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01 - Neptun kann warten

Titel: 01 - Neptun kann warten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. C arver
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sich gelassen, flogen systemauswärts, mit mehr als zwei Zehnteln der Lichtgeschwindigkeit. Er schaltete auf das leistungsschwächere Teleskop um und begann, dem Translator leichte Korrekturimpulse zu übertragen; zugleich versuchte er durch die Gashülle zu blicken, die den Kometenkern umgab. Diese Gashülle mussten sie durchdringen; auf den Kern in der Mitte kam es an: Ihn mussten sie treffen, um den Kometen zu zerstören.
    Die Zeitverschiebung überrollte ihn, und plötzlich hatte er das Gefühl, als bewegten sich seine Finger durch Sirup. Eine bittere, eisige Ruhe überkam ihn, trotz der Hitze der Fugue. Er hatte diese EiniSteini-Partie schon dutzende Male in seinem Kopf durchgespielt – die plötzlichen Drehungen und Beschleunigungen, die vonnöten waren, um sich auf das Ziel einzupendeln. In seiner fiebrigen Vorstellung war es ihm immer gelungen. Im echten Leben würde es schwieriger werden – Andockmanöver in einer Kreisbahn waren höchst problematisch, immer, selbst bei niedriger Geschwindigkeit. Doch da war ja noch Charlie, und Charlie war der beste EiniSteini-Spieler im ganzen Universum, und selbst wenn Bandicut es vermasselte, konnte das Quarx es schaffen.
    Falls er, Bandicut, sich entschied, es zu tun. Er blickte den Kometen an und stellte sich vor, wie die Neptune Explorer ihn in einer schönen, langsamen Pirouette umkreiste und sich an ihm vorbeigleitend in Sicherheit brachte. Er hörte, dass die Planeten verwirrt über seine Absicht zu murmeln begannen und ihm dann vereinzelt applaudierten.
    Nun starrte er direkt durch das Fenster auf den Kometen. Letzterer war in der Direktansicht angewachsen, von einer Stecknadelspitze zu einem leuchtenden Tennisball, der von einer Gas- und Staubhülle umgeben war.
    ///Bist du … bereit … John?///
    Er nickte abwesend. In seinem Bewusstsein spürte er ein immer stärker werdendes Prickeln, und seine Handgelenke brannten; die Fugue stand in ihrer vollen Hitzeblüte und … der Moment war gekommen … er spürte, das die Zeitverschiebung sogar noch stärker wurde … sah seine eigenen Augen blinzeln wie Jalousien, die heraufgezogen und herabgelassen wurden … es war Schwindel erregend, aber er wusste, dass sie dem Kometen mit unvorstellbar hoher Geschwindigkeit entgegenstürzten … fielen … aber noch war es nicht zu spät, ihm auszuweichen …
    Plötzlich schüttelte sich das Quarx, und Bandicut schauderte es so heftig, dass ihm übel wurde.
    ///John … oh, mokin foke … ///
    /Loch ihn ein, Charlie/, flüsterte er. /Mach’s einfach. Es ist dein Schuss./
    Der Komet wuchs nun erstaunlich schnell an, ungeachtet des verlangsamten Zeitgefühls. Fahnen aus Dampf trübten die Sterne … gleich würde die Neptune Explorer in den White-out stürzen, ins Innere der Gashülle.
    ///Ohhhhhhhhhh … ///
    Bandicut fühlte den Klagelaut eher, als dass er ihn hörte – er hallte wider von den Wänden seines Bewusstseins –, und dann vernahm er die Stimme des Quarx, die in große Entfernung entschwand. /Charlie? CHARLIE?/
    ///Du hast … … die Kontrolle … …
    tu’s … … für uns beide … … ///
    Er spürte, wie er keuchend den Atem ausstieß; es war sein Atem … und zugleich doch nicht. Etwas wurde still in ihm, und er empfand eine bodenlose Leere, wo zuvor das Quarx gewesen war, als hätte sich eine Quelle in die Ewigkeit ergossen. /CHARLIIIE!/, schrie er. /CHARLIE, GOTTVERDAMMT!/
    Die Fugue schnellte davon, ließ ihn atemlos, aber mit klarem Kopf zurück. Würde er den Kometen zerstören oder nicht? Der harte Klumpen in seinem Magen lieferte ihm die Antwort: Natürlich, er hatte keine Wahl. Er konnte nicht abwarten und zusehen; er und der Komet flogen einander ungestüm entgegen, und Bandicut hatte nur diese eine Chance.
    Er starrte die wachsende Koma an, drückte sein Entsetzen so weit von sich fort, wie es nur ging. Die Sterne waren verschwunden, vor ihm war nichts außer dieser weißen Wolke und irgendwo in ihrer Mitte ein riesiger, Planeten zerstörender Kern aus Eis und Gestein; und Bandicut verdrillte noch immer den Raum, beschleunigte. Er wollte fluchen und weinen, doch seine Handgelenke brannten, sagten ihm, dass der Translator auf seine Eingaben warte, denn jetzt saß er, John Bandicut, am Steuer … und sein verzögertes Zeitgefühl ließ ihm nur einige wenige kostbare Momente zum Nachdenken.
    Im White-out suchte er nach dem todbringenden Umrissen des Kerns. Furcht und Verzweiflung durchwogten ihn und entflohen dann. Flüchtig sah er zum letzten Mal

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