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01 - komplett

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Titel: 01 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 4 Romane
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mich vernünftig mit dir zu unterhalten“, erklärte er in einem Anflug von Hellsichtigkeit. „Doch eines sollst du wissen: Ich will dich nicht lieben, und doch liebe ich dich über alles. Um von dieser Liebe frei zu sein, würde ich meine Seele dem Teufel verkaufen. Ich bin zerrissen. Einmal möchte ich dir die Sterne vom Himmel holen und dir jeden Wunsch von den Augen ablesen. Dann wieder weiß ich kaum, wie ich diese Liebe ertragen soll. Ich habe mich noch nie vor etwas so sehr gefürchtet wie davor, Verantwortung für dich zu übernehmen.“
    „Unsinn“, gab Clara in leicht ungeduldigem Ton zurück. „Es ist doch ganz einfach: Ich passe auf Sie auf, und Sie passen auf mich auf. Wir kümmern uns umeinander. Das macht man, wenn man sich liebt.“ Mit einem Lächeln legte sie ihm die Hand flach auf die Brust und gab ihm einen kleinen Stoß. „Jetzt sollten Sie schlafen.“
    Er hätte sie gern davon überzeugt, dass es ganz und gar nicht einfach war. Aber er war zu erschöpft, zu betrunken und zu müde. Also schloss er gehorsam die Augen.
    Sekunden später war er eingeschlafen.

    Als Sebastian erwachte, erfüllte jenes weiße Licht sein Schlafzimmer, das so typisch ist für Wintertage, an denen frischer Schnee fällt. Einen kurzen, glücklichen Moment lang erinnerte er sich an gar nichts. Gleich darauf legte er laut aufstöhnend den Unterarm über die Augen.
    „Ich habe Ihnen einen Kräutertrank zubereitet ...“, sagte eine Frauenstimme.
    Clara!
    „... der sehr zuverlässig gegen Kopfschmerzen hilft. Ich dachte, Sie könnten heute so etwas gebrauchen.“
    Er ließ den Arm zur Seite sinken und öffnete die Augen. Eigentlich, dachte er, hätte mir klar sein müssen, dass Clara noch hier ist. Zweifellos hatte sie die ganze Nacht an seinem Bett gesessen und über ihn gewacht. Die Vorstellung erzürnte und rührte ihn gleichermaßen. Irgendwie war er Clara dankbar für ihre Fürsorglichkeit – auch wenn diese gänzlich unerwünscht war. Langsam wandte er den schmerzenden Kopf, bis er sie deutlich sehen konnte. Sie sah so frisch aus, als habe sie sich gerade mithilfe ihrer Zofe für einen Ball zurechtgemacht. Ihr Kleid wies keinerlei Knitterfalten auf, und ihre Augen strahlten. Während er sie betrachtete, spürte er, wie Hoffnungslosigkeit sich in ihm ausbreitete.
    Er setzte sich auf, ohne sich anmerken zu lassen, wie schwer ihm das fiel. „Wie nett, dass Sie sich um mich sorgen“, sagte er und nahm die Tasse entgegen. „Ich war betrunken, das stimmt. Allerdings vertrage ich ziemlich viel. Ich hätte auch ohne dieses Gebräu ...“, er schnupperte an der bitter riechenden gelblichen Flüssigkeit, „...
    überlebt.“
    „Sie haben mir in der letzten Nacht mehrfach Ihre Liebe gestanden“, informierte Clara ihn. „Erinnern Sie sich daran?“
    Er sah ihr kurz in die Augen und senkte dann den Blick. Für Lügen war es jetzt zu spät. „Ich erinnere mich“, meinte er. „Ach, Clara, mein Liebling, natürlich erinnere ich mich!“
    Sie griff nach seiner Hand. „Ich begreife nicht, warum Sie so ängstlich dreinschauen.
    Liebe ist keine Krankheit. Sie wird weder Sie noch mich umbringen.“
    Für ihn – das wurde ihm jetzt bewusst – fühlte es sich jedoch genau so an, als habe er sich eine unbekannte gefährliche Krankheit zugezogen. Er wusste so wenig über die Liebe. Seit Jahren war er vor ihr davongelaufen. Und nun, da er nicht länger fliehen konnte, fühlte er sich hilflos. Wie sollte er mit seinen Gefühlen umgehen?
    Durfte er es wagen, Clara gegenüber offen zu sein? Das Bedürfnis, ihr alles anzuvertrauen, was ihn ängstigte und bedrückte, war plötzlich sehr groß.
    Mit bebender Stimme fing er an zu sprechen. „Gestern, als ich sah, wie das Eis unter dir brach, hatte ich schreckliche Angst. Ich dachte, ich würde dich verlieren. Die Situation erinnerte mich an den Tag, an dem Oliver starb. Plötzlich hatte ich jene lang vergessenen furchtbaren Bilder wieder ganz deutlich vor Augen. Ich fühlte mich hilflos. Ich ...“ Er konnte nicht weiterreden. Stets hatte er geglaubt, etwas Schlimmeres als Olivers Tod könne es für ihn nicht geben. Doch Clara zu verlieren wäre hundert Mal schlimmer gewesen.

    „Oliver war dein kleiner Bruder.“
    „Ja, er war vier Jahre jünger als ich. Es war meine Aufgabe, ihn zu beschützen. Ich habe versagt.“ Er wunderte sich darüber, wie leicht ihm dieses Geständnis fiel. So lange hatte er Olivers Namen nie erwähnt, hatte sogar versucht, den Bruder aus seinem

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