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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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beugte sich vor, und sein Gesicht verzerrte sich vor Ärger. »Wer verbreitet solche vergifteten Lügen? Meine Ehre ist unbefleckt, und meine Loyalität zur Sache meines Vaters ist ungebrochen. Wer wagt es, das zu bezweifeln?«
    »Dies hier«, sagte Byrnak und hielt den zweiten Papierstreifen empor. »Eine Nachricht von unseren Beobachtern in Besh-Darok, in der sie uns davon unterrichten, dass eine große Zahl Eurer Truppen, fast Eure halbe Armee, heute morgen ins Feld geritten ist.« Er warf die Nachricht auf den Tisch. »Ihr seid mit sechshundert Kriegern des Feuerspeer-Clans hierher gekommen, und habt offenbar vergessen, die siebentausend mitzubringen, die im Augenblick unter Waffen stehen.«
    »Großer Gebieter Byrnak«, erwiderte Yasgur. »Bevor ich abgereist bin, habe ich meine Generäle bevollmächtigt, so zu handeln, wie sie es zur Verteidigung meiner Ländereien für richtig halten. Ganz offensichtlich haben sie ebenfalls von dem Aufstand in Oumetra erfahren und unternehmen geeignete Schritte, um einen ähnlichen Aufstand in Khatris zu verhindern. Mehr Bedeutung hat diese Nachricht nicht, Gebieter, das schwöre ich Euch. Die Seele meines Vaters würde sich aus ihrem Grab erheben und mich niederstrecken, wenn ich jemals meine Hand gegen mein eigenes Volk erheben würde!«
Wohlgesetzte Worte,
dachte Obax in Byrnaks Hirn.
Er meint sie fast ehrlich.
    »Also werdet Ihr den Heeresflügel anführen?«, fragte Byrnak.
    »Das werde ich«, erwiderte Yasgur ohne zu zögern. »Die Krieger des Feuerspeer-Clans werden stolz …«
    »Der Heeresflügel besteht ausschließlich aus Kriegern des Klingen- und Blutfaust-Clans. Eure Krieger werden meinem persönlichen Befehl unterstellt, aber Ihr dürft eine kleine persönliche Garde mitnehmen, zusammen mit Eurem respektlosen Unterführer und diesem da.« Als Byrnak den Südmann ansah, fühlte er, wie sich etwas in ihm regte, eine Bewegung des Schattens in seinem Verstand, eine Präsenz, die ihre Aufmerksamkeit konzentrierte, sich in seine Gedanken schob …
Der hier ist ein Keim. Ein Keim für Verhängnis und Triumph …
    Byrnak saß da wie erstarrt, und konnte sich in dem Griff dieses dunklen Willens nicht rühren.
Dennoch ist er Beute. So wie du Beute bist. Gehorche, und du gehörst mir. Wehre dich, und du wirst vernichtet

    Byrnak wurde blutrot vor Augen. Er nahm vage aufgeregte Stimmen wahr, die immer wieder seinen Namen riefen, dann hörte er, wie Obax die Audienz rücksichtslos beendete. All das klang wie ein Flüstern im Hintergrund, während diese tödliche Stimme weitersprach, wie ein Wirbelwind stöhnte, dann wiederum barsch und hallend Silben formulierte, die eine schmerzhafte Höhe erreichten, oder zu einem tiefen, bestialischen Dröhnen herabsank, aus dem nur Fetzen und Bruchstücke von Worten zu erkennen waren.
    Als das Chaos schließlich nachließ und Byrnak wieder sehen konnte, lag er auf dem Boden seines Zeltes, in eine dicke Wolldecke gewickelt. Die Kerze auf dem Tisch verbreitete ein schwaches Licht, und in der Gestalt, die dort saß, erkannte er Obax. Der Akolyth bemerkte, dass sich Byrnak erholt hatte und beugte sich über ihn.
    »Geht es Euch gut, Gebieter? Könnt Ihr sprechen?« Das Gesicht des Priesters leuchtete vor ängstlicher Ergebenheit. Funken des Kerzenlichts reflektierten sich in den grauweißen Augen, und ein Schweißfilm überzog seine hageren Gesichtszüge und die eingefallenen Wangen. »Könnt Ihr mich verstehen?«
    Byrnak stützte sich auf die Ellbogen und lächelte boshaft. »Nur zu gut, Obax.« Er war merkwürdig erschöpft, überspielte das jedoch mit Hohn. »Wie sehr muss dich die Abwesenheit deines Gottes bedrücken, weil ich so sehr an meinem Selbst festhalte.«
    Der Akolyth wirkte erschüttert. »Gebieter, vergebt mir, aber ich hörte seine Stimme durch Euch sprechen …«
    »Und was hast du gehört?«
    Obax zögerte. »Er sprach in einer uralten Zunge, einem Tempeldialekt, der einmal in den eisigen Tälern nördlich von Keremenchool gesprochen wurde. Ich konnte nur einige Worte und Sätze verstehen, aber der Bringer schien mit sich selbst zu reden, sich Fragen zu stellen und sie anschließend zu beantworten.« Der Akolyth schüttelte sich, aber seine Miene glühte im Feuer des Glaubens. Byrnak stützte sich auf den rechten Arm und blickte nachdenklich auf die Kerzenflamme. Also hatte Obax nicht gehört, was er über Yasgurs Gefährten gesagt hatte, den Südmann, oder über Byrnaks eigenes Schicksal.
Wehre dich gegen mich und du

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