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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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gefangen gehalten worden waren, an der Wand entlang zu den Doppeltüren, während ihre Wächter anderweitig beschäftigt waren. Tauric deutete auf einen Durchgang rechts vom Thronpodest. Alael nickte, und sie krochen zusammen dorthin. Sie hatten fast zwei Drittel des Weges geschafft, als Tauric sich plötzlich an die Brust griff und auf die Seite sank.
    »Tauric, was hast du?«, fragte Alael erschreckt.
    »… Sie lässt mich nicht…«, stammelte er. »Sie will…«Die Worte gingen in erstickten Schluchzern und schmerzerfülltem Stöhnen unter, während er dalag und den Mutterkeim fest in seine Armbeuge presste.
    »Nein, Ihr werdet jetzt nicht so einfach verschwinden!«, fuhr eine Stimme sie grob an. Alael sah über die Schulter, wie die aschgraue Gestalt Kaisers Korregans auf sie zuglitt. Sofort blickte sie auf Taurics Arm, als ihr einfiel, wie sie ihn damals benutzt hatte, um ihre eigene, ungeformte Macht zu lenken. Dann sah sie den Keim, packte ihn verzweifelt und stellte sich mit ihm in den Händen der herannahenden Gefahr.
    Im selben Augenblick erhob sich aus dem Keim eine Kraft wie ein Wirbelsturm. Alael konnte sie spüren, eine stechende Hitze und ein reines Weiß, das sie zwar fühlen, aber nicht sehen konnte. Der angreifende Steingeist war nur noch wenige Meter von ihnen entfernt, und Alael versuchte, die aufsteigende Macht mit ihrem Willen zum Ausbruch zu zwingen, als ein gleißender Lichtspeer vom Thron herabzuckte und Korregan in die Seite traf.
    Mit einem Krach wie von einem gewaltigen Schmiedehammer, der auf einen Amboss trifft, barst der ehemalige Kaiser in Stücke. Große und kleine Steinbrocken flogen in alle Richtungen, und Alael wandte sich mit zusammengekniffenen Augen ab, während sich Splitter in ihr Gesicht, den Hals, und ihre nackten Arme und Hände bohrten.
    Dann war es vorbei, und sie schaute auf ihre Hände, mit denen sie den schweren Mutterkeim an ihre Brust drückte, sah die ehernen Splitter, die sich in ihre Haut gegraben hatten, und das Blut, das langsam zu ihren Handflächen rann, und die kühle, gemaserte Oberfläche des Mutterkeims benetzte …
Jetzt gehört mir die Rache!
    Es dauerte einen Moment, bis Alael begriff, dass diese ungeheure, donnernde Stimme aus ihrer Kehle gekommen und die Worte von ihren Lippen geformt worden waren.
    Ein wütender Schrei gellte von der anderen Seite des Thronsaales herüber. »Nein! Die Macht gebührt mir!«
    Während Ystregul durch den Saal auf sie zustürmte, wurde Alael inmitten einer glitzernden Aura emporgehoben. Kribbelnde Wellen aus Hitze und Kälte liefen über ihren Körper, und die Venen und Arterien ihrer Arme und Hände pulsierten in den strahlenden Farben eines Regenbogens. Es war schrecklich, und es war wunderschön.
    Fürchte dich nicht, Kind, dir wird nichts geschehen.
Sie fühlte, wie sie höher stieg, während sie gleichzeitig von allen Seiten von einem Polster umgeben schien. Sie blickte an sich herunter und bemerkte, dass die glitzernde Aura mittlerweile einem Leib ähnelte und an ihren Seiten die undeutlichen Umrisse von gewaltigen Armen schwangen. Befinde ich mich im Körper einer Gottheit?, dachte sie.
    Ystregul rannte heran und feuerte einen Lichtstrahl nach dem anderen ab. Die Wesenheit, die Alael umhüllte, streckte eine riesige Hand aus, packte ihn und hob ihn in die Luft. Sofort umzüngelten grüne und schwarze Flammen die massive, silbrige Hand.
Ich könnte diesen Teil von dir zerstören, Verräter, aber es würde meine Trauer nicht lindern. Nein, ich werde ihn zu deinen Brüdern zurücksenden, und wenn du dich in einem Körper vereint hast, werde ich mich deiner annehmen.
»Niemals!«, heulte Ystregul. »Ich werde niemals ausgelöscht werden!«
    Schweig!
    Der gewaltige Arm aus Silber schleuderte den Schwarzen Priester durch den Saal und durch das Loch in der Wand hinaus ins Freie. Dann richtete das Wesen seine Aufmerksamkeit auf den anderen Schattenkönig, der neben dem Thron stand, und war mit zwei Schritten über ihm. Die Steingeister vergaßen ihren Kampf und schwebten schleunigst außer Reichweite. Alael sah Tauric, der neben dem Thron kauerte und sie fassungslos anstarrte.
    Der Verborgene, der Schattenkönig in der goldenen Rüstung schwebte langsam in die Höhe.
Ich will sehen, woraus du gemacht bist.
    Rüstung und Helm schmolzen und enthüllten einen muskulösen Mann in einer weißen Tunika, dessen Gesicht vor Wut verzerrt war. Während Alael ihn ungläubig ansah, drang Taurics entsetzter, fassungsloser Schrei an

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