01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
regelmäßig tut, verlernt es.“
„Ich tu es doch, Mom.“ Was erzählte ich denn da? Das war meine Mutter. Wie peinlich war das denn! „Bei mir ist in dieser Beziehung alles in bester Ordnung. Das mit Wilson sollte halt einfach nicht sein.“ „Na gut.“
„Tut mir leid wegen der Drinks. Wir reden dann später.“ „Eigentlich hatte ich dich gar nicht angerufen, um mit dir über Wilson zu sprechen.“ „Nicht?“
„Nein. Es geht um Louisa. Sie macht sich langsam wirklich Sorgen wegen der Mitternachts-Soiree. Ich habe ihr versichert, dass du sie ganz bestimmt nicht enttäuschen wirst. Aber nachdem sie bislang noch nicht einen einzigen passenden Vampir vorgeschlagen bekommen hat, erwägt sie ernsthaft, sich ihr Geld zurückgeben zu lassen.“
„Aber das geht nicht.“ Weil ich nämlich das Geld schon für ein paar unbedingt notwendige Dinge ausgegeben hatte. Bürobedarf. Die Telefonrechnung. Einen neuen Schal von Hermes. „Ich werde jemanden für sie finden.“
„Sie wartet nicht gerne.“
„Bis zum Wochenende habe ich jemanden für sie gefunden. Ich bringe ihn dann am Sonntag mit zur Jagd, da kann sie ihn kennenlernen.“
„Ausgezeichnet, Liebes. Dann sehen wir uns am Sonntag.“
„Ich gehe jetzt.“ Evie steckte ihren Kopf in mein Büro. Sie warf nur einen Blick auf mein bleiches Gesicht und runzelte die Stirn. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“
„Sicher.“
„Rasten Sie gleich aus oder könnte Sie eine Schachtel Pralinen besänftigen?“
„Vielleicht ein Appletini.“
Sie grinste und winkte mich mit gekrümmtem Zeigefinger zu sich. „Dann kommen Sie mal lieber mit.“
„Sie sollten zufrieden sein“, ermahnte mich Evie eine halbe Stunde später, als wir in einer nahe gelegenen Bar saßen. In der Mitte des Tisches standen einige leere Martinigläser. „Es beginnt schließlich gerade zu laufen. Langsam, aber sicher.“
„Das weiß ich doch.“ Ich hob mein neues Glas an die Lippen und schlürfte den herb-säuerlichen Drink. „Nur dass langsam, aber sicher in Mrs Wilhelms Wortschatz nicht vorkommt.“
„Ich habe einen alleinstehenden Großonkel.“ Evie steckte sich eine Kirsche in den Mund und kaute. „Bernie Kopecki“, sagte sie, nachdem sie geschluckt hatte. „Er ist Darlehensberater im Ruhestand. Witwer. Er geht nicht viel raus, weil er ein schlechtes Gedächtnis hat und immer vergisst, wie er wieder nach Hause kommt.“
Trotz des Dunstschleiers aus Appletinis, der mich umwölkte, wurde ich schon wieder etwas munterer und spitzte die Ohren. „Wie alt ist er genau?“
„So an die neunzig, aber er ist bei bester Gesundheit. Für einen Neunzigjährigen, meine ich. Sie sagten doch, dass Mrs Wilhelm alt ist. Sie sollten bestens miteinander auskommen.“
Bei dem Szenario, das in meinem Kopf Gestalt anzunehmen begann, gab es zwei dicke Fehler. Erstens war dieser Großonkel ein Mensch und Mrs Wilhelm nicht. Und zweitens waren sie zwar tatsächlich fast im selben Alter (sie war ein jüngerer Vampir und hatte gerade erst ihren hundertneunzehnten Geburtstag gefeiert), doch sah er dabei wie neunzig aus und sie ungefähr wie neunundzwanzig.
Auf der anderen Seite waren meine Auswahlmöglichkeiten beschränkt.
„Meinen Sie, er hätte Lust, mal auszugehen?“ Nicht dass ich zugestimmt hätte.
Aber da der Sonntag immer näher rückte, war es zumindest eine Überlegung wert.
„Ich bin sicher, ich könnte ihn dazu bringen. Er ist wirklich süß und es ist schon eine Ewigkeit her, seitdem er jemanden hatte, mit dem er seinen Griespudding essen konnte. Mag Mrs Wilhelm Griespudding?“
„Das wage ich zu bezweifeln.“ Das war verrückt. Sie hatten überhaupt nichts gemeinsam, bis auf die Tatsache, dass sie alt waren. Nur eben, dass er auch alt aussah, sie aber nicht. Er verhielt sich wie ein alter Mann und sie nicht.
Sie hatten überhaupt nichts gemeinsam.
„Das ist Onkel Bernies Lieblingsessen“, fuhr Evie fort und nippte an ihrem frischen Appletini. „Er hat ganz schön abgenommen und sein Gebiss passt nicht mehr so richtig. Das heißt, es fallt raus, wenn er in etwas Festes beißt.
Also hält er sich meistens an weiche Nahrungsmittel und Flüssiges. Er steht überhaupt so richtig auf alles Flüssige. Hat Mrs Wilhelm nicht auch erzählt, dass sie sich vorwiegend von Flüssigkeit ernährt?“
Ich lächelte. Es war nicht viel, aber ich war bereit, zu nehmen, was ich kriegen konnte. „Dann bringen wir die beiden mal zusammen.“
„Zum letzten Mal, ich gehe nicht“,
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