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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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ich in Gefahr bin, tötet ihn.« Als sie die beiden bereit standen, starrte er Obax lange an und nickte schließlich.
    »Beginne!«
    Als sie zur Lichtung zurückkehrten, war es Nacht. Die meisten seiner Männer lagen bereits in ihre Decken gewickelt um einige Lagerfeuer und schliefen. Byrnak schickte seine Wachen weg und sagte Obax, er solle nach Belieben essen und sich einen Schlafplatz suchen. Der Akolyth neigte wortlos den Kopf und trat an das nächste Feuer. Er ignorierte den dampfenden Topf, der auf der Flamme stand, setzte sich auf einen dicken Ast und wickelte sich in seine Kutte.
    Byrnak ging mit schweren Schritten in sein Zelt - das einzige, das seine Männer aufgebaut hatten - taumelte durch die Planen am Eingang in das mit einer Lampe erhellte Innere und ließ sich auf sein mit Fellen bedecktes Lager fallen. Unter den Fellen regte sich etwas. Die Frau setzte sich auf und starrte ihn entsetzt an, doch er blickte immer noch in die undeutlichen Regionen des Reiches der Dämmerung, in den Wald aus blassen, skelettartigen Bäumen, deren spröde Zweige in verdrehten Bruchstücken endeten, die sich im dichten Unterholz verloren. Und an die beiden gewaltigen Türme, aus deren Pfeilern Geister strömten, den zerfallenden, hohlen Steinkoloss mit seinem verstümmelten Mund, der Verse in einer unverständlichen Zunge murmelte. Dort, im Reich der Dämmerung, nahm Obax die Gestalt eines Todeshengstes an und trug Byrnak an all diesen Ansichten und an noch viel mehr vorüber. Schließlich brachte er ihn zu einem gewaltigen, zerschmetterten, gipfellosen Berg und dem Ehrfurchteinflössenden Wunder, das in seinem Kern pulsierte: der Brunn-Quell. Als Byrnak jetzt versuchte, sich an dessen Form zu erinnern, brachte er nur bruchstückhafte Bilder in seinem Kopf zustande. War es ein Herz, das eine schillernde Flamme schlagen ließ, oder eine Gischtschäumende Wassersäule, oder ein heulender Wirbelwind, in dem Blitze zuckten, oder eine Wolke aus verschiedenen, kristallinen Ebenen? Er konnte sich jedoch noch genau erinnern, wie es zu ihm gesprochen hatte, an das kalte Feuer gewandt, das in seinem Kopf loderte. Es kannte ihn, und es kannte auch seine Bestimmung.
    Byrnak bemerkte den forschenden Blick der Frau, ging zum Lager und schlug die Felle zurück. Sie war nackt. Ihre blasse Haut und ihre runden Formen weckten seine Lust. Er nahm sie und verschaffte sich Befriedigung. Sie gab dabei keinen Laut von sich. Erst als er von ihr abließ, sprach sie. Ihre Stimme war voll verzweifeltem Verlangen: »Wer bin ich? Bitte, sag es mir! Wer bin ich?«

5

    Hin zu den gierigen Schlünden der Schlacht reiten sie,
mit ihrem ergrauten Haar und rostigen Klingen.
    KOVALTI, Ode an die Krieger
    Im Bachruz-Gebirge brach ein Herbstmorgen an. Es war kalt, aber nicht eisig, und der Himmel war grau, aber ohne Drohung eines Wolkenbruchs.
    Nebel verhüllte gnädig die schroffen Felszacken und Nadeln und verbarg auch die wenigen Bäche, die sich durch Schluchten und Abgründe wanden, die zahllose Sommer und Winter in diese Berge eingegraben hatten.
    Ein Fluss ergoss sich von den höchsten, schneebedeckten Hängen hinab, rauschte durch moosige, mit Felsbrocken übersäte Rinnen, bis er schließlich die oberen Regionen eines hochgelegenen, geschützten Tales namens Krusivel erreichte. Dort verlor die Strömung an Kraft, und der Fluss verbreiterte sich zum Norden des Tales, wo er in einen kleinen See mündete, an dessen Ufern sich eine Stadt erstreckte. Vom nordöstlichen Ufer des Sees führte dieser Fluss weiter zu einer Einkerbung am Rand eines steilen Abhangs. In der Nähe lag ein natürlicher Felsenturm, der sich aus den Klippen erhob. Der Strom ergoss sich über die Klippen, stürzte aus ungeheuerer Höhe in die Tiefe und hüllte die kahlen Felsen am Boden in eine unaufhörliche Gischt.
    Ein Philosoph hätte fragen mögen, warum etwas eine solch lange Reise unternahm, nur um sich dann in die Vergessenheit zu stürzen.
    An diesem Morgen saßen zwei Männer auf einem Felsen am Rand der Wasserfälle. Der größere und ältere der beiden trug eine dicke, wollene Hose und ein abgenutztes schwarzes Lederwams. Sein Gefährte war klein und stämmig. Seine Jacke wies eine Vielzahl von Taschen auf. Er goss hellen Wein in einen Holzbecher und reichte ihn dem anderen.
    Ikarno Mazaret, Lordkommandeur des Ritterordens vom Vater Baum nahm den Becher entgegen und trank einen Schluck. Er ließ das Aroma in seinen Rachen steigen, bevor er schluckte. Dann pfiff er

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