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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Jacketkrone am vorderen Schneidezahn.
    Während er mit einem angeknabberten Bleistift spielte, fiel sein Blick auf das schmallippige Gesicht seiner Frau, das ihn von einer Fotografie auf dem Schreibtisch ansah.
    Er streckte den Arm aus und stieß es mit dem Bleistift um.
    »Ich bin überzeugt, wir können zu einer Einigung kommen«, sagte Houseman ins Telefon. »Lassen Sie mich überlegen. - Miss Doalson?« Angemessene Pause. »Habe ich heute Zeit, um - Sagen Sie das ab. Das kann warten bis nach der Zusammenkunft mit -« Wieder ins Telefon: »Wie war doch gleich Ihr Name?«
    »Eine Zusammenkunft wird nicht stattfinden«, erklärte Lynley geduldig. »Sie geben mir die Adresse in York, und damit ist unsere Beziehung beendet.«
    »Oh, ich weiß nicht, wie ich -«
    »Aber natürlich wissen Sie das.« Lynleys Stimme war immer noch ruhig. »Denn Sie haben, wie Sie bereits sagten, Ihr Honorar noch nicht bekommen. Damit Sie es überhaupt bekommen, wenn einmal der Nachlaß geregelt ist - was im übrigen Jahre dauern kann, wenn wir diese Geschichte nicht klären können -, müssen Sie mir Tessa Teys' Adresse geben.«
    Kurze Pause der Überlegung. »Was sagten Sie, Miss Doalson?« fragte der Kerl, der einen wahrhaftig wahnsinnig machen konnte, in zuckersüßem Ton. »Am anderen Apparat? Na, dann sagen Sie ihm doch, er soll später noch mal anrufen.« Tiefes Seufzen. »Ich sehe schon, Inspector, mit Ihnen ist das nicht so einfach. Aber wir müssen alle irgendwie unseren Lebensunterhalt verdienen, wissen Sie.«
    »Gewiß, das weiß ich«, erwiderte Lynley kurz. »Die Adresse?«
    »Ich muß sie nur erst heraussuchen. Kann ich Sie in - sagen wir, in einer Stunde zurückrufen?«
    »Nein.«
    »Guter Gott, Mann -«
    »Ich komme nach Richmond.«
    »Nein, nein, das ist nicht nötig. Wenn Sie nur einen Moment Geduld haben.« Houseman lehnte sich in seinem Sessel zurück und betrachtete eine Minute lang den grauen Himmel. Er langte zum Aktenschrank hinüber und machte der akustischen Wirkung halber ein paar Schubladen auf und zu. »Was ist denn jetzt schon wieder, Miss Doalson?« rief er. »Nein, nein, sagen Sie ihr, ich melde mich morgen. Ich kann's auch nicht ändern, wenn sie heult wie ein Schloßhund, Kleines, ich hab' jetzt keine Zeit für sie.« Er nahm den Zettel, der auf seinem Schreibtisch lag. »Ah, hier haben wir sie schon, Inspector.« Damit gab er Lynley die Adresse an. »Aber erwarten Sie nicht, mit offenen Armen aufgenommen zu werden.«
    »Es ist mir ziemlich gleichgültig, wie ich aufgenommen werde, Mister Houseman. Auf -«
    »Oh, aber ganz so gleichgültig sollte es Ihnen nicht sein, Inspector. Ganz so gleichgültig nicht. Ehemann Nummer zwei flippte aus, als er es erfuhr. Ich dachte, er würde mich auf der Stelle erwürgen. Also seien Sie vorsichtig. Weiß der Himmel, wie er reagiert, wenn plötzlich Scotland Yard vor der Tür steht. Er ist so ein Gelehrtentyp, gesetzte Sprache und dicke Brille. Aber ein tiefes Wasser, Inspector, das kann ich Ihnen sagen. Gefährlich!«
    Lynley kniff die Augen zusammen. Er sah den Köder und wäre gern daran vorbeigeschwommen. Aber das ging nicht. Er seufzte resigniert.
    »Wovon erfuhr der Mann denn?«
    »Von Ehemann Nummer eins natürlich.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Daß Tessa Teys Bigamistin ist, guter Mann«, versetzte Houseman mit Befriedigung. »Verheiratete sich mit Nummer zwei, ohne von dem guten William geschieden zu sein. Können Sie sich ihre Überraschung vorstellen, als ich plötzlich vor ihr stand?«

    Das Haus entsprach überhaupt nicht seinen Erwartungen. Frauen, die Mann und Kinder verlassen, haben gefälligst in finsteren Mietskasernen zu landen, wo es nach Knoblauch und Urin stinkt. Sie sollen täglich zum Gin greifen müssen, um ihre Gewissensqualen zu betäuben. Sie sollen bleich und ausgemergelt sein, ihre Schönheit zerstört von den Peinigungen der Scham. Und wie war das mit Tessa Teys Mowrey?
    Lynley hatte den Bentley vor dem Haus geparkt, und sie musterten es schweigend, bis Barbara schließlich sagte: »Verschlechtert hat sie sich nicht gerade, oder?«
    Sie hatten es ohne Schwierigkeiten gefunden, in einem neuen, gutbürgerlichen Wohnviertel, nicht allzu weit von der Stadtmitte entfernt, eine dieser Gegenden, wo die Häuser nicht nur Nummern haben, sondern auch brave kleine Namen. Das Haus der Mowreys hieß ›Jorvik View‹. Es war die in Beton gegossene Erfüllung jedes Mittelstandstraumes: eine Backsteinfassade versteckte die vorgegossenen

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