01 - Nicht ohne meine Tochter
die Schlafzimmertür mit Mahtab auf den Fersen, aber Moody war dicht hinter uns. Als Mahtab versuchte, sich zwischen uns beide zu schieben, wurde sie von Moody hart zur Seite gestoßen. Ihr kleiner Körper prallte gegen eine Wand, und sie schrie laut auf vor Schmerz. Als ich mich nach ihr bücken wollte, schleuderte Moody mich aufs Bett. »Hilfe!«, schrie ich. »Mammal, hilf mir.« Moody zerrte mit seiner linken Hand an meinen Haaren. Mit der anderen Faust hämmerte er immer wieder gegen meine Schläfe. Mahtab wollte mir helfen, und wieder stieß er sie weg. Ich kämpfte gegen seinen Griff an, aber er war zu stark für mich. Mit der flachen Hand schlug er mir ins Gesicht. »Ich bringe dich um!«, tobte er. Ich trat nach ihm, befreite mich teilweise aus seinem Griff und versuchte wegzukriechen, aber er trat mir so heftig in den Rücken, dass mir lähmende Schmerzen das Rückgrat herunterschossen. Als Mahtab schluchzend in der Ecke lag und ich ihm vollkommen ausgeliefert war, handelte er überlegter, schlug mich auf den Arm, zog an meinen Haaren, schlug mir ins Gesicht und fluchte die ganze Zeit. Immer wieder schrie er: »Ich bringe dich um! Ich bringe dich um!« »Hilfe!«, schrie ich mehrmals. »Bitte, so helft mir doch.« Aber weder Mammal noch Nasserine versuchten, einzugreifen. Auch Reza und Essey nicht, die das sicher alles hörten. Ich weiß nicht, wie viele Minuten er weiter auf mich eindrosch. Ich wartete auf die Bewusstlosigkeit, auf den Tod, den er mir versprochen hatte.
Langsam ließ die Wucht seiner Schläge nach. Er machte eine Pause, um wieder zu Atem zu kommen, aber immer noch hielt er mich auf dem Bett fest. Im Hintergrund schluchzte Mahtab hysterisch. »Da'idschan...«, sagte eine ruhige Stimme von der Tür her. »Da'idschan.« Es war Mammal. Endlich. Moody hob den Kopf, es schien, als kehrte seine Zurechnungsfähigkeit langsam zurück. »Da'idschan.«, wiederholte Mammal. Sanft zog er Moody von mir weg und führte ihn hinaus in die Diele. Mahtab rannte zu mir und vergrub ihr Gesicht in meinem Schoß. Wir teilten unseren Schmerz, nicht nur die Prellungen des Körpers, sondern auch den tieferen Schmerz, der innen lauerte. Wir weinten und schnappten nach Luft, aber mehrere Minuten lang war keine von uns in der Lage, etwas zu sagen. Mein Körper fühlte sich an wie ein einziger blauer Fleck. Von Moodys Schlägen hatte ich zwei Beulen am Kopf, die so groß waren, dass ich ernstliche Verletzungen befürchtete.
Nach ein paar Minuten kam Nasserine auf Zehenspitzen ins Zimmer, ein Musterbeispiel der untergebenen iranischen Frau, die mit der linken Hand den Tschador um ihren Kopf festhielt. Mahtab und ich schluchzten immer noch. Nasserine setzte sich aufs Bett und legte ihren Arm um meine Schulter. »Mach dir keine Sorgen.«, sagte sie. »Es ist alles in Ordnung.« »Alles in Ordnung?«, fragte ich ungläubig. »Ist es in Ordnung, wenn er mich so verprügelt? Und ist es vielleicht in Ordnung, wenn er sagt, er würde mich umbringen?« »Er wird dich nicht umbringen.«, sagte Nasserine. »Er sagt aber, dass er es tun wird. Warum hast du mir nicht geholfen? Warum hast du nicht irgendetwas getan?« »Wir können uns nicht einmischen.«, erklärte sie. »Wir können uns nicht gegen Da'idschan wenden.«
Mahtab nahm die Worte aufmerksam auf, und als ich ihre Kinderaugen voller Tränen sah, die das alles zu verstehen suchten, kam mir ein anderer entsetzlicher Gedanke, der mir erneut einen Schauer über meinen gepeinigten Rücken laufen ließ. Was, wenn Moody mich wirklich umbringen würde? Was würde dann aus Mahtab werden? Würde er auch sie umbringen? Oder war sie jung und fügsam genug, um zu lernen, diesen Wahnsinn als normal zu akzeptieren? Würde sie eine Frau wie Nasserine oder Essey werden und ihre Schönheit, ihren Geist, ihre Seele mit dem Tschador verhüllen? Würde Moody sie mit einem Vetter verheiraten, der sie verprügeln und schwängern würde, und sie bekam entstellte Babies mit leeren Augen?
»Wir können uns nicht gegen Da'idschan wenden.«, wiederholte Nasserine. »Aber jetzt ist wieder alles in Ordnung. Alle Männer sind so.« »Nein!«, antwortete ich scharf. »Nicht alle Männer sind so.« »Doch.«, versicherte sie mir ernst. »Mammal macht dasselbe mit mir. Reza macht dasselbe mit Essey. Alle Männer sind so.« Mein Gott, dachte ich. Und worauf müssen wir uns als nächstes gefasst machen?
Tagelang konnte ich nur humpeln und fühlte mich nicht kräftig genug, auch
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