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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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über Kopfhörer Radio zu hören, während er seinen Pflichten bei den Operationen nachkommen sollte. Das war eine Anschuldigung, der ich Glauben schenken konnte. Auf der anderen Seite kannte ich die Annehmlichkeiten von Moodys Beruf. Moody und ich hatten die Vorteile des schnellen Geldes sehr genossen. Die genießt ein Anästhesist aber nur um den Preis eines wachsenden Konkurrenzkampfes. Unausgelastet und überbezahlt hatte Moodys »Kollege« vielleicht die Möglichkeit zu einem Machtspiel gewittert, um sich einen größeren Anteil der zur Verfügung stehenden Arbeit an Land zu ziehen. Die Kontroverse spaltete das Krankenhauspersonal in zwei Lager. Weiterer Ärger war abzusehen, besonders seit sich das Geiseldrama in der amerikanischen Botschaft in Teheran zu einer ausgedehnten, schwelenden Auseinandersetzung entwickelt hatte.
    Als sich das unruhige Jahr seinem Ende zuneigte, stand Moody zwischen zwei internationalen Lagern, verletzlich für Angriffe von beiden Seiten. Weihnachten fuhren wir nach Hause nach Michigan, um meine Eltern zu besuchen. Das war eine willkommene Abwechslung zu dem unerträglichen Druck in Corpus Christy. Wir verbrachten alle vergnüglichen Feiertage bei meinen Eltern, die Joe, John und Baby Mahtab mit Geschenken überhäuften. Während der faulen, angenehmen Zeit zwischen den Feiertagen grübelte ich über die Möglichkeit nach, dem Durcheinander unseres Lebens in Corpus Christi zu entfliehen. Moody genoss es, in Michigan zu sein. Würde er hierher zurückziehen, wenn sich eine Arbeitsmöglichkeit ergäbe? Gab es irgendwelche Möglichkeiten?
     Ich wusste, dass bei einem Besuch seiner alten Kollegen dieses Thema vermutlich zur Sprache kommen würde, also schlug ich eines Tages vor: »Warum besuchst du nicht deine alten Freunde in Carson City?« Bei dem Gedanken heiterte sich sein Gesicht auf. Hier war eine Gelegenheit, über geschäftliche Dinge in einer sicheren Atmosphäre zu reden, in der er keine Vergangenheit als iranischer Sympathisant hatte. Der Besuch erneuerte seine Begeisterung für seine Arbeit und erinnerte ihn daran, dass es Gegenden gab, wo seine Geschichte in den Hintergrund treten konnte. Er strahlte, als er mir erzählte, dass ein Arzt gesagt hätte: »Ich kenne jemanden, der einen Anästhesisten sucht.«
    Moody rief den Mann an, einen Anästhesisten in Alpena, und wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Dinge entwickelten sich schnell. Moody und ich ließen die Kinder bei meiner Familie und machten uns zu der dreistündigen Autotour auf. Es schneite leicht auf der Fahrt. Gruppen dunkelgrüner Pinien waren, wie mit Zuckerguss überzogen, in festliches Weiß gekleidet. Diese winterliche Postkartenlandschaft war atemberaubend schön nach drei Jahren im heißen, öden Texas. »Wie konnten wir bloß von hier wegziehen?«, fragte Moody sich laut.
    Das Alpena-Krankenhaus lag in einem eigenen winterlichen Wunderland. Im Vordergrund war ein moderner Gebäudekomplex harmonisch in die schneebedeckte Parklandschaft eingegliedert. Kanadagänse watschelten ungestört zwischen den Pinien umher. In einiger Entfernung bildete eine Hügelkette einen friedlichen Hintergrund. Das Vorstellungsgespräch verlief reibungslos. Hier in Alpena bestand eindeutig Bedarf an einem zweiten Anästhesisten. Am Schluss des Gesprächs lächelte der andere Arzt, streckte seine Hand aus und fragte: »Wann können Sie kommen?«
    Es vergingen mehrere Monate, bevor wir unsere Angelegenheiten in Corpus Christi geregelt hatten. Moody freute sich so sehr auf den Umzug, dass er mehrmals während des milden Winters in Texas die Klimaanlage anstellte, damit er ein prasselndes Feuer in unserem Kamin machen konnte. Das erinnerte ihn an Michigan. Wir begannen die nötigen Vorbereitungen für den Umzug frohen Mutes. Wir waren wieder ein Team, das auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitete. Moody hatte seine Wahl getroffen; er würde in den Vereinigten Staaten leben und arbeiten. Er würde ein Amerikaner werden - ja, er war bereits einer. Wir verkauften unser Haus in Corpus Christi, behielten aber unser Eigentumsrecht an einem anderen Haus, in das wir wegen der steuerlichen Vergünstigungen investiert hatten. Und als es Frühling wurde, waren wir in Alpena, nur drei Stunden von meinen Eltern entfernt - und eine Million Meilen vom Iran weg.
    Alpena lag so weit von der trostlosen Wohnung entfernt, in der ich jetzt eingesperrt war. Mom und Dad waren so weit weg. Joe und John waren so weit weg. Mahtab

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