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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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sich ebenfalls vor ihm selbst.
    Er musste immer wieder an den entsetzlichen Albtraum mit den drei behelmten Reitern denken. War er an der Schlucht auch von dem Fragment des Herrschers des Zwielichts besessen gewesen? Was er dort getan hatte… Er hatte nicht nachgedacht, bevor er den Feuerball mit der Hand formte, sondern einfach nur danach gegriffen, und die Flamme war erschienen. Und dann Kerens Doppelgängerin … Eine kalte Wut hatte ihn gepackt. In seinem Kopf rasten die Gedanken, und von einem Augenblick zum nächsten hatte er entschieden, das Spiegelkind zu erschaffen. Das alles geschah mit einer rücksichtlosen und grausamen Verzückung, die ihn gleichermaßen mit Freude und Furcht erfüllte. Er warf einen Blick auf Nerek, die müde in ihrem Sattel schwankte und erschauerte vor Vergnügen. Seine Gedanken schienen größer und stärker zu sein, und die Welt kam ihm kleiner vor, williger, sich von ihm verändern und führen zu lassen. Byrnak grinste und hätte am liebsten den Kopf zurückgeworfen und vor Lachen gejohlt, die Berge herausgefordert, den Himmel, den Tag und die Nacht… Sollten sie sich ihm doch widersetzen …
    Ein Reiter, ein Kundschafter, der vorausgeritten war, trabte um eine Biegung der Schlucht vor ihnen, näherte sich Byrnak und zügelte sein Pferd neben ihm.
    »Herr, wir sind weiter voraus auf vier Männer in einer Lichtung gestoßen. Ihr Anführer sagt, er wünscht mit dir zu sprechen.«
    »Um wen handelt es sich?«, erkundigte sich Byrnak, der starr geradeaus blickte, während er Weiterritt. »Ihrer Kleidung nach sind es Händler«, erwiderte der Kundschafter. »Aber nur ihr Anführer zeigt sein Gesicht.«
    »Dann wollen wir sie nicht warten lassen.« Er spornte sein Pferd an, und seine Meute folgte ihm im Galopp.
    Die Lichtung lag im schattigen Schutz uralter Bäume. Der Regen prasselte auf ihr Blätterdach, von denen kleine Bäche auf das niedergedrückte Gras rannen. Als Byrnak auf die Lichtung ritt, nahm er die Fremden mit einem Blick wahr. Vier Männer, die Umhänge über ihren Lederharnischen trugen. Drei von ihnen saßen auf einem Baumstamm. Längliche Helme verdeckten ihre gesamten Gesichter. Er stieg rasch ab und ging zu dem vierten, einem großen grauhaarigen Mann, der keinen Helm trug und mit gesenktem Kopf abseits von den anderen stand.
    »Wer seid Ihr?«, erkundigte sich Byrnak.
    Der Mann hob den Kopf und Byrnak musste sich zusammenreißen, um keine Reaktion zu zeigen. Die Augen des Fremden waren vollkommen weiß.
    »Ich heiße Obax«, sagte er. Seine Stimme war dunkel und kräftig. »Eure Brüder haben mich zu Euch gesandt, und ich soll Euch in ihrem Namen grüßen.«
    Bilder des Albtraumes schössen Byrnak durch den Kopf, die behelmten Reiter, Pferde, deren Augen farblose Linsen waren. Ohne seinen Blick von den schmalen, faltigen Zügen des Mannes abzuwenden, streckte er die Hand aus und deutete auf dessen Begleiter. »Und die da?«
    »Sind meine Diener und Leibwache.«
    »Da du jetzt unter meinem Schutz stehst, hast du keine weitere Verwendung für sie.« Er gab einem seiner Unterführer ein Zeichen. »Tötet sie!«
    Der Kampf war kurz und brutal. Als er vorüber war, hatte Byrnak einen Mann verloren, und ein anderer hatte seine Hand eingebüßt. Aber die drei Fremden lagen niedergemetzelt am Boden. Man hatte ihnen die Helme heruntergerissen, und sah jetzt ihre bestialischen Schnauzen. Während all dies geschah, zeigte der Mann, der sich Obax nannte, nicht die geringste Gemütsregung. Byrnak befahl seinen Männern, ein Lager aufzuschlagen und kommandierte zwei seiner besten Kämpfer zu seiner Begleitung ab, während sich Obax widerstandslos von ihm in das dunkle Unterholz zerren ließ. Sobald sie sich außer Sichtweite der Lichtung befanden, drehte sich Byrnak zu Obax herum. »Wer bist du? Warum bist du hier?«
    »Ich genieße die Ehre, Akolyth zu sein, ein Nachtbruder des Pfades der Dämmerung.« Die blassen, milchigen Augen schienen durch Byrnak hindurchzustarren. »Meine Pflicht und meine Freude ist es, Euer Knecht zu werden, Euch durch das Reich der Dämmerung zu führen und Euch den Großen Quell zu zeigen.«
    Byrnak fuhr sich langsam mit der Zunge über seine trockenen Lippen. »Wie willst du das bewerkstelligen?«
    »Ich zeige es Euch.« Obax hob seine Hand mit den langen, schlanken Fingern in die Höhe. »Sofort.« Byrnak wäre beinahe zurückgewichen, blieb jedoch stehen und sagte zu seinen beiden Männern: »Zieht die Schwerter und stellt euch neben ihm auf. Wenn

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