01 - Neptun kann warten
er ihr zu Hilfe eilte. Er ritt auf der Welle der Translatorenergie, und die marschierenden Sonnenflammen salutierten ihm, als er vorüberflog.
Das Schiff schoss direkt am rotierenden Horizont des Sterns vorbei.
Beinahe beiläufig nahm er zur Kenntnis, dass sie nun das Perihel erreicht hatten und wieder aus dem Schwerkrafttrichter des Fixsterns hinausjagten. Es würde nur einen flüchtigen Atemzug dauern, bis sie auf der anderen Sonnenseite zum zweiten Mal Merkurs Orbit kreuzten. Die Zeit floss dahin wie guter Wein, der ihn trunken machte, während er den Bewegungen der Planeten verfolgte, den Blick nicht von ihnen abwandte. Die Himmelskörper erinnerten ihn an EiniSteini-Kugeln, die mit Gesichtern aus Sagen und Fabeln auf einem Spieltisch tanzten.
Als die Sonne aus seinem Sichtfeld Richtung Heck verschwand, grinste er wild, entfernte die Blenden von den Vorderfenstern und fuhr das Teleskop aus. Er richtete es auf den Punkt, an dem der Komet -dem Computer zufolge, der die neusten Orbitaldaten für seine Berechnungen verwandte – durchs All raste; und in seinem Verstand wirbelte das funkelnde Beinahe-Bewusstsein der Translatorsteine durcheinander und folgte seinem suchenden Blick wie ein Schwärm feuriger Bienen.
***
Von der sonnenzugewandten Seite aus betrachtet, war der Komet ein lodernder Ball aus Eis und Gestein – mit einem großen leuchtenden Schweif, der sich hinter ihm aus der gasförmigen Koma erstreckte, die ihn umgab; der Schweif wurde nicht durch die Bewegung des Kometen verursacht, sondern durch den Strahlungsdruck der Sonne und die strömenden Partikel ihrer Winde. Der Komet bot einen atemberaubenden Anblick, wie er so durch die Filter und Linsen des Teleskops glühte. Er sah aus wie ein Engel oder wie ein kosmisches Zeichen – nur nicht wie ein Planetenkiller.
Von gerade erst aufsteigenden Selbstzweifeln geplagt, startete Bandicut eine weitere Computeranalyse zur Ermittlung der Kometenbahn. Er wollte unbedingt herausfinden, ob der Komet tatsächlich die Erde treffen würde. Die Messergebnisse waren zweifelhaft, und Bandicut sah, dass aufgrund der Sonnenhitze Gasfontänen aus dem Kometen schössen, die seine Flugbahn – wenn auch nur geringfügig – beeinträchtigen würden. Aber plötzlich musste er es wissen: Machte er das alles etwa vergebens? Musste er wirklich sein Leben wegwerfen? Oder … konnte er die Kollision irgendwie vermeiden und den Kometen auf seinem Weg zur Erde im Auge behalten? Anstatt zu sterben, könnte er vielleicht nach Hause zurückkehren …
///John-///,
rief ihn das Quarx mit brechender Stimme.
Wie von Sinnen führte er Berechnungen durch, die Fugue drängte in seinem Kopf den Bienenschwarm der Translatorsteine zurück, und er stellte fest, dass seine Ergebnisse ihm nicht die endgültige Antwort auf seine Frage lieferten. Der Komet würde der Erde schrecklich nahe kommen … aber würde er tatsächlich mit ihr kollidieren? Hatte der Translator Recht? Würden die Gasfontänen den Kurs des Kometen hinreichend beeinflussen, um ihn in Bandicuts Heimatwelt schmettern zu lassen? War das überzeugend genug, um dafür zu sterben?
Er fragte sich, ob die Regierungen auf der Erde die Gefahr bereits erkannt hatten, ob sie schon Evakurierungen eingeleitet oder andere Vorkehrungen getroffen hatten, ob sie seine Nachrichten erhalten hatten – und falls ja, ob sie ihm wirklich glauben würden. Bandicut konnte sich keine Übertragungen anhören, solange sie den Raum verdrillten; er bezweifelte ohnehin, dass die Schiffsantennen noch existierten. Würde er hinterher wissen, ob es ihm gelungen war, den Kometen zu zerstören? Er schleuderte seine Fragen wie glühende Kohlen auf Charlie, aber das Quarx antwortete mit unerbittlichem Schweigen; es hatte sich zusammengekauert und sparte sich seine Kraft auf.
Die Berechnungen hatten nur eines bewirkt: Bandicut war regelrecht atemlos vor Unentschlossenheit. Vermutlich hatte der Translator Recht … aber was war, wenn er sich irrte? Konnte er nicht noch ein wenig abwarten und den Kometen beobachten?
Das Quarx regte sich schwach in seinem Bewusstsein.
///John … ///
Wenn er sich in den Kometen stürzte, würde er es niemals erfahren. Er sehnte sich nach der Möglichkeit, eine Tiefensimulation im NeuroLink durchführen zu können …
///John …
Ich werde jetzt etwas tun …
um deinen … scheinbaren Zeitfluss … zu dehnen …
damit du am Ende mehr Zeit für … deine Reaktion … hast.///
Sie hatten Merkurs Kreisbahn hinter
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