Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
Vom Netzwerk:
- aber gab es auf einem großen Ball
überhaupt dunkle Ecken, in die man sich zurückziehen konnte? Sie hoffte,
Elizabeth möge sie nicht dazu zwingen, mit weiteren Männern zu tanzen. Sie
hoffte, niemand möge wissen, wer sie war. Sie war sich natürlich sehr wohl der
Tatsache bewusst, dass einige der heutigen Gäste bei der Trauung, die sie
unterbrochen hatte, in der Kirche von Newbury gewesen waren. Aber sie glaubte
nicht, dass jemand sie wiedererkennen würde. Wie auch? Sie sah gewiss völlig
anders aus. Sie hoffte inständig, niemand möge sie wiedererkennen. Sicherlich
würde sie mit Schimpf und Schande hinausgeworfen werden, wenn jemand
entdeckte, wer sie war -oder wichtiger noch, wer sie nicht war. Sie war
keine Dame.
    Der
Herzog von Portfrey sah sie unentwegt an, wie sie feststellte, als sie
verstohlen zu ihm schaute. Er verursachte ihr immer ein Gefühl der
Atemlosigkeit - nicht von der Art, wie es bei Neville geschah, und es
hatte auch nicht unbedingt mit Angst zu tun. Sie konnte das Gefühl nicht beschreiben,
außer dass sie sich dabei sehr unbehaglich fühlte.
    »Es
ist in der Tat bemerkenswert«, murmelte er.
    »Nicht
wahr?«, sagte Elizabeth gut gelaunt. »Aschenputtel wie es leibt und lebt,
findest du nicht auch, Lyndon? Aber nicht gekünstelt, das musst du zugeben. Da
war eine Menge Schönheit und natürlicher Anmut und Feinheit, auf die wir
aufbauen konnten. Wir haben keine neue Lily geschaffen. Wir haben nur die alte
aufpoliert und sie zu dem gemacht, wofür sie immer schon bestimmt war.«
    »Ich
weiß nicht recht.« Seine Gnaden hob die Augenbrauen und seine Augen hafteten
weiterhin auf Lily. Er sprach leise und hinterließ bei Lily den unangenehmen
Eindruck, dass Elizabeth seine vorherige Bemerkung womöglich missverstanden
hatte.
    Aber
für dieses besondere Unbehagen blieb jetzt keine Zeit. Die Kutsche verlangsamte
ihre Fahrt und hielt an. Sie standen hinter einer Reihe von Kutschen, wie Lily
erkannte, als sie aus dem Fenster spähte. Vor ihnen drang viel Licht aus den
geöffneten Türen eines hell erleuchteten Herrenhauses. Ein roter Teppich erstreckte
sich von den Türen über die Treppe und den Gehsteig, damit die illustren Gäste,
die den zahlreichen Kutschen entstiegen, die Füße nicht auf den harten, kalten
Boden zu setzen brauchten.
    Sie
waren da - oder zumindest so gut wie. Sie mussten warten, bis sie an der
Reihe waren, während die Kutschen vor ihnen eine nach der anderen zu dem
Teppich vorfuhren, wo livrierte Diener den elegant gekleideten Gästen beim
Aussteigen behilflich waren.
    Lily
wünschte sich innig, sie möge nie an die Reihe kommen. Und dann wünschte sie
sich, sofort an die Reihe zu kommen, ohne jede weitere Verzögerung, ohne einen
weiteren Moment des Nachdenkens.
    »Ihr
werdet das Haus und den Ballsaal an meinem Arm betreten, Miss Doyle«, sagte
Seine Gnaden ruhig, der sich ihrer Beklemmung offensichtlich vollkommen bewusst
war, obwohl sie geglaubt hatte, äußerlich völlig ruhig zu sein. »Seid ganz
unbesorgt. Und selbst ohne meine Begleitung seht Ihr ganz wie eine Dame aus und
seid bezaubernd genug, um sich der Bewunderung aller Anwesenden gewiss zu sein.«
    Lily
hatte nicht den Wunsch, derart aufzufallen, aber seine Worte waren
zugegebenermaßen beruhigend. Und plötzlich erschien er ihr vollkommen
verlässlich und vertrauenswürdig. Sie spürte, wie sie ruhiger wurde. Allerdings
nur, bis die Kutsche ein weiteres Stückchen vorzog und ein Diener die Tür
öffnete und die Trittstufen herausklappte.
    ***
    Neville fand sich
erst spät auf dem Ball ein. Er aß mit dem Marquis von Attingsborough zu Abend
und sie verweilten länger als nötig bei ihrem Port.
    »Tatsache
ist, dass ich sie nicht zu Gesicht bekommen habe«, berichtete der Marquis.
»Elizabeth hat sie völlig abgeschottet. Ich hätte nicht einmal gewusst, dass
sie in London ist, wäre ich bei ihrer Abreise von Newbury nicht dabei gewesen.
Allerdings ist es jetzt bekannt geworden. Die ganze Welt weiß, dass sie auf dem
Ball sein wird - und du natürlich auch.«
    Neville
zuckte zusammen. Er glaubte zu wissen - er hoff te zu wissen -
was Elizabeth vorhatte, aber er war sich nicht sicher, ob er ihre
Vorgehensweise schätzte. Es würde ein beängstigend öffentliches Zusammentreffen
werden. Und das auch noch bei einem Großereignis der höheren Gesellschaft. Er
hätte es vorgezogen, Elizabeth ohne großes Aufsehen einen Besuch abzustatten,
aber das hatte sie nicht erlaubt. Er hielt es durchaus für möglich, dass

Weitere Kostenlose Bücher