01 - Nicht ohne meine Tochter
lassen wollte, wenn ich mich von Moody abwandte, würde er mich aus seinem Leben streichen. Es würde für ihn keinen Weg mehr geben, mich in den Iran zu bringen, aber was war mit Mahtab? Wenn er sie mit in den Iran nehmen würde und beschlösse, dort zu bleiben, hätte ich meine Tochter für immer verloren.
»Müsste er denn das Recht zugesprochen bekommen, seine Tochter zu besuchen?«, fragte ich. »Könnten wir nicht einen Richter von der Gefahr überzeugen und ihn dazu bringen, Moody von Mahtab fernzuhalten?« Die Rechtsanwältin wies jedoch darauf hin, dass das amerikanische Gesetz eine Bestrafung vor dem eigentlichen Verbrechen nicht zulässt. »Er hat ja noch kein Verbrechen begangen. Es gibt keinen Grund, weshalb sie ihm das Besuchsrecht vorenthalten könnten.« »Ich sehe es wirklich nicht gern, wenn Sie in den Iran fahren.«, fuhr sie fort. »Aber ich kann nichts Schlimmes daran finden. Vielleicht hat Moody ja auch nur über so lange Zeit unter großem Druck gestanden und ist so deprimiert gewesen, dass es ihm wieder besser gehen wird, wenn er erst seine Familie gesehen hat. Vielleicht kommt er dann zu einem neuen Anfang zurück. Ich glaube fast, es könnte ihm guttun, dass er fährt.« Die Unterhaltung machte mich noch verwirrter, als ich vorher gewesen war. Wenn ich die Scheidung einreichte, wurde Moody mir meine Tochter wegnehmen und zu einem trostlosen Leben im Iran verdammen. Ich hatte keine andere Wahl, als darauf zu spekulieren, dass unabhängig davon, was für wirkliche oder eingebildete Komplotte in Moodys bedrücktem Geist auch herumwirbelten, die gesellschaftlichen Unterschiede ihn letztendlich doch davon überzeugen würden, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren. Damals konnte ich mir nur vorstellen, wie trostlos das Leben im Iran sein musste, aber ich musste es darauf ankommen lassen, dass zwei Wochen für Moody genug sein würden. Der wirkliche Grund, weshalb ich Mahtab in den Iran mitnehmen würde, war folgender: Ich war verdammt, wenn ich es tat, aber Mahtab wäre verdammt gewesen, wenn ich es nicht getan hätte.
Der Tag kam. Mahtab und ich packten nur wenig ein, um Platz für die Geschenke zu lassen, die wir mit in den Iran nehmen wollten. Aber Moody hatte mehrere Taschen. Eine war mit rezeptpflichtigen Medikamenten vollgestopft, die er, wie er sagte, dem örtlichen medizinischen Versorgungszentrum spenden wollte. Im letzten Moment kam Mahtab noch auf die Idee, ihren Hasen mitzunehmen. Und so hoben wir am 1. August 1984 ab, flogen zuerst nach New York und dann nach London. Dort hatten wir einen zwölfstündigen Aufenthalt, Zeit genug, um uns umzusehen. Ich kaufte Mahtab ein britisches Puppenpärchen. Als die Stunden vergingen, wurde bei mir die Angst, erneut ein Flugzeug zu besteigen, immer größer.
Während wir auf dem Flughafen in Heathrow warteten, kurz vor unserem Flug über Zypern nach Teheran, begann Moody eine Unterhaltung mit einem iranischen Arzt, der sich auf der Heimreise von einem Besuch in den USA befand. »Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten, wieder aus dem Land heraus zu kommen?«, fragte ich nervös. »Nein.«, beruhigte er mich. Der iranische Arzt gab uns einige Tips, wie man am besten durch den Zoll kam. Die Iraner, erklärte er, erhoben sehr hohe Einfuhrzölle auf alle in den USA hergestellten Waren, die in ihr Land gebracht wurden. »Wenn Sie ihnen sagen, dass Sie dort bleiben und arbeiten wollen, müssen Sie vielleicht keinen Zoll bezahlen.«, riet er uns. So etwas wollte ich nicht hören, noch nicht mal, wenn es nur darum ging, Geld zu sparen. »Aber wir bleiben doch nicht -« »Ich weiß.«, unterbrach er. »Wir haben überhaupt nicht vor, im Iran zu bleiben.«, fuhr ich fort. »Wir bleiben nur zwei Wochen dort und kommen dann sofort wieder zurück.« »Ja.«, sagte er. Dann fingen er und Moody an, sich in Farsi zu unterhalten. Als es Zeit war, an Bord der Maschine zu gehen, zitterte ich am ganzen Körper. Ich wollte schreien, mich umdrehen und die Rampe hinunterrennen, aber mein Körper gehorchte meinem Herzen nicht. Mit Mahtab, die sich zuversichtlich an meine Hand klammerte, bestiegen wir das Flugzeug, fanden unsere Plätze und schnallten uns an.
Auf dem Flug nach Zypern überdachte ich noch einmal die Zwickmühle, in der ich mich befand. Als die Räder den Boden der Mittelmeerinsel berührten, wusste ich, dass meine letzte Chance gekommen war. Ich sollte Mahtab nehmen, aus der Maschine rennen und den nächsten Flug nach Hause nehmen. Ich
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