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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Ärmel der Tunika ließen die Arme frei, und Tauric hatte die Lederhülle von seinem metallenen Arm entfernt, sodass er jetzt in der Sonne glänzte.
    Er hob seine andere Hand und bat um Schweigen, und langsam legte sich der Lärm. Einen kurzen Augenblick lang herrschte tiefste Ruhe, während er dastand und das Meer aus hoffnungsvollen Gesichtern unter sich betrachtete. Mazaret fürchtete schon, dass die Zuversicht des Jungen erloschen wäre, doch dann sprach Tauric mit gefühlvoller Stimme.
    »Mein Vater wäre so stolz auf euch!«
    Der Tumult auf dem Hof unter ihm legte sich erst nach einigen Sekunden.
    »Die Schlacht, die wir gestern geschlagen haben, ist nur der Anfang. Sobald die Kunde von Oumetra weitergetragen wird, wissen auch andere, dass die Zeit der Freiheit gekommen ist. Von den Bergen von Dalbar bis zu den Ebenen Roharkas werden die Menschen aufbegehren und die Ketten abschütteln, die sie so lange getragen haben. Ihr werdet Anführer brauchen, gute Männer wie Geraine, den ihr alle kennt, und Lord Mazaret, den Lordkommandeur der Ritter vom Vater Baum, ein Mann, der an der Seite meines Vaters in Arengia gefochten hat, und der heute unter uns weilt.« Er brach ab, als sein Name gerufen wurde, sich Hände zu ihm emporreckten und auf ihn deuteten, und schüttelte den Kopf. »Ich bin nur ein Junge, und weiß erst seit kurzem von meinem Erbe …«
    Die Rufe, dass er sie anführen solle, wurden lauter und fordernder. Während Mazaret dem Spektakel zusah, murmelte er: »Akzeptiere deine Rolle, Junge.«
    »Das wird er, Mylord«, sagte Kodel neben ihm. »Er muss.«
    Tauric senkte ein wenig das Haupt, hob dann die Hand und übertönte den Lärm. »Wenn es euer Wille ist, dass ich eine führende Rolle spiele, dann sei es so. Aber andere werden die Schlachtpläne für unsere Rebellion schmieden und unseren Sieg sichern. Gemeinsam werden wir ein Fluch für die Mogaun werden, und ihr brutaler Griff wird für immer abgeschüttelt werden …«
    Eine kleine Gruppe unter dem Balkon stimmte einen lauten Ruf an. »Kaiser Tauric! Kaiser Tauric!« Tauric schüttelte ungeduldig den Kopf und brachte sie mit einer herrischen Geste seiner gesunden Hand zum Schweigen. »Nein! Ich bin kein Kaiser!«, sagte er nachdrücklich. »Und ich werde diesen Titel erst beanspruchen, wenn der Feind vernichtet ist, und alle unsere Länder befreit sind!« Mazaret staunte. Er spürte in diesem Jungen dieselbe Befehlsgewohntheit, dieselbe vornehme Haltung wie bei seinem Vater. In den Gesichtern der Menschen dort unten auf dem Hof erkannte er Glaube und strahlende Hoffnung. Die Szene glich beinahe einem Tagtraum, als wäre ganz Oumetra von Taurics schlichter Aufrichtigkeit verzaubert.
    »Jetzt kehrt in eure Häuser und an eure Herde zurück«, sagte Tauric. Er schien plötzlich zu ermüden. »Betet zur Erden Mutter . Vor uns liegen harte, mühselige Tage.« Er hielt inne und ließ seinen Blick langsam über die Menschenmenge gleiten. »Aber am Ende werden wir siegreich sein. Haltet euch bereit!« Er hob seine Hand, diesmal die metallene, zum Gruß, und während die Menge seinen Namen rief, trat er von dem Geländer zurück, verließ den Balkon und ging wieder in den Burgfried. Mazaret schüttelte den Kopf, gleichzeitig verblüfft, entzückt, und ein kleines bisschen beunruhigt. »Das war eine erstaunliche Rede«, sagte er. »Ich hätte nicht gedacht, dass Geraine solche Worte finden könnte.«
    »Hat er auch nicht«, erklärte Kodel.
    Mazaret schaute ihn forschend an, und der Sentinel erwiderte seinen Blick mit einer hochgezogenen Braue. »Das scheint Euch zu überraschen, Mylord.«
    »Das will ich nicht abstreiten.«
    »Es ist nicht weiter geheimnisvoll. Meine Eltern waren sehr gebildet und liebten das Theater und die Bühne, also habe ich schon in frühester Jugend einige Kenntnisse über das Schauspiel erworben.« Die beiden Männer standen Seite an Seite am Fenster. Unter ihnen sang die Menge, während sie sich allmählich auflöste. Von seinem Standort aus konnte Mazaret über die Dächer von Oumetra hinweg bis zum weit entfernten Rukang-Massiv sehen. Seine Gipfel wurden von tief hängenden Wolken und einer Regenwand verschleiert, die sich mit jeder Minute weiter verdunkelte.
    »Tauric hat mir erzählt, wie Ihr ihn vor meinem Bruder und diesem alten Mann gerettet habt«, sagte Mazaret leise und starrte auf den heraufziehenden Wolkenbruch. »Habt Ihr Coireg wegen dieses Vorfalls befragt, bevor Ihr hierher gekommen seid? Ich würde gern erfahren,

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