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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Türmen und Höfen der Erhabenen Basilika hinaufführte.
    Doch diese Erinnerungen stammten aus einer anderen Zeit, voller Freude, Klarheit und Unschuld. Während sie jetzt hinter Orgraaleshenoth in den Schatten zwischen diesen Hügeln herstieg, schien deren Finsternis zu einem Teil von ihr zu werden, in ihre Seele einzudringen und jeden Funken Hoffnung daraus zu vertreiben. Sie hätte gern geweint, gestattete es sich aber nicht.
Bleib am Leben. Zeige keine Schwäche. Überlebe.
    Erst als die Dunkelheit wie ein Schleier auf das Land sank, spürte Keren die Kälte. Sie streifte sich noch eine Tunika über die, welche sie bereits trug, und zog noch eine Hose an, zitterte jedoch weiter. Orgraaleshenoth war keinerlei Unbehagen anzumerken, ihr Atem dagegen bildete sichtbare Wolken in der Luft, und sie fühlte, wie diese unnatürliche Kälte an ihren Fingern und Zehen nagte. Sie dachte an die Gerüchte und Warnungen, die ihr in den letzten Jahren über Prekine zu Ohren gekommen waren. Von der Richtigkeit einiger hatte sie sich bereits mit eigenen Augen überzeugen können. Andere Geschichten erzählten von grausamen Frostzaubern, die über der Erde lagen, oder von einem dichten, undurchdringlichen Gestrüpp aus Klauenefeu, das Täler und Hügel erstickte und Trevada selbst einkesselte. Sie hätte den Prinzen der Dämonenbrut gern gefragt, fürchtete jedoch seine Antwort. Bei Einbruch der Nacht gelangten sie in ein Dorf, das sich in eine Senke zwischen zwei Hügeln an einen kleinen, sumpfigen See schmiegte. In der Dunkelheit wirkte der See wie eine flache Scheibe aus glänzender Schwärze, und die Katen und Scheunen waren lediglich als Silhouetten erkennbar. Nirgendwo regte sich ein Lebenszeichen, weder Lampenlicht noch Stimmen, kein Kindergeschrei und keine Geräusche von Vieh. Als sie sich der nächstgelegenen Kate nährten, zog Orgraaleshenoth sein Schwert und fuhr mit der freien Hand darüber. Ein blassblaues Leuchten umhüllte die Klinge, und er ging zur Tür der Kate und stieß sie auf.
    Die Luft im Inneren war so bitterkalt, dass Kerens Zähne bei jedem Atemzug schmerzten und sie am ganzen Körper unkontrolliert zitterte. Die Klinge erhellte mit ihrem schwachen Licht den einzigen Raum der Kate, in dem reglose Gestalten unter Decken aneinandergeschmiegt vor einem erloschenen Herd kauerten. Die Leiche eines Mannes lag zusammengerollt am Boden neben dem Kadaver eines Hundes, eine andere saß an einem grob gezimmerten Tisch, stützte den Kopf auf einen Arm und umklammerte mit der Hand des anderen einen Dolch. Die Leichen und alles andere in dem Raum war mit einer Frostschicht überzogen, die wie ein glitzernder Mantel wirkte. Der Tod lag greifbar über allem, und Keren wich an die Schwelle der Kate zurück, während sie beobachtete, wie Orgraaleshenoth die Leichen untersuchte, den Frost von einem Gesicht oder einer Hand wischte und das gefrorene Fleisch betastete. Sie erinnerte sich an das Zelt des Heilers in Alvergost, wo der Prinz der Dämonenbrut sich der Kranken und Verwundeten angenommen hatte, und dachte über seinen Grund für eine derartig sorgfältige und gleichzeitig unpersönliche Untersuchung nach. Dieselbe Szene wiederholte sich in verschiedenen anderen Katen. Auch dort blieb Keren auf der Schwelle stehen und wärmte ihre Hände mit ihrem Atem, während Orgraaleshenoth zwischen den Toten umherging. Kerens Atem umhüllte sie in der bewegungslosen Luft wie eine graue Aura, während die Atemzüge der Dämonenbrut in langen, schweren Stößen aus seinem Mund kamen. Nach ihrer Rückkehr aus der geisterhaften Domäne von Kekrahan hatte Orgraaleshenoth wieder die menschliche Gestalt angenommen, die Keren als Raal Haidar kannte, doch jetzt wirkte sein äußeres Erscheinungsbild wie ein schlecht sitzendes Kostüm, dessen Nähte von der brutalen Kraft gesprengt zu werden drohte, die es zu verbergen suchte.
    Laut den Sagen und den Liedern waren die Wesen der Dämonenbrut die ältesten und mächtigsten Diener des Herrschers des Zwielichts, Geschöpfe, die bei der Geburt der Welt den Großen Wassern der Nacht entstiegen waren. Der Herrscher des Zwielichts hatte sie trotz der allumfassenden Dunkelheit erblickt, ihre Natur erkannt und ihnen einen Platz an seiner Seite angeboten, als Lohn für den Schwur ewiger Treue. Jeder einzelne von ihnen leistete diesen Eid und übergab so sich selbst und jeden seiner Nachkommen mit Blut und Knochen, Körper und Seele in die Dienste des Herrschers des Zwielichts. Keren stellte sich vor,

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