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01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis

01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis

Titel: 01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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nach Chemikalien. »Bitte nicht die Bilder berühren, sie sind noch feucht«, warnte sie ihn. »Eine Sache ist da nämlich ... merkwürdig. Ich sage erst mal nichts, mal sehen, ob es Ihnen auch auffällt.«
    Er begutachtete die Photographien. Kein Wunder, daß eine wohlerzogene junge Dame es einfach scheußlich gefunden hatte, sie aufzunehmen. Das einzige, was ihm an ihnen als merkwürdig auffiel, war jedoch die Tatsache, daß sie ausgezeichnet waren. Er hatte Amateurbilder erwartet, aus sicherer Entfernung aufgenommen, doch diese hier hätte auch ein Polizeiphotograph kaum besser hinbekommen.
    »Die Bilder sind sehr gut«, sagte er anerkennend. »Durchaus professionell.«
    »Sie brauchen gar nicht so erstaunt zu tun! Ich habe fast ein Jahr lang für eine Freundin in deren Studio gearbeitet. Und ich bin schließlich als professionelle Photographin hergekommen.«
    Er starrte sie an. »Ich dachte, Sie wären hier Gast.«
    »Na ja, nicht ganz. Wissen Sie, ich schreibe einen Artikel für Town and Country über Wentwater, und Carswell, der Photograph, der die Bilder machen sollte, ist krank geworden.« Sie wurde bis an den Haaransatz rot und fuhr dann trotzig fort: »Das heißt - ich sollte wohl der Polizei lieber die Wahrheit sagen Eigentlich existiert er überhaupt nicht. Mein Redakteur glaubt nicht, daß Frauen gut photographieren können. Also hab ich Carswell erfunden, damit ich diesen Auftrag auch wirklich kriege.«
    Alec prustete vor Lachen laut los. »Gut getrickst! Also sind Sie nicht nur eine höhere Tochter, sondern obendrein eine berufstätige Frau?«
    »Ja. Versprechen Sie auch, die Sache mit Carswell nicht weiterzuerzählen?«
    »Versprochen, es sei denn, daß er aus irgendeinem Grund in dieser Untersuchung eine Rolle spielt, was aber wenig wahrscheinlich ist.« Er hoffte immer noch, daß eine Untersuchung sich als unnötig erweisen würde. Allerdings - hatte er die Hirngespinste eines gelangweilten Gesellschaftsmädels noch mit Leichtigkeit abtun können, verdienten es die Zweifel einer praktisch veranlagten Frau durchaus, ernstgenommen zu werden. »Könnten Sie mir zeigen, was Ihren Verdacht erregt hat?«
    »Hier, und hier.« Sie wies auf einige Photographien des Loches im Eis.
    »Diese Stellen da?« Er nahm die Lupe, die sie ihm hinhielt.
    »Unten am See habe ich sie eigentlich gar nicht bemerkt. Ich habe einfach angenommen, daß sie von den Kufen der Schlittschuhe stammten. Aber sehen Sie, wie kurz und wie tief die sind? Diese Kerben überall am Rand? Durch die Sonne werfen sie Schatten, da sieht man sie besser. Ich fürchte fast, daß das ... daß diese Kerben mit einer Axt ins Eis geschlagen worden sind.«
    »Könnte sein.« Er runzelte die Stirn. »Wollen Sie damit andeuten, daß jemand das Eis absichtlich hat schwächen wollen?«
    Sie schauderte. »Ich will gar nichts andeuten.«
    »Ich geh lieber noch mal runter zum See und schau mir das an«, sagte Alec seufzend. »Würden Sie wohl mitkommen? Vielleicht könnten Sie Ihren Photoapparat mitnehmen und noch ein paar Aufnahmen von dem Loch machen.«
    Sie zogen sich Mäntel, Hüte, Handschuhe und Schals an und gingen gemeinsam den Pfad entlang. Dunkel glänzte das Wasser in der Sonne, das einem Menschen das Leben genommen hatte. Vorsichtig ging Alec auf die Stelle zu. Ihm fiel auf, daß das Eis von Schlittschuhen aufgerauht war. Miss Dalrymple folgte ihm.
    »Bleiben Sie am Ufer«, sagte er. »Lassen Sie mich erst mal das Eis prüfen.«
    »Ich denke, es ist fest genug. Was für meine These spricht ... Und würde man sonst nicht eigentlich erwarten, daß sich von dem Loch Risse ausbreiten?«
    »Hmmm.« Er wollte sich nicht festlegen, doch fühlte sich das Eis unter seinen Füßen tatsächlich vollkommen sicher an. Er nahm ein Maßband und ließ sich auf Hände und Knie nieder.
    Ganz anders als die langen Einschnitte der Kufen traten die Kerben am Rand des Loches in merkwürdig regelmäßigen Abständen auf, einmal ganz herum. Ernst bestätigte er ihre Vermutung: »Das sieht sehr nach Axthieben aus. Aber es wirkt eher so, als hätte jemand richtig ein Loch hineingehauen, statt das Eis nur zu schwächen. Es sind zum Beispiel nicht annähernd genug Stücke Eis im Wasser, um das Loch wieder zu schließen. Als wäre ein großes Stück in der Mitte entfernt oder unter die Kante geschoben worden.«
    »Um Zeit zu sparen? Anstatt es in Stücke zu schlagen, damit es so aussieht, als wäre er durchgebrochen? Ja, es schwimmt wirklich viel zu wenig Eis

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