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01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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bringen.
    Aber es wurde durch
häufiges Nicken, manchen Wink oder ein anzügliches Lächeln doch mehr als
angedeutet. Lady Disher blieb es schließlich überlassen, ihn am Ende des Abends
beiseite zu nehmen und ihm einen Geldbetrag zu nennen, der seine Augen wie
Saphire aufleuchten ließ.
    Er war darauf gefasst,
auf scharfe Konkurrenz zu stoßen, aber das Schicksal spielte ihm in die Hände.
Denn Lord Harrington hatte ja beschlossen, sich auf seine Güter zu begeben. Es
galt einen Grenzstreit zu schlichten und an den Hütten der Pächter Reparaturen
durchzuführen. Mit dem Gutsverwalter musste er über neue landwirtschaftliche
Verfahren sprechen und daneben noch unzählige andere Dinge erledigen, alles
zusammen übergenug, um ihn zu überzeugen, dass er die Stadt unbedingt verlassen
müsse.
    In Wirklichkeit
hatte sich der vorsichtige Lord dafür entschieden, sich so lange von Fiona
Sinclair fernzuhalten, bis er erfahren hatte, ob sie aus guter Familie stammte.
Alle seine Theorien über Stammbäume und die behutsame Auswahl der Ehepartnerin
waren sonst in Gefahr. Er fühlte sich inzwischen von Fiona geradezu behext, sie
war wie eine Art Krankheit über ihn gekommen. Es empörte ihn zusätzlich, dass
es nichts weiter als ein Mädchen sein sollte, was ihn derart versklavte.
    So kam es, dass
Lord Harrington vom Schauplatz verschwunden war und mit ihm die wichtigste
Person, die vielleicht warnend eingeschritten wäre, ehe Fiona Edwards Zauber
verfiel. Sicher hätte auch Mr. Toby Masters, der Freund von Lord Harrington,
warnend den Finger erhoben. Doch leider war auch er zusammen mit dem Lord
abgereist.
    Der zweite Trumpf,
den Fortuna Sir Edward zuspielte, bestand darin, dass Alice, das Hausmädchen in
der Clarges Street 67, die Masern bekam. Diese neueste Geißel Londons war fast
mehr gefürchtet als die Cholera. Konkurrierende Freier, die von der Seuche in
Nr. 67 erfuhren, blieben daher weg. Sie begnügten sich damit, Gedichte und
Blumensträuße zu schicken. Unser Schwerenöter hatte dagegen bereits die Masern
gehabt und war deshalb vor Ansteckung geschützt, ein Umstand, den er Fiona
wohlweislich zu verschweigen gedachte.
    Einen weiteren
glücklichen Zufall bedeutete für ihn das Erscheinen von Sir Andrew Strathkeith.
Mr. Sinclair hatte nämlich eingesehen, dass er Fiona, solange die Masern im
Haus waren, nicht unter die Haube bringen konnte, und tröstete sich nun damit,
von morgens bis abends in Gesellschaft von Sir Andrew zu zechen. Er neigte
inzwischen auch zu der Ansicht, dass Fiona allein auf sich aufpassen könne, vor
allem, wenn er seine Kassette öffnete und feststellte, dass mehr Geld als zuvor
darin war. Sein früher ausgesprochenes Verbot, weiterhin dem Glücksspiel zu
huldigen, vergaß er dabei zweckmäßigerweise.
    Durch die starken
alkoholischen Getränke und den Rückfall in seine alte Genusssucht egoistisch
geworden, überließ er es Fiona, das Hausmädchen zu pflegen. Dass sie das
persönlich übernahm, obwohl sie doch leicht eine Pflegerin hätten anstellen
können, erschien Mr. Sinclair keineswegs seltsam. Er kannte viele schottische
Damen, die ihre Dienstboten hingebungsvoll gepflegt hatten. Denn in
schottischen Häusern betonte man die Standesunterschiede nicht so sehr wie in
englischen.
    So stand alles
recht günstig für Sir Edward.
    Noch ein anderer
glaubte, dass Alices Masern auch etwas Gutes mit sich brächten, nämlich Joseph.
Und das kam so: Joseph hatte zwar an dein lässigen Umgangston, wie er in den
schweren Zeiten in der Gesindestube geherrscht hatte, durchaus Gefallen
gefunden, aber mit dem Auftreten nach außen nahm er es peinlich genau. Der
»Eilige Lakai« war der gesellschaftliche Mittelpunkt seiner Welt. Pingelig und
überempfindlich, wie er nun einmal war, schien ihm deshalb Lukes Werben um ein
Hausmädchen nicht nur Luke, sondern auch ihn als seinen Freund in den Augen der
gehobenen Dienerschaft, die in der Kneipe verkehrte, herabzusetzen.
    Als Luke ihm
Blumensträußchen und Briefchen überreichte, damit er sie Alice ins Krankenzimmer
bringe, gab er diese Liebeszeichen statt dessen Jenny. Aufkeimende
Schuldgefühle bekämpfte er mit dem Gedanken, er bewahre ja Luke vor dem Spott
seiner Standesgenossen. Jenny errötete, wenn sie die Blumen und Briefchen
entgegennahm. Sie vermutete, der wankelmütige Lakai habe sich von Alice ab-
und ihr zugewandt. Joseph fürchtete zwar, Luke könnte ihm auf die Schliche
kommen, aber er war überzeugt, dass er ihm eines Tages dankbar sein

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