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01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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jungen
Gentlemen den Strand zum Wasser hinunter, bis jeder weitere Schritt ihre Schuhe
eingeweicht hätte.
    »Ich
möchte wetten, das Wasser ist zu dieser Jahreszeit kalt genug, um jemandem
einen Herzanfall zu verpassen«, sagte Richard.
    »Nein«,
sagte Lily, die es gewöhnt war, zu jeder Jahreszeit, außer im tiefsten Winter,
in Bergflüssen zu baden. »Es ist erfrischend. Oh, der Wind fühlt sich
wundervoll an.« Sie streckte ihm und der Sonne das Gesicht entgegen.
    »In den
angesagten Seebädern ist es der letzte Schrei, im Meer zu baden«, sagte Hal.
»Aber leider nicht hier und nicht im Mai. Ich tat es letztes Jahr mit den
Porters in Brighton.«
    »Ich
würde eher sterben, als auch nur einen Zeh ins Wasser zu stecken«, sagte
Miranda. »Bestimmt macht es die Haut runzlig.«
    Lily
lachte. »Es ist nur Wasser, obwohl man es nicht trinken kann, wegen des Salzes.«
Und ohne darüber nachzudenken, was sie tat, streifte sie ihre Schuhe ab, rollte
die Strümpfe herunter und trug sie in einer Hand, während sie mit der anderen
ihr Kleid hob und ins Wasser watete, bis es ihr fast zu den Knien reichte.
    Miranda
kicherte und die jungen Herren johlten ausgelassen.
    »Es ist
kalt«, sagte Lily und lachte nur noch fröhlicher. »Es ist himmlisch. Oh, das
müsst ihr unbedingt versuchen.«
    Richard
traute sich als Erster, dann Hal und dann William. Schließlich konnte sogar
Miranda überredet werden, ihre Schuhe und Strümpfe auszuziehen, und sie ging vorsichtig
fast knöcheltief ins Wasser. Sie lachte vor Angst und Entzücken.
    »Oh
Lily«, rief sie, »du bist so spaßig.«
    »Wilma
ist eine alte Meckerziege«, bemerkte Richard mit erstaunlicher Respektlosigkeit
gegenüber Älteren. »Und Lauren und Gwen haben nichts anderes im Kopf, als immer
damenhaft zu sein.«
    Mit
Schuhen und Strümpfen in der Hand wateten sie durchs Wasser, bis sie zu dem
großen Felsen kamen und Lily entschied, dass ein Fels an dieser Stelle und von
dieser Größe einzig und allein den Zweck hatte, erklettert zu werden. Also
kletterte sie auf die Spitze und setzte sich, die Arme um die Knie gelegt und
den Kopf im Nacken. Sie konnte spüren, dass ihr Saum vom Meerwasser schwer und
nass geworden war, aber der würde schnell wieder trocknen. Es war absolut
unmöglich, dachte sie, auf Dauer niedergeschlagen zu sein, wenn man die Sonne
und den Wind im Gesicht spüren und die Wellen auf ihrem Weg zur Küste und über
sich die Schreie der Möwen hören konnte. Sie nahm die Haube ab und legte sie
neben sich zu den Schuhen und Strümpfen. So fühlte sie sich gleich noch besser.
    Die
anderen vier waren ihr gefolgt und hatten sich etwas weiter unten
niedergelassen und redeten und lachten miteinander. Lily vergaß sie und genoss
das wohlbekannte Gefühl, mit dem Universum allein zu sein. Sie hatte immer
schon die Gabe gehabt, sich Menschenansammlungen zu entziehen - eine
wichtige Gabe, wenn man so wenig Privatsphäre hatte wie sie.
    »Miranda!«
    Die
Stimme, laut und entsetzt, ließ Lily in die Höhe fahren und brachte sie wieder
in die Realität zurück. Tante Theodora war am Fuße des Felsens mit Elizabeth
und Tante Mary aufgetaucht. »Zieh augenblicklich wieder deine Schuhe an!
Und die Strümpfe und die Haube und die Handschuhe! Und komm da runter! Meine
Güte, der Saum ist nass. Bist du etwa durchs Wasser gewatet? Du schockierendes,
vulgäres, ungezogenes Kind. Eine wirkliche Dame würde nicht einmal im
Traum ...« Doch just in diesem Moment sah sie nach oben und erspähte Lily, die
weitaus derangierter war als ihre Tochter.
    Elizabeth
schnalzte mit der Zunge und lachte. »Wie ungemein clever von Lily und Miranda«,
sagte sie. »Sie tun genau das, wonach wir uns alle insgeheim sehnen, und
genießen den Sonnenschein und die Seeluft - und das Meer.«
    Aber
ihr Versuch, die Peinlichkeit der Situation zu überspielen, schlug fehl. Die
ganze Gesellschaft war auf dem Weg zu ihnen, Tante Theodora hatte einen
hochroten Kopf und Miranda war in Tränen ausgebrochen. Tante Mary versicherte
jedem mit erregtem Nachdruck, dass sie überzeugt sei, dass einzig und allein
ihre Söhne die Schuld an dem Desaster trügen. Es waren ja so lebhafte jungen.
Hal wies sie in beleidigtem Tonfall darauf hin, dass er es mit einundzwanzig
Jahren nicht mehr schätzte, als junge bezeichnet zu werden.
    Lily
zog schweigend ihre Strümpfe und Schuhe an, verknotete die Bänder ihrer neuen
Haube unter dem Kinn und machte sich vorsichtig auf den Abstieg zum Strand.
Wilma ereiferte sich lauthals

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