01 - Gnadenlos
einer Lüge greifen, leitete sie aber mit einer Wahrheit ein, um es einfacher zu machen. »Im Westen der Stadt ist ein Ganovenduo am Werk. Zwei Schwarze, mittelgroß, eine genauere Beschreibung haben wir nicht. Sie benützen eine abgesägte Schrotflinte. Sie sind darauf spezialisiert, Leute zu überfallen, die sich gerade Drogen besorgen wollen, und sie haben es besonders auf betuchte Kunden abgesehen. Wahrscheinlich werden die meisten ihrer Raubüberfälle gar nicht gemeldet. Sie werden mit zwei Morden in Verbindung gebracht. Das hier könnte der dritte sein.«
»Das ist alles?« fragte Rosen.
»Raub und Mord sind Schwerverbrechen, Doktor.«
»Aber dann wäre es doch purer Zufall!«
»So läßt es sich auch sehen«, stimmte Douglas zu und wandte sich wieder an seinen Zeugen. »Mr. Kelly, Sie müssen etwas mitbekommen haben. Was zum Teufel haben Sie in der Gegend gemacht? Wollte Miss Madden etwas kaufen... «
»Nein!«
»Schauen Sie, es ist vorbei. Sie ist tot. Sie können es mir sagen. Ich muß es wissen.«
»Wie schon gesagt, sie hatte mit diesen Leuten zu tun, und ich - so blöd es klingt, ich weiß nicht das geringste über Drogen.« Aber ich krieg das schon noch raus.
Allein im Bett, allein mit seinen Gedanken, blickte Kelly gelassen zur Decke, sah auf den weißen Putz wie auf eine Filmleinwand.
Erstens irrt sich die Polizei sagte er sich. Er wußte nicht, warum er das annahm, aber es war eben so, und das genügte. Das waren keine Räuber, das waren sie, die Leute, vor denen Pam Angst hatte.
Der Tathergang paßte zu Pams Aussagen. Sie hatten das schon mal gemacht. Er hatte sich von ihnen aufspüren lassen - und das gleich zweimal. Sein Schuldgefühl war immer noch ziemlich gegenwärtig, aber das gehörte schon der Vergangenheit an und war nicht mehr zu ändern. Was er auch falsch gemacht hatte, es war geschehen. Aber diejenigen, die Pam das angetan hatten, liefen noch frei herum, und wenn sie es schon zweimal gemacht hatten, würden sie es weiter tun. Aber das war es gar nicht, was seinen Geist hinter der ausdruckslos starrenden Maske beschäftigte.
Okay, dachte er. Okay. Mit jemandem wie mir haben sie bisher noch nicht zu tun bekommen.
Ich muß mich wieder in Form bringen, sagte sich Chief Bosun's Mate John Terence Kelly.
Seine gravierenden Verletzungen würde er überleben. Er kannte sich mit den einzelnen Schritten genau aus. Die Genesung würde schmerzhaft werden, aber er würde sich ganz nach ihren Anweisungen richten, sogar ein wenig übertreiben, gerade so, daß sie stolz auf ihren Patienten waren. Dann würde der wirklich harte Teil beginnen. Das Laufen, das Schwimmen, das Gewichtheben. Schließlich die Waffenübungen. Dann die geistige Vorbereitung - aber die war ja schon im Gange...
Oh, nein. Selbst in ihren wildesten Alpträumen sind sie noch keinem wie mir begegnet.
Der Name, den sie ihm in Vietnam verpaßt hatten, tauchte wieder aus der Vergangenheit auf.
Schlange.
Kelly drückte auf den Rufknopf neben seinem Kopfkissen. Schwester O'Toole erschien innerhalb von zwei Minuten.
»Ich habe Hunger«, teilte er ihr mit.
»Hoffentlich muß ich so was nicht noch einmal machen«, sagte Douglas nicht zum erstenmal zu seinem Assistenten. »Wie ist es gelaufen?«
»Na ja, der Professor könnte eine förmliche Beschwerde einreichen. Ich denke aber, ich habe ihn einigermaßen beruhigt, aber bei solchen Leuten kann man nie wissen.«
»Weiß Kelly irgend etwas?«
»Nichts Brauchbares«, erwiderte Douglas. »Er ist noch zu durcheinander von den Schüssen und allem, um sich klar auszudrücken, aber er hat keine Gesichter gesehen, hat - verdammt, wenn er was gesehen hätte, hätte er wahrscheinlich was unternommen. Ich habe ihm sogar das Foto gezeigt, um ihn vielleicht etwas aufzurütteln. Ich hab gedacht, der arme Kerl kriegt gleich einen Herzanfall. Der Doktor ist in die Luft gegangen. Ich bin nicht besonders stolz darauf, Em. Niemand sollte so etwas zu Gesicht bekommen.«
»Uns eingeschlossen, Tom, uns eingeschlossen.« Lieutenant Emmet Ryan sah von einer reichhaltigen Sammlung von Fotos auf, die zum Teil am Schauplatz, zum Teil im Leichenschauhaus aufgenommen worden waren. Was er da sah, verursachte ihm trotz all seiner Dienstjahre Übelkeit, besonders, da es kein Verbrechen aus Leidenschaft oder von einem Verrückten war. Nein, diese Tat war von kalt und überlegt handelnden Männern verübt worden, zu einem ganz bestimmten Zweck. »Ich habe mit Frank gesprochen. Dieser Kelly ist ein guter
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