01 - Nicht ohne meine Tochter
lag ich auf dem Bett, Tränen liefen mir über das Gesicht, und ich hörte Moodys Worte, als kämen sie vom anderen Ende eines Tunnels. Mahtab schluchzte und klammerte sich an ihren Hasen. Die kalte, schreckliche Wahrheit war betäubend und niederschmetternd. War es wirklich wahr? Waren Mahtab und ich eingesperrt? Geiseln? Gefangene dieses gehässigen Fremden, der einst ein liebevoller Ehemann und Vater gewesen war? Es musste doch einen Weg aus diesem Wahnsinn geben. Mit dem Gefühl rechtschaffener Empörung wurde mir klar, dass ironischerweise sogar Allah auf meiner Seite war.
Tränen der Wut und der Frustration schossen mir aus den Augen, als ich aus dem Schlafzimmer rannte und Ameh Bozorg und noch ein paar anwesenden Familienmitgliedern gegenübertrat, die wie gewöhnlich herumsaßen. »Ihr seid allesamt Lügner!«, schrie ich. Niemand schien zu verstehen, was Moodys amerikanische Frau plagte. Ich stand da vor ihren feindseligen Gesichtern und fühlte mich lächerlich und machtlos. Meine Nase lief. Tränen rollten mir über die Wangen. Ich hatte kein Taschentuch, keine Tempotücher, sodass ich mir wie alle anderen in Moodys Familie die Nase an meinem Schal putzte. Ich schrie. »Ich verlange ein Gespräch mit der ganzen Familie, sofort!« Irgendwie wurde die Botschaft weitergegeben, und es erging der Befehl an die gesamte Verwandtschaft, zusammenzukommen.
Ich verbrachte mehrere Stunden im Schlafzimmer mit Mahtab, weinend, gegen Übelkeit ankämpfend, zwischen Zorn und Lähmung schwankend. Als Moody mein Scheckheft verlangte, reichte ich es ihm demütig. »Wo sind die anderen?«, fragte er. Wir hatten drei Konten. »Ich hab nur eins mitgenommen«, sagte ich. Die Erklärung stellte ihn zufrieden, und er machte sich nicht die Mühe, meine Handtasche zu durchsuchen. Dann ließ er mich allein, und ich schaffte es irgendwie, meinen ganzen Mut zusammenzukramen, um meine Verteidigung zu planen.
Zu später Abendstunde, nachdem Baba Hadschi von der Arbeit gekommen war, nachdem er gegessen hatte, nachdem die Familie meinem Aufruf gefolgt war und sich versammelt hatte, betrat ich die Halle, nicht ohne mich zuvor zu versichern, dass ich ordnungsgemäß und anständig verhüllt war. Mein Plan stand fest. Ich würde auf die religiöse Moral setzen, wie Baba Hadschi sie verkörperte. Für ihn waren Recht und Unrecht klar umrissen.
»Reza«, sagte ich und bemühte mich, meine Stimme ruhig zu halten, »übersetze dies für Baba Hadschi.« Beim Klang seines Namens blickte der alte Mann kurz auf und senkte dann seinen Kopf wie immer, denn seine Frömmigkeit verbot ihm, mich direkt anzusehen. In der Hoffnung, dass meine Worte richtig ins Farsi übersetzt wurden, stürzte ich mich verzweifelt in meine Verteidigungsstrategie. Ich erklärte Baba Hadschi, dass ich nicht in den Iran hatte kommen wollen, dass mir klar gewesen war, dass ich mit meinem Kommen in den Iran die Grundrechte jeder amerikanischen Frau aufgab. Davor hatte ich Angst gehabt, denn ich wusste, dass Moody, solange ich im Iran war, mein absoluter Herr war. Warum war ich also gekommen?, fragte ich rhetorisch. Ich war gekommen, um Moodys Familie kennenzulernen, ihr die Möglichkeit zu geben, Mahtab zu sehen. Es gab noch einen weitaus tieferen und erschreckenderen Grund für mein Kommen, aber den konnte ich nicht, wagte ich nicht, in Worte zu fassen und Moodys Familie mitzuteilen. Stattdessen erzählte ich ihnen die Geschichte von Moodys Gotteslästerung.
Als ich Moody zu Hause in Detroit mit meiner Befürchtung, er könnte mich im Iran festhalten, konfrontiert hatte, hatte er mit der einzigen Handlung reagiert, die seine gute Absicht beweisen konnte. »Moody schwor auf den Koran, dass er nicht versuchen würde, mich gegen meinen Willen hierzubehalten.«, sagte ich und fragte mich, wie viel Baba Hadschi wohl gehört und verstanden haben mochte. »Ihr seid ein gottesfürchtiger Mann. Wie könnt Ihr zulassen, dass er mir dies antut, nachdem er auf den Koran geschworen hat?« Moody ergriff nur ganz kurz das Wort. Er gab zu, dass meine Geschichte von seinem Versprechen auf den Koran der Wahrheit entsprach. »Aber mir ist verziehen.«, sagte er. »Gott wird mir vergeben, weil sie, wenn ich es nicht getan hätte, nicht mitgekommen wäre.« Baba Hadschis Entscheidung war schnell und duldete keinen Widerspruch. Rezas Übersetzung erklärte: »Wir werden Da'idschans Wünschen folgen, wie immer sie lauten mögen.« Ich spürte die Bösartigkeit förmlich, und
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