zu machen, und schon bist du deine Probleme für eine Weile los. Sie haben damit nichts zu tun. Warum beschäftigen Sie sich also damit?«
Eine weitere Handvoll Popcorn half dem Beamten, sich der Logik des Augenblicks zu beugen. »Was haben Sie für mich?«
Tucker lächelte im Dunkeln. »Mr. Piaggi macht neuerdings gerne Geschäfte mit mir.«
Ein Knurren im abgedunkelten Kino. »Ich würde ihm nicht trauen.«
»Es wird allmählich kompliziert, nicht wahr?« Tucker verstummte einen Moment. »Aber ich brauche seine Verbindungen. Wir sind dabei, groß rauszukommen.«
»Wann denn?«
»Bald«, sagte Tucker wohlüberlegt, »Ich denke, im nächsten Schritt werden wir Stoff in den Norden pumpen. Tony ist übrigens heute oben, um mit einigen Leuten zu reden.« »Was ist mit jetzt? Ich könnte was Saftiges gebrauchen.« »Drei Kerle mit einer Tonne Gras, reicht das?« fragte Tucker.
»Wissen die von Ihnen?«
»Nein, aber ich weiß von ihnen.« Das wär's eben - seine Organisation hielt dicht. Nur eine Handvoll Leute wußte, wer er war, und die wußten, was geschehen würde, wenn sie leichtsinnig wurden. Wenn man sich Respekt verschaffen wollte, mußte man immer die Trümpfe in der Hand behalten.
»Gehen Sie schonend mit ihm um«, sagte Rosen vor dem Privatzimmer. »Er ist dabei, sich von einer größeren Verletzung zu erholen, und steht immer noch unter verschiedenen Medikamenten. Er ist wirklich noch nicht vollständig vernehmungsfähig.«
»Ich habe auch meinen Beruf zu erfüllen, Doktor.« Den Fall bearbeitete nun ein neuer Beamter, ein Kriminalkommissar namens Tom Douglas. Er war um die Vierzig und sahgenauso müde wie Kelly aus, dachte Rosen, und genausozornig.
»Ich verstehe. Aber er ist schwer verletzt worden, dazu kommt noch der Schock über das, was seiner Freundin
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