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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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gefolterten Sänger, Avalti:
»…ein eiserner Fuchs, unsichtbar für die Meute
…«
    Er schüttelte sich. Ich bin kein Jüngling mehr, dachte er. Ich habe einunddreißig Sommer überlebt, habe mein Maß an Kämpfen bestanden und beides gesehen, Schreckliches und Glorreiches. Aber in den letzten anderthalb Wochen habe ich mehr furchtbare Magie miterlebt als ein ganzes Geschlecht von Königen. Was können gewöhnliche Menschen angesichts solcher Macht ausrichten, außer sich in Scherze zu flüchten, bevor sie von dem Orkan hinweggefegt werden?
    Dann grinste er. Warum nicht?, sagte er sich. Wenn die Scherze nur gut genug sind, lachen die Götter vielleicht und erweisen sich gnädig.
    »Ihr amüsiert Euch, werter Cordale«, meinte Yasgur. »Worüber?«
    Gilly reagierte schnell. »Über den Ausdruck auf dem Gesicht des Akolythen, Herr. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so unvorbereitet auf göttliches Eingreifen reagiert hat.«
    Yasgur lächelte zunächst, aber dann lachte er und seine Erheiterung wuchs, bis ihm die Tränen in die Augen traten. Er zog einen zweiten Stuhl heran und setzte sich, schüttelte den Kopf und wischte sich die Augen, während Gilly ihn staunend betrachtete.
    »Ihr seid ein wunderbarer Gefährte, Gilly. Während wir daraufwarten, dass Ghazrek mit dem Essen kommt, würde ich gern Eure Meinung über dieses Treffen mit dem Großen Gebieter hören.« Welch eine Ironie!, dachte Gilly. Nach Jahren als Ratgeber von Mazaret wurde ich durch Magie mitten in das Herz unserer Feinde versetzt und soll jetzt ihren Anführern Rat erteilen. Wenn das die Vorstellung des Schicksals von einem Scherz ist, dann kann ich nur die Pointe fürchten. »Mylord«, sagte er. »Geradeheraus gesagt denke ich, dass Byrnak euren Tod will.« Yasgur wurde schlagartig ernst und strich sich über seinen gepflegten, schwarzen Bart. »Seid Ihr sicher?«
    »Ihr befehligt die stärkste Armee weit und breit und bedeutet die größte und unmittelbarste Bedrohung für Byrnak und Ystregul und ihre Pläne, welche auch immer sie hegen mögen. Also bietet er Euch die Führung eines Heeresflügels aus fremden Stämmen an, lässt seine Spione auf das erste ernsthafte Scharmützel warten, und dann …« Gilly zuckte mit den Schultern. «… wird ein Speer aus dem Dunkel oder ein geheimnisvolles Schwert Eure lebenswichtigen Organe treffen, oder ein Pfeil sich verirren, und es ist vollbracht. Man gewährt Euch ein wunderschönes Heldenbegräbnis, singt Lieder für Euren Geist und widmet Euch siegreiche Schlachten.«
    »In meinem Volk werden die Toten von den Schreien des Weibervolks vertrieben«, erwiderte Yasgur sachlich. »Bedauerlicherweise habe ich nicht vor, sie so bald um mich trauern zu lassen. Meine persönliche Wache dürfte in der Lage sein, mich vor Meuchelmördern zu bewahren.«
    »In der Hitze des Gefechts, Mylord?« Gilly schüttelte den Kopf, und dann kam ihm eine Idee. »Wenn Ihr jedoch nicht der einzige Häuptling in diesem Heeresflügel wäret…?« Eifrig drehte er sich zu Yasgur herum. »Der Rat der Häuptlinge hält heute Abend doch eine Art Siegesritus ab, ist dem nicht so?«
    »Ein Fress- und Saufgelage, an dem teilzunehmen ich die zweifelhafte Ehre habe.« »Ausgezeichnet. Wenn Ihr den versammelten Häuptlingen dort euren neuen Auftrag verkündet und gewaltige Siege voraussagt, Beute und Schlachtenruhm, der Euch mit Sicherheit bevorsteht, wäre es dann nicht wahrscheinlich, dass einige von ihnen sich freiwillig bereit erklären, mit Euch zu reiten?« Yasgur runzelte die Stirn, und Gilly konnte seine Ungeduld nur mühsam zügeln. »Nein, das geht natürlich nicht, weil ihr Platz an der Spitze ihrer eigenen Stämme sie bindet.« Seine Stimme wurde bitter. »Eine Pflicht, die mir bedauerlicherweise versagt bleibt.«
    »Und was ist mit ihren Söhnen und Brüdern?«, fragte Yasgur.
    »Einige werden sicherlich verlockt sein, aber die Ehre würde sie zwingen …«
    Er brach ab, als eine Gestalt mit mehreren in Tüchern gewickelten Bündeln die Zeltplane zurückschob und hereinkam. Ghazrek grinste, und sein Bart zeigte sichtliche Spuren einer bereits verspeisten Mahlzeit. Mit ihm wehte der Geruch von Bier in das Innere des Zeltes.
    »Endlich … Essen!«, verkündete er und kniete sich hin, um die Bündel auszuwickeln. Gillys Magen knurrte vor Hunger, als er das geröstete Geflügel, die gefüllten Ilobawurzeln, gebackene Pasteten und andere Delikatessen vor seinen Augen sah. Ghazrek förderte noch einige Flaschen starken

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