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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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wie viel Zeit so vergangen war. Irgendwann bemerkte ich, dass Ameh Bozorg und Fereschteh in den Saal zurückkehrten, in dem Mahtab und ich mit Nastaran und Nelufar warteten. Das alte Weib kam geradewegs auf mich zu, schrie so laut sie konnte in Farsi und zeigte mit einem knochigen Finger auf mein Gesicht. Was mache ich nun?, fragte ich mich. Ich verstand Ameh Bozorgs Worte nicht, nur eins: »Amrika.« Zornestränen strömten ihr aus den Augen. Sie langte sich unter den Tschador, um sich die Haare zu raufen. Die andere Hand trommelte auf ihre Brust und dann auf ihren Kopf. Mit einer wütenden Bewegung forderte sie uns zum Gehen auf, und wir folgten ihr alle aus der Masdsched zurück in den Hof, nur innehaltend, um unsere Schuhe wiederzufinden.
    Moody und Morteza hatten ihre Andachtsübungen schon beendet und warteten auf uns. Ameh Bozorg rannte schreiend und sich gegen die Brust trommelnd zu Moody hinüber. »Was ist los?«, fragte ich ihn. Er wandte sich mit zornigen Blicken mir zu. »Warum hast du dich geweigert, in den Haram zu gehen?« »Ich habe mich gar nicht geweigert.«, sagte ich. »Was ist ein Haram?« »Das Grab. Haram ist das Grab. Du bist nicht mitgegangen.« »Sie hat mir befohlen, mich hinzusetzen und die Spiegel anzuschauen.« Das erschien mir wie eine Wiederholung des Fiaskos in Rey. Moody tobte, er war so wütend, dass ich Angst hatte, er würde mich schlagen. Ich schob Mahtab hinter mich in Sicherheit. Die niederträchtige Alte hatte mich hereingelegt, das war mir klar. Sie wollte zwischen mir und Moody Unfrieden säen. Ich wartete, bis Moody in seiner Tirade eine Pause einlegte. So sanft ich konnte, sagte ich mit aller Entschiedenheit: »Sei lieber still und überlege, was du sagst. Sie hat mir befohlen, mich hinzusetzen und die Spiegel anzuschauen.« Moody wandte sich an seine Schwester, die sich immer noch dramatisch aufführte. Sie wechselten ein paar Worte, dann sagte Moody zu mir: »Sie hat dir gesagt, du solltest dich hinsetzen und die Spiegel anschauen, aber sie meinte nicht, dass du da bleiben solltest.« Wie ich die böse Frau hasste! »Nastaran ist auch nicht gegangen.«, bemerkte ich. »Warum ist sie nicht böse auf Nastaran?« Moody richtete die Frage an Ameh Bozorg. Er war immer noch so wütend auf mich, dass er begann, die Antwort seiner Schwester zu übersetzen, bevor er ihre Bedeutung erfaßte. »Nastaran hat ihre Regel.«, sagte er. »Sie kann nicht...« Dann fiel ihm ein, dass ich auch meine Regel hatte. Ausnahmsweise durchdrang die Logik seinen Wahnsinn. Sein Verhalten mir gegenüber wurde sofort freundlicher, und er wandte nun seinen Zorn gegen seine Schwester. Sie stritten viele Minuten lang und führten die Diskussion weiter, als wir uns schon ins Auto gezwängt hatten und auf dem Weg zum Haus ihres Bruders waren. »Ich habe ihr gesagt, dass sie ungerecht ist.«, sagte Moody zu mir mit nunmehr von Sanftmut und Mitgefühl erfüllter Stimme. »Du verstehst die Sprache nicht. Ich habe ihr gesagt, sie habe nicht genug Geduld mit dir.« Wieder einmal hatte er mich in einem unachtsamen Moment erwischt. Heute war er verständnisvoll. Wie würde er sich morgen verhalten?
    Das Schuljahr fing an. Am ersten Schultag führten die Lehrer in ganz Teheran die Kinder zu einer Massendemonstration auf die Straße. Hunderte von Schülern einer nahegelegenen Schule marschierten an Ameh Bozorgs Haus vorbei und skandierten vereint die hässliche Parole: »Marg bar Amerika!« Sie fügten einen weiteren Feind hinzu: »Marg bar Israil!« Mahtab hielt sich in unserem Schlafzimmer die Ohren zu, aber sie hörte es dennoch.
    Schlimmer noch, dieses Beispiel für die Rolle der Schule im Leben eines iranischen Kindes inspirierte ihren Vater. Er war entschlossen, Mahtab zu einer gehorsamen iranischen Tochter zu machen. Ein paar Tage später verkündete er plötzlich: »Mahtab kommt morgen in die Schule.« »Nein, das kannst du nicht machen!«, rief ich. Mahtab klammerte sich besitzergreifend an meinen Arm. Ich wusste, sie würde furchtbare Angst ausstehen, wenn sie von mir weg musste. Und wir wussten beide, dass das Wort »Schule« etwas Dauerhaftes hatte. Aber Moody gab nicht nach. Mahtab und ich stritten ein paar Minuten mit ihm, ohne Erfolg. Zu guter Letzt sagte ich: »Ich will die Schule erst mal sehen.«, und Moody willigte ein.
    Am frühen Nachmittag gingen wir zur Schule, um sie zu inspizieren. Ich war erstaunt, ein sauberes modernes Gebäude vorzufinden, mit einem hübschen,

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