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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Flügeln zu schlagen.
    »Okay, Dougal, jetzt geht's los.« Bridie hob den Vogel liebevoll von der Treppe und setzte ihn auf den feuchten Boden. Wohlwollend sah sie zu, wie Dougal sich aufsein Futter stürzte. »Das Frühstück mag er am liebsten«, sagte sie zu Lynley, während sie ihren gewohnten Platz auf der obersten Stufe einnahm. Sie stützte das Kinn auf die hochgezogenen Knie und sah ihre Ente hingebungsvoll an.
    Lynley setzte sich zu ihr.
    »Du hast die Haare jetzt aber sehr hübsch«, bemerkte er. »Hat Sinji das gemacht?«
    Sie schüttelte den Kopf, ohne den Blick von der Ente zu wenden.
    »Nein. Tante Stepha.«
    »Ach was? Das hat sie wirklich gut gemacht.«
    »Ja, solche Sachen kann sie«, bestätigte Bridie in einem Ton, der andeutete, daß es andere Dinge gab, von denen Tante Stepha keine Ahnung hatte. »Aber jetzt muß ich in die Schule. Gestern hat Mama mich nicht geschickt. Sie sagte, es wäre viel zu demütigend.« Bridie warf geringschätzig den Kopf. »Dabei sind es doch meine Haare und nicht ihre«, fügte sie hinzu.
    »Na ja, Mütter nehmen manches ein bißchen persönlich. Ist dir das noch nicht aufgefallen?«
    »Sie hätte es doch so nehmen können wie Tante Stepha. Die hat nur gelacht, als sie mich sah.« Sie sprang von der Treppe und füllte eine flache Schale mit Wasser. »Hier, Dougal«, rief sie.
    Die Ente, die mit Andacht fraß, ignorierte sie. Es hätte ihr ja jemand das Futter rauben können, wenn sie es nicht schleunigst fraß. Dougal war eine vorsichtige Ente. Das Wasser konnte warten. Nur kein Risiko eingehen.
    Bridie setzte sich wieder zu Lynley. In freundschaftlichem Schweigen sahen sie der Ente beim Fressen zu. Dann seufzte Bridie. Sie musterte ihre abgestoßenen Schuhspitzen und versuchte erfolglos, sie mit Spucke zum Glänzen zu bringen.
    »Ich weiß überhaupt nicht, warum ich in die Schule muß. William ist auch nie gegangen.«
    »Nie?«
    »Na ja - nur bis er zwölf war. Wenn Mama William geheiratet hätte, hätte ich nicht in die Schule zu gehen brauchen. Bobba ist auch nicht gegangen.«
    »Überhaupt nicht?«
    Bridie berichtigte sich. »Als sie sechzehn war, brauchte sie nicht mehr zu gehen. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich das so lang aushalten soll. Aber Mama zwingt mich. Sie will, daß ich auf die Universität geh', aber dazu hab' ich gar keine Lust.«
    »Was würdest du denn lieber tun?«
    »Für Dougal sorgen.«
    »Aha. Ja, weißt du, Bridie, auch die gesündesten Enten leben nicht ewig. Es ist immer gut, wenn man noch einen Rückhalt hat.«
    »Ich kann Tante Stepha helfen.«
    »Im Gasthof?«
    Sie nickte. Dougal hatte sein Frühstück verschlungen und tauchte jetzt seinen Schnabel in die Wasserschale.
    »Aber wenn ich das zu Mama sage, nützt es gar nichts. ›Ich will nicht, daß du dein Leben lang in einer Gaststube stehst.‹« Sie imitierte die etwas klagende Stimme ihrer Mutter ungemein treffend. »Wenn Mama und William geheiratet hätten, wär' alles ganz anders. Dann könnte ich aus der Schule raus und zu Hause lernen. William war unheimlich gescheit. Er hätte mir Unterricht geben können. Und er hätt's auch getan. Das weiß ich.«
    »Woher weißt du das?«
    »Weil er mir und Dougal immer vorgelesen hat.« Die Ente watschelte schlingernd zu ihnen, als sie ihren Namen hörte. »Aber fast immer nur aus der Bibel.« Bridie putzte einen Schuh an ihrer Socke ab. »Ich mag die Bibel nicht besonders. Das Alte Testament schon gar nicht. William sagte immer, das wäre, weil ich die Geschichten nicht verstehe. Er sagte zu Mama, ich brauchte Religionsunterricht. Er war echt nett und hat mir die Geschichten erklärt, aber ich habe sie trotzdem nicht richtig kapiert. Hauptsächlich weil da keiner eine Strafe kriegte, wenn er gelogen hatte.«
    »Wie meinst du das?« Lynley suchte in seinem beschränkten Vorrat an Bibelkenntnissen erfolglos nach ungestraften biblischen Lügnern.
    »Na ja, da haben sich die Leute doch dauernd gegenseitig angelogen. Jedenfalls steht es so in den Geschichten. Und keinem ist gesagt worden, daß das unrecht war.«
    »Ah ja. Das Lügen.« Lynley beobachtete die Ente, die mit routiniertem Schnabel seine Schnürsenkel untersuchte. »Weißt du, die Geschichten in der Bibel sind alle ein bißchen symbolisch«, erklärte er obenhin. »Was habt ihr denn noch gelesen?«
    »Nichts. Nur die Bibel. Ich glaube, William und Bobba haben auch nie was anderes gelesen. Ich wollte ja gern, daß es mir gefallt, aber es hat mir nicht gefallen. Das hab' ich

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