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01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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hohl.«
    »Diese
Unterhaltung«, erklärte Lily vergnügt, »ist albern geworden. Aber trotz eurer
Neckereien habe ich heute Morgen das Gras und den Tau unter meinen Füßen und
den Sand zwischen meinen Zehen gespürt. Und ich habe die Sonne über dem Meer
aufgehen sehen. England ist ein bezauberndes Land, genau wie mein Papa immer
gesagt hat.«
    Neville
lächelte sie an. »Da hast du Recht, Lily«, sagte er. Er reichte ihr seinen Arm.
»Lass mich dich zu deinen Gemächern begleiten und Dolly rufen lassen, damit sie
dir hilft, dich zurechtzumachen. Meine Mutter ist vom Witwenhaus heraufgekommen
und erwartet dich mit einigen anderen Damen im Morgensalon.«
    Er
klang ein wenig beunruhigt. Er machte ihr nicht den leisesten Vorwurf, weder
jetzt noch nachdem sie die Gesellschaft seiner Cousins verlassen hatten. Aber
Lily war nicht entgangen, dass er von einigen anderen Damen gesprochen
hatte.
    »Sind
die anderen auch draußen und genießen den Morgen?«, fragte sie.
    »Sie
sind noch im Bett oder in ihren Boudoirs. Damen, äh, genießen den Morgen im
Allgemeinen nicht bevor ihre Dienstmädchen sie angezogen und frisiert und sie
das Frühstück eingenommen haben, Lily.« Er lächelte ihr zu, während sie die
Eingangsstufen hinaufgingen.
    »Oh«,
sagte sie. Dienstmädchen - sie hatte nicht daran gedacht, nach Dolly zu
läuten, als sie aufstand. Ohnehin hätte sie das Mädchen nicht so früh wecken
wollen. Außerdem besaß sie kein passendes Kleid für Newbury Abbey außer ihrem
grünen Musselin - und auch das konnte nur mit viel gutem Willen als
passend bezeichnet werden. Aber zumindest hätte sie ihr Haar zurückbinden und
ihre Schuhe tragen können, dachte sie sich. »Ich habe nicht nachgedacht. Ich
hätte nicht so, wie ich bin, hinausgehen sollen, oder? Sicher habe ich dich in
Verlegenheit gebracht, als deine ganzen Cousins mich so sahen. Es tut mir so
Leid. »
    »Nein,
nein.« Er legte seine freie Hand auf die ihrige, die auf seinem Arm lag.
»Versteh mich nicht falsch. Ich wollte dich nicht tadeln, um Himmels
willen. Dies hier ist dein Heim, Lily. Du sollst tun, was auch immer du
möchtest.«
    Lily
verstummte und erinnerte sich daran, wie ungemein elegant Lauren gekleidet
gewesen war. Sie hatte eine Haube und sogar Handschuhe getragen. Sie wäre
nicht barfüßig fortgetanzt und hätte ihr offenes Haar im Wind wehen lassen, nur
um einen Sonnenaufgang über dem Meer zu sehen. Sie hätte ihn nicht vor
seiner Familie in Verlegenheit gebracht.
    ***
    Nachdem Lily sich
gewaschen und Strümpfe und ihre alten Schuhe angezogen hatte und Dolly ihr Haar
zu einem schlichten Knoten am Hinterkopf frisiert hatte, um den sie zwei Zöpfe
schlang, brachte Neville sie nach unten in den Morgensalon. Dolly hatte den Rat
gegeben, nicht das grüne Musselinkleid anzuziehen, da Ihre Ladyschaft sich zum
Nachmittag noch umziehen müsse, also musste das alte Baumwollkleid herhalten.
    Neville
verweilte einen Moment bei ihr im Morgensalon, obgleich kein anderer Gentleman
anwesend war, wurde dann aber zu einer Besprechung mit seinem Verwalter
fortgerufen.
    Die
Damen begrüßten sie alle sehr freundlich. Die Gräfinwitwe erhob sich sogar, um
Lily auf die Wange zu küssen, und setzte sie neben sich auf ein Zweiersofa.
Aber anders als vorhin auf der Terrasse war die Konversation hier alles andere
als angenehm. Es wurde über London und Almack's und Leihbüchereien und
Rosengärten gesprochen und über die Behandlung von Dienstboten; in keinem
dieser Bereiche hatte Lily irgendwelche Erfahrung. Und als man auf den Krieg zu
sprechen kam und die Franzosen als Ungeheuer des Bösen und der Verderbtheit
dargestellt wurden und Lily sich zu Wort meldete und die Meinung vertrat, dass
sie ebenso Menschen seien wie die Briten, mit der gleichen Fähigkeit zur Güte
und Loyalität und Liebe und allen edleren Gefühlen ausgestattet, erklärte die
rothaarige Dame, die Lily als Wilma in Erinnerung hatte -Josephs
Schwester? -, dass sie kurz davor sei, in Ohnmacht zu fallen, und jemand
anders tadelte die junge Miranda, ein so unfeines Thema in ein Damengespräch
eingeführt zu haben.
    Lily
lächelte dem jungen Mädchen mitfühlend zu, dessen zahlreiche Ringellöckchen sie
leicht kopflastig erscheinen ließen, aber das Mädchen errötete, biss sich auf
die zitternde Unterlippe und sah zu Boden.
    Tante
Sadie versuchte den peinlichen Augenblick dadurch zu überbrücken, dass sie Lily
fragte, ob sie Lust habe, etwas zu sticken. Lily hatte bemerkt, dass fast alle
Damen mit

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