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01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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beim Knicks bescheiden den Blick und hob ihn, als
sie sich erhob, um ihn anzusehen - nicht zu keck, sondern mit der
korrekten Kinnhaltung und Rücken und Schultern gerade, jedoch nicht so steif
wie ein Soldat bei der Parade. Entspannte, würdevolle Anmut war der
Begriff, den Elizabeth häufig benutzte.
    »Miss
Doyle.«
    Der
Herzog begrüßte sie mit einer leichten, doch eleganten Verbeugung. Alles an ihm
war elegant, von der modisch zerzausten Brutus-Frisur seiner dunklen
Haare bis hinunter zu den ebenso modischen Tanzschuhen. Lily hatte während des
vergangenen Monats einiges über Mode gelernt - sowohl über Männer-
als auch über Frauenmode - und konnte den Unterschied zwischen gutem
Geschmack und übertriebenem Dandytum erkennen. Seine Gnaden kleidete sich mit
makellos gutem Geschmack. Er war für einen älteren Mann wirklich sehr gut
aussehend, dachte Lily. Es wunderte sie keineswegs, dass Elizabeth ihn als
Verehrer akzeptiert hatte. Aber auch er sah sie eindringlich an, benutzte dazu
sogar sein Monokel, und sie wurde an das unangenehme Gefühl erinnert, dass er
ihr auf Newbury bereitet hatte.
    »Außergewöhnlich.
Exquisit«, murmelte er.
    »Aber
natürlich«, sagte Elizabeth und klang äußerst zufrieden. »Hattest du etwas
anderes erwartet, Lyndon?« Sie lächelte Lily liebevoll an. »Du siehst wirklich
bezaubernd aus, Liebes. Mehr als bezaubernd. Du siehst aus wie ...«
    »Wie
eine Dame?«, sagte Lily in die Pause hinein, die Elizabeth mit einer
ausdrucksstarken Geste, aber ohne Worte ausgefüllt hatte.
    Elizabeth
hob die Augenbrauen. »0 ja, ohne jede Frage«, sagte sie. »Aber schwebend ist,
glaube ich, das Wort, nach dem ich suchte. Du siehst aus ... oh, als wärst du
in diesen Kleidern geboren. Nicht wahr, Lyndon?«
    »Miss
Doyle, würdet Ihr mir vielleicht die Ehre erweisen, den ersten Tanz mit mir zu
tanzen?«, fragte der Herzog.
    »Ich
danke Euch, Euer Gnaden.«
    Lily
vermied es, sich auf die Lippen zu beißen und das zu sagen, was sie in der
vergangenen Woche immer wieder ohne Erfolg Elizabeth gesagt hatte. Denn obwohl
sie fraglos das schönste Ballkleid trug, das sie je gesehen hatte, und obwohl
sie gelernt hatte zu knicksen, Kopf, Körper und Arme in korrekter Haltung zu
bewegen und die unterschiedlichsten Leute richtig anzureden und obendrein so
lächerliche Dinge wie den korrekten Gebrauch des Fächers - er war
anscheinend nicht dazu gedacht, sie abzukühlen, wenn ihr warm war -,
konnte sie sich unter keinen Umständen vorstellen, an dem Ball als Tänzerin
teilzunehmen. Natürlich hatte sie dreimal pro Woche Tanzstunden gehabt und war
von dem überkandidelten Meister, über den sie und Elizabeth jedes Mal, nachdem
er gegangen war, in schallendes Gelächter ausgebrochen waren, als aufmerksame
und anmutige Schülerin bezeichnet worden. Aber sie fühlte sich dennoch nicht
annähernd sicher genug, die Tanzschritte auf dem Parkett eines echten
Gesellschaftsballs auszuführen. Sie fühlte sich nicht einmal genügend
vorbereitet, um auf einem Ball der gehobenen Gesellschaft völlig regungslos in
einer dunklen Ecke zu verharren.
    »Sollen
wir uns dann auf den Weg machen?«, schlug der Herzog vor.
    Fünf
Minuten später saß Lily neben Elizabeth in der bekrönten Stadtkutsche des
Herzogs ihm gegenüber, der mit dem Rücken in Fahrtrichtung saß. Auf dem Weg zu
Lady Ashtons Ball. Es war Lilys Pflicht, sie dorthin zu begleiten, hatte
Elizabeth gesagt, als Lily anfänglich entsetzt Einwände erhoben hatte. Und
welchen Nutzen hatte eine Gesellschafterin, wenn sie ihrer Arbeitgeberin auf
gesellschaftlichem Parkett nicht ebenbürtig war? Elizabeth brauchte keine
weitere Dienstbotin - davon hatte sie genug. Sie brauchte eine Freundin.
    Lily
war verängstigt. Ihr Aufenthalt auf Newbury Abbey hatte ihr einen Eindruck
davon vermittelt, wie sich das Leben in der Oberschicht abspielte. Es war eine
fremde, ihr völlig unbekannte Welt. jener Umstand hatte wesentlich dazu
beigetragen, dass sie die Erkenntnis begrüßt hatte, doch nicht verheiratet zu
sein. Und dennoch war sie gerade im Begriff, während der offiziellen Saison an
einem Ball der Oberschicht teilzunehmen. Obwohl sie zum Dinner nur wenige
Bissen hatte essen können, fühlte sich ihr Magen äußerst unwohl. Und wenn ihre
Beine sie trugen, wenn sie schließlich gezwungen sein würde, der Kutsche zu
entsteigen, wäre sie doch sehr überrascht.
    Sie
hoffte, sich in eine dunkle Ecke zurückziehen zu können, nachdem der Herzog
von Portfrey mit ihr getanzt hatte

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