01 - Neptun kann warten
stünde ihm, Charlie, jederzeit frei zu gehen, wenn er mit Bandicuts Vorgehensweise nicht einverstanden sei.
Nach dieser Bemerkung gab Charlie seinen Widerstand auf.
Bandicut kehrte zum Schlafsektion zurück, um eine Dusche zu nehmen und fand in seinem Kojenterminal eine Nachricht vor. Eine Audionachricht -von Julie. Er konnte nicht sagen, ob Julie eher zerknirscht oder verführerisch klingen wollte. »Tut mir Leid, dass diese Entdeckungen unsere Treffen noch immer vereiteln, aber wenn du nachher zu mir kommen willst, kann ich dir vielleicht was zeigen. Und … wenn du dich nicht schon rund und satt gegessen hast, kann ich dich ja vielleicht dazu überreden, noch mal mit mir zu Abend zu essen. Ich verspreche, ich lasse mich heute durch nichts ablenken. Nun … außer … du weißt schon, was ich meine. Tschüs.« Sie gab ein Geräusch von sich, als puste sie ihm einen Kuss zu.
Er starrte das Com an und erwog seine Möglichkeiten. Auch wenn er es nicht zugeben wollte: er musste Charlies Vorschlag ernsthaft und bewusst überdenken. Seine sich widersprechenden Wünsche lähmten ihn förmlich, und er spürte, dass Charlie vor Anspannung bebte wie eine Spiralfeder, die darauf wartete loszuschnellen. Charlie verlangte einen schrecklichen Vertrauensbeweis von ihm. Aber was, wenn das Quarx Recht hatte – was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Fall war? Vermutlich war er verrückt, an diesem Abend überhaupt an Julie zu denken. Aber hatte er nicht ein Anrecht auf ein bisschen Freude am Leben, bevor er Letzteres endgültig wegwarf?
///Hast du … ///
/Was?!/, bellte er.
/// … hast du vor, na ja … ///
/Das geht dich verdammt noch mal nichts an! Klar?!/
Das Quarx seufzte und hakte nicht weiter nach. Eilig duschte Bandicut sich, dann zog er sich schnell um und verließ den Schlafsaalbereich pünktlich zum Schichtende, als alle wieder in die Station zurückkehrten. Er ging direkt hinunter zum ExoArch-Büro. Er öffnete die Tür und traf einen kleinen, untersetzten Mann an, der ihn neugierig ansah. Als Bandicut nach Julie fragte, deutete der Mann mit dem Daumen auf den hinteren Teil des Raums.
Julie saß nachdenklich vor einem Computerdisplay. Bandicut erkannte sofort, was sie sich ansah: Satellitenradarbilder der Mondoberfläche, aufgezeichnet aus einer niedrigen Kreisbahn. Julie hob den Blick und strahlte ihn an. »Siehst du das?« Sie tippte auf den Bildschirm und zeigte ihm eine Stelle, an der einige dunkle Umrisslinien zusammenliefen. »Das ist es! Eine deutliche Anomalie in der Scan-Aufzeichnung. Sie kommt zustande, weil die abgetastete Fläche da ein ganz anderes Reflektionsmuster aufweist als alles, was wir je gesehen haben -egal wo. Wir wissen nur sicher, dass das Objekt sehr kompakt ist und eine ausgesprochen hohe Dichte besitzt.«
»Ahm.« Bandicut schluckte ein Dutzend möglicher Antworten hinunter und spürte sogleich, dass seine Schläfen zu pochen begannen, so schuldig fühlte er sich. »Das … ist ja interessant.«
»Interessant?« Julies Augen leuchteten wie die eines Kindes am Weihnachtsmorgen. »Darauf kannst du wetten, dass das interessant ist! Besonders interessant ist, dass es praktisch eben erst aufgetaucht ist, zu einem Zeitpunkt, als wir verstärkt in einem Areal nahe der betroffenen Stelle aktiv wurden. Du willst was Interessantes? Ich glaube, wir haben hier vielleicht ein echtes …« Sie stockte und wirkte plötzlich beschämt »Was?«, hakte Bandicut mit heiserer Stimme nach.
»Naja – wir wissen es natürlich noch nicht.« Ihre Augen glitzerten, als sie sich im Stuhl zurücklehnte und den Finger an die Wange legte. »Aber wir werden es in Kürze herausfinden.«
»Werdet ihr?«, brachte er krächzend hervor.
»Siehst du das hier?« Sie zeigte auf die Oberflächenschichten, die die Anomalie unmittelbar umgaben. »Das ist eine unterirdische Höhle, die offenbar das Objekt oder die Masse enthält. Sie liegt nicht tief, und wir halten es für möglich, dass wir uns zu ihr durchschneiden und hinabklettern können. Dann werfen wir einen Blick auf das Ding.«
»Klingt … aufregend«, stammelte Bandicut. »Natürlich könnt ihr euch bei so was nie sicher sein, bis ihr nachgesehen habt.« Er fragte sich, wieso er so bestürzt war. Wenn schon jemand den Translator finden sollte, wäre es besser, dieser Jemand gehörte zum ExoArch-Team anstatt zu den Bergleuten. Zumindest würden sich die Leute von ExoArch den Translator erst ansehen und nicht gleich versuchen, ihn
Weitere Kostenlose Bücher