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01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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nicht.
    Sie
berührte mit einer Hand ihren Hals, als ob es noch da wäre. »Nein«, sagte sie.
»Es war leer.«
    Er
fragte nicht, wo sie das Amulett hatte. Wahrscheinlich war es ihr während ihrer
Gefangenschaft abgenommen worden und er wollte sie nicht an diesen Verlust
erinnern.
    Am
nächsten Morgen war er enttäuscht festzustellen, dass sie nicht wieder zum
Strand war, um die Sonne aufgehen zu sehen. Es hatte die Nacht über geregnet
und der Himmel war noch immer recht bewölkt und trüb, aber er glaubte nicht,
dass das Wetter sie abgeschreckt hatte. Als er sie in ihren Gemächern
aufsuchte, sah er sie am Fenster sitzen und still hinausblicken. Sie lächelte
ihn an und erzählte ihm, dass eines ihrer neuen Kleider in der Frühe geliefert
werden sollte und dass sie darauf wartete, es anprobieren zu können. Außerdem
hatte seine Mutter vor, sie der Haushälterin vorzustellen und in die
Ausarbeitung des täglichen Speiseplans einzubeziehen.
    Vermutlich
war es wichtig, dachte er - zumindest war seine Mutter dieser Überzeugung
-, dass sie lernte, ein großes Haus zu führen. Aber er wollte nicht, dass
ihr neues Leben ihr alles Licht und alle Freude entzog. Er wollte, dass sie sie
selbst sein konnte, die Lily, die sie auf der Iberischen Halbinsel gewesen war.
    Später
wurde Neville gewahr, dass Lily seine Mutter missverstanden hatte und nicht
wusste, dass die Haushälterin zu ihr kommen musste und nicht umgekehrt. Sie war
also allein in die Küche gegangen in der Erwartung, dort ihre Schwiegermutter
zu treffen. Nach einiger Zeit, viel später, informierte Mrs. Ailsham Ihre
Ladyschaft, die Gräfinwitwe, dass die Gräfin von Kilbourne bei den Dienstboten
sei, woraufhin eine fassungslose Schwiegermutter ihr nach unten folgte, wo
Lily, am großen Küchentisch sitzend, eine überdimensionale Schürze schützend
über ihr neues Kleid gelegt, mit einer Küchenhilfe Kartoffeln schälte und das
verunsicherte, aber entzückte Küchenpersonal mit Geschichten unterhielt, die
davon handelten, wie man ein Regiment mit Rationen bekochte, die viel zu
unregelmäßig eintrafen und noch dazu oft völlig ungeeignet waren, die
Bedürfnisse der Männer zu befriedigen.
    Nachdem
Neville die Geschichte gehört und still in sich hineingelacht hatte, obwohl
seine Mutter nicht im Geringsten amüsiert gewesen war, ging er Lily suchen.
Aber zu jenem Zeitpunkt war sie bereits wieder in der sicheren Obhut des
Morgensalons und der Gesellschaft seiner weiblichen Verwandten und Cousinen
gelandet. Sie sah zugleich fröhlich und sprachlos und teilnahmslos aus -
und ausgesprochen hübsch in ihrem neuen, blauen Morgenkleid.
    ***
    Vom Witwenhaus war
die Nachricht überbracht worden, dass Lauren und Gwendoline der Familie am
Nachmittag einen Besuch abstatten würden.
    Als
sich die Familie im Salon versammelte, herrschte all gemein eine angespannte
Atmosphäre. Niemand verhielt sich natürlich. Alle lächelten viel und redeten
viel und lachten mehr als nötig. Lily jedoch war sehr still.
    Neville
erwartete die Ankunft der beiden Frauen mit den schlimmsten Befürchtungen.
    Doch
als es so weit war, war ihr Auftritt beinah enttäuschend unspektakulär. Sie
hatten beschlossen, sich nicht ankündigen zu lassen, sondern traten zusammen
ein, sobald der Bedienstete die Türen geöffnet hatte, genauso wie sie es vor
Lilys Ankunft getan hätten. Sie sahen beide äußerst elegant aus. Gwen lächelte
nicht. Lauren dagegen - strahlend und anmutig. Sie schaute sich um, sah
jedem ins Gesicht und fühlte sich offensichtlich ganz wie zu Hause.
    Dieser
Auftritt musste sie eine enorme Anstrengung gekostet haben, dachte Neville, als
er aufsprang und zu ihnen eilte.
    »Lauren«,
sagte er und widerstand dem Impuls, sie an beiden Händen zu nehmen. Stattdessen
verbeugte er sich. »Wie geht es dir? Gwen?«
    »Neville,
hallo.« Lauren lächelte ihn an und streckte ihm ihre Hände entgegen. »Wir sind
gekommen, um deiner Gemahlin unsere förmliche Aufwartung zu machen, nicht,
wahr, Gwen? Wenn auch nicht, um ihr vorgestellt zu werden. Wir trafen sie
gestern Morgen, als wir alle einen Spaziergang machten und sich unsere Wege
kreuzten. Oh, da bist du ja, Lily.« Sie wandte sich mit einem freundlichen
Lächeln von Neville ab und streckte wieder die Hände aus. »Du siehst -
gezähmt aus.« Sie lachte. »Was für ein hübsches Kleid. Blassgelb steht dir gut.«
Sie nahm Lilys Hände und beugte sich vor, um sie auf die Wange zu küssen.
    Eine
hervorragende Vorstellung. Aber war es wirklich

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