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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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William nicht gesagt, weil er ja nett zu mir sein wollte, und ich wollte nicht böse sein. Ich glaube, er wollte mich kennenlernen«, fügte sie altklug hinzu. »Weil ich ja immer dagewesen wäre, wenn er Mama geheiratet hätte.«
    »Wolltest du, daß er deine Mutter heiratet?«
    Sie hob den Vogel hoch und setzte ihn zwischen sich und Lynley auf die Stufe. Mit einem gleichgültigen Blick zu Lynley machte sich Dougal daran, sein glänzendes Gefieder zu putzen.
    »Papa hat mir oft vorgelesen«, sagte Bridie statt einer Antwort. Ihre Stimme war leiser nun und ihre Konzentration ausschließlich auf ihre Schuhspitzen gerichtet. »Aber dann ist er fortgegangen.«
    »Fortgegangen?« Lynley fragte sich, ob das eine beschönigende Umschreibung für seinen Tod war.
    »Eines Tages ist er fortgegangen.« Bridie legte ihre Wange auf ihr Knie, zog die Ente dicht neben sich und starrte zum Fluß hinunter. »Er hat nicht mal auf Wiedersehen gesagt.« Sie drehte den Kopf und küßte den glatten Kopf der Ente. Die knabberte dafür kurz an ihrer Wange. »Ich hätte auf Wiedersehen gesagt«, flüsterte sie.

    »Würden Sie das Wort ›Engel‹ oder ›Sonnenschein‹ gebrauchen, um jemanden zu charakterisieren, der getrunken, geflucht und den Männern die Köpfe verdreht hat?« fragte Lynley.
    Barbara sah von ihrem Frühstücksei auf, rührte Zucker in ihren Kaffee und überlegte.
    »Das käme darauf an, wie man ›Regen‹ definiert, nicht?«
    Er lächelte. »Vermutlich.«
    Er schob seinen Teller weg und betrachtete Barbara sinnend. Sie sah an diesem Morgen gar nicht übel aus: auf ihren Augenlidern lag ein Hauch Farbe, ebenso auf Wangen und Lippen, und ihre Haare lockten sich merklich. Selbst ihre Kleidung hatte sich entschieden gebessert; sie trug einen braunen Tweedrock mit passendem Pullover, der, wenn auch nicht ideal, so doch wesentlich besser zu ihrem Teint paßte als das schlimme blaue Kostüm.
    »Warum die Frage?« wollte sie wissen.
    »Stepha schilderte Gillian als wildes Gör, das trank.«
    »Und den Männern die Köpfe verdrehte.«
    »Ja. Und Pater Hart sagte, sie sei ein echter Sonnenschein gewesen.«
    »Das ist wirklich sonderbar.«
    »Er sagte, Teys wäre vernichtet gewesen, als sie durchbrannte.«
    Barbara zog die Augenbrauen zusammen und schenkte Lynley eine frische Tasse Kaffee ein, ohne zu merken, was diese Geste für ihre Beziehung bedeutete.
    »Na ja, das erklärt immerhin, wieso alle Fotos von ihr verschwunden sind, nicht? Er widmete sein Leben seinen Kindern, und was war der Lohn? Daß Gillian auf und davon ging.«
    Bei den letzten Worten fiel Lynley etwas ein. Er kramte in der Akte, die zwischen ihnen auf dem Tisch lag, und zog die Fotografie von Russell Mowrey heraus, die Tessa ihnen gegeben hatte.
    »Zeigen Sie das Foto heute mal den Leuten im Dorf«, sagte er.
    Barbara nahm die Aufnahme, doch ihr Gesicht zeigte Verwunderung.
    »Sie sagten doch, er wäre in London.«
    »Jetzt, ja. Nicht unbedingt vor drei Wochen. Wenn Mowrey damals hier war, muß er jemanden nach dem Weg zum Hof gefragt haben. Irgend jemand muß ihn gesehen haben. Konzentrieren Sie sich auf die High Street und die Gäste der Wirtshäuser. Sie könnten vielleicht auch in Keldale Hall nachfragen. Wenn niemand ihn gesehen hat -«
    »- sind wir wieder bei Tessa«, sagte sie.
    »Oder einer anderen Person, die ein Motiv hatte. Es scheint da mehrere zu geben.«

    Madeline Gibson öffnete auf Lynleys Klopfen. Er hatte sich zwischen zwei streitenden Kindern hindurchmanövriert, war über ein kaputtes Dreirad und eine kaputte Puppe, die keine Arme mehr hatte, hinweggestiegen und hatte auf der Treppe einen Teller mit Spiegeleiern weggeschoben. Sie übersah das alles mit gleichgültigem Blick und zog den smaragdgrünen Morgenrock über den üppigen Brüsten zusammen. Sie trug nichts darunter und machte auch kein Hehl daraus, daß er zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt hätte kommen können.
    »Dick«, rief sie, den verschleierten Blick auf Lynley gerichtet, »du kannst die Hose wieder zumachen. Es ist Scotland Yard.« Sie verzog den Mund zu einem trägen Lächeln und öffnete die Tür weiter. »Kommen Sie rein, Inspector.«
    Sie ließ ihn in dem winzigen Vestibül zwischen Spielsachen und schmutzigen Kleidern stehen und schlenderte zur Treppe.
    »Dick!« rief sie wieder.
    Die Arme über der Brust gefaltet, drehte sie sich um und hielt den Blick auf Lynley gerichtet. Ein Lächeln spielte auf ihren Zügen. Ein wohlgeformtes Knie und ein straffer Schenkel

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