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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dem seinen an. »Ich habe so viel von dem Baby in der alten Abtei gehört, daß ich mir sein Grab einmal ansehen wollte.«
    »›... wie Flamm und Rauch‹«, las er. »Seltsamer Grabspruch für ein Kind.«
    »Ich habe eine Vorliebe für Shakespeare«, sagte hinter ihnen jemand mit dünner Stimme.
    Sie drehten sich um. Pater Hart, in Soutane und Chorhemd, stand auf dem Kiesweg ein paar Schritte entfernt, die Hände auf dem Bauch gefaltet. Er hatte sich lautlos genähert, wie ein Geist aus dem Nebel.
    »Wenn ich entscheiden kann, bin ich bei Grabsprüchen immer für Shakespeare. Zeitlos. Poetisch. Er gibt Leben und Tod Bedeutung.«
    Er klopfte auf die Taschen seiner Soutane und zog eine Packung Player's heraus, zündete sich eine Zigarette an und drückte das Streichholz zwischen den Fingerspitzen aus, ehe er es einsteckte. Es war eine traumwandlerisch wirkende Folge von Bewegungen, so als wäre er sich ihrer gar nicht bewußt.
    Lynley sah die gelbliche Blässe seiner Haut und die wäßrigen alten Augen.
    »Das ist Mrs. St. James, Pater Hart«, sagte er freundlich. »Sie hat gerade Ihr berühmtestes Grab fotografiert.«
    Pater Hart schien aus seinem Traumzustand zu erwachen.
    »Mein berühmtestes Grab?« Verwundert blickte er einen Moment auf, dann senkte er den Blick zu dem Grab zu ihren Füßen, und sein Gesicht umwölkte sich. »Ach so, ja.« Er runzelte die Stirn. »Ich habe mir jahrelang den Kopf darüber zerbrochen, wer einem Säugling antun konnte, ihn nackt in der Kälte dem Tod auszusetzen. Ich brauchte erst eine Sondergenehmigung, ehe ich das arme Seelchen hier begraben durfte.«
    »Eine Sondergenehmigung?«
    »Ja, die Kleine war nicht getauft. Aber ich nenne sie Marina.« Er zwinkerte mehrmals rasch und ging zu anderem über. »Aber wenn Sie berühmte Gräber sehen wollen, Mrs. St. James, dann müssen Sie sich die Krypta ansehen.«
    »Klingt wie aus Edgar Allan Poe«, bemerkte Lynley.
    »Keineswegs. Es ist ein heiliger Ort.«
    Pater Hart ließ seine Zigarette auf den Weg fallen und trat sie aus. Er bückte sich unbefangen nach dem Stummel, steckte ihn ein und setzte sich in Richtung zur Kirche in Bewegung. Lynley nahm Deborahs Fotoausrüstung, und sie folgten ihm.
    »Es ist die Grabstätte des heiligen Cedd«, erklärte Pater Hart. »Bitte, kommen Sie. Ich wollte mich gerade für die Morgenmesse vorbereiten, aber vorher zeige ich es Ihnen noch.« Er sperrte das Portal der Kirche mit einem großen Schlüssel auf und winkte sie ins Innere. »Die Morgenmesse wird wochentags kaum noch besucht. William Teys war der einzige, der täglich kam. Jetzt, wo er tot ist - nun, da stehe ich während der Woche oft in einer leeren Kirche.«
    »Er war ein naher Freund von Ihnen, nicht wahr?« fragte Lynley.
    Die Hand des Priesters zitterte am Lichtschalter.
    »Er war - wie ein Sohn.«
    »Hat er mit Ihnen einmal über seine Schlafstörungen gesprochen? Hat er Ihnen erzählt, daß er Tabletten nehmen mußte?«
    Wieder zitterte die alte Hand. Pater Hart zögerte. Die Pause ist zu lang, dachte Lynley und stellte sich ein wenig anders im dämmrigen Licht, um das Gesicht des alten Mannes deutlicher sehen zu können. Sein Blick war auf den Lichtschalter gerichtet, seine Lippen bewegten sich, als betete er. Seine Hände zitterten stark.
    »Ist irgend etwas mit Ihnen, Pater Hart?«
    »Nein, nein, ich - es geht mir gut. Nur manchmal - die Erinnerungen, wissen Sie.« Der Priester gab sich einen sichtlichen Ruck, um sich zusammenzunehmen. »William war ein guter Mensch, Inspector, aber ein Mensch, der um seine innere Ruhe kämpfen mußte. Ein geplagter Mensch. Er - er hat mir nie davon erzählt, daß er Schlafstörungen hatte, aber es überrascht mich nicht, das zu hören.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil er im Gegensatz zu vielen anderen geplagten Menschen, die ihre Leiden im Alkohol ertränken oder ihnen auf andere Weise entfliehen, seinen Schwierigkeiten ins Auge sah und sich bemühte, so gut wie möglich mit ihnen fertig zu werden. Er war stark und anständig, aber die Last, die er zu tragen hatte, war schwer.«
    »Sie sprechen von Tessa und Gillian, die ihn beide verlassen hatten, nicht?«
    Bei der Nennung des zweiten Namens verschloß sich das alte Gesicht. Der Priester schluckte krampfhaft.
    »Tessa hat ihm weh getan. Aber Gillian hat ihn vernichtet. Er wurde nie wieder der alte, nachdem sie fortgegangen war.«
    »Was war sie für ein Mensch?«
    »Sie - sie war ein Engel, Inspector. Ein Sonnenschein.« Mit zitternder Hand drückte

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