01 - Wie Feuer im Blut
Nerven zu verlieren.
»Nun?«
drängte sie.
Damien
zuckte mit den Achseln. »Wenn wir schon unter einem Dach wohnen, sollten wir
doch wissen, mit wem wir es zu tun haben, meine ich.«
»Ich
weiß, wer Sie sind«, sagte Bonnie. »Ich weiß eine Menge über Sie.«
»So?«
»Ich
höre doch, was die Dienstboten reden.«
»Ah, du
bist eine Lauscherin. Gut, dass du mir das sagst. Ich werde in Zukunft nur noch
flüstern, wenn es wichtige Dinge zu besprechen gibt.«
Sie
kicherte. »Ich weiß, dass Sie heute dreiunddreißig Jahre alt geworden sind. Sie
lesen gern Shakespeare ... «
»Woher
weißt du das?«
»Weil
ich das Buch gesehen habe, das Lady Miles Ihnen geschenkt hat.«
Überrascht
fragte Damien: »Du kannst lesen?«
»Natürlich
kann ich lesen!« Sie verdrehte die Augen. »Halten Sie mich etwa für einen
kompletten Schafskopf?«
»Dann
bist du also zur Schule gegangen.«
»Manchmal.
Wenn meine Ma und mein Pa meine Hilfe nicht brauchten. Meine Ma hat mich
unterrichtet, wenn ich nicht zur Schule gehen konnte.«
»Ich
wette, du hast auf einem Bauernhof gelebt.«
»So
ungefähr. Wir hatten ein paar Kühe und Hühner. Und eine Sau - sie hieß
Sue. Mein Pa hat sie so getauft, weil sie ihn an ein Mädchen erinnerte, das er
beinahe geheiratet hätte.«
Sie
lachten beide.
Damien
schob eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. »Dein Pa muss viel Sinn für Humor gehabt
haben.«
»Ja. Er
hatte auch viele Träume.«
»Zum
Beispiel?«
»Er
wollte Schafe züchten.«
»Schafe!
Gütiger Gott!«
»Was
ist verkehrt an Schafen?« forschte Bonnie.
»Erstens
- sie riechen.«
»Ich
mag Schafe. Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich eines Tages einen
Schafzüchter heiraten werde.«
»So was
höre ich zum ersten Mal. Die meisten jungen Damen träumen doch davon, dass sie
einen Prinzen heiraten werden.«
»Hören
Sie auf«, meinte Bonnie lachend. »Was soll denn ein verdammter Prinz mit mir
anfangen?«
»Es
sind schon seltsamere Dinge passiert, meine Kleine. Hast du denn nicht das
Märchen von Aschenputtel gelesen? Nein? Ein hübscher Prinz lernt ein armes,
aber schönes Mädchen in seinem Königreich kennen. Sie verlieben sich ineinander
und heiraten.«
Das
Schweigen schien sie nun beide zu verschlucken. Bonnie blickte zur Seite, und
Damien ließ die Hände sinken.
Eine
volle Minute verstrich, bevor sich Bonnie von Damien löste und ans Fenster
ging. »Blödsinn«, sagte sie schließlich. »Es ist ein Unterschied, ob ich ein
Märchen lese oder glaube, dass so etwas wirklich passieren könnte. Außerdem
denke ich, dass es langweilig wäre, wenn man mit einem reichen Mann verheiratet
wäre. Das sollte keine Beleidigung sein«, fügte sie rasch hinzu und warf Damien
einen Blick zu. Sein Gesicht wirkte blass im Mondlicht, seine Augen waren
schwarz. Eine dicke schwarze Haarsträhne war ihm in die Stirn gefallen. Sie
holte tief Luft.
»Warum?«
fragte er ruhig.
»Zum
einen gäbe es nichts, was ich mit ihm gemeinsam hätte. Nehmen wir einmal an ...
« Sie stockte. »Nehmen wir einmal an, Sie und ich würden heiraten ... « Sie
blickte aus dem Fenster und lachte. Oder sie versuchte es wenigstens. Sie
lauschte, ob eine ähnliche Reaktion von Damien kam; aber hinter ihr herrschte
Schweigen. »Sie mögen ja nicht einmal Schafe. Ich würde gern mit Ihnen über die
Aufzucht von Lämmern reden wollen, und Sie möchten mir erzählen, was irgendein
Lord im Parlament gesagt hat. Ich würde gern ein Picknick im Moor machen; aber
Sie sehnen sich nach einem Tee in einem muffigen alten Salon mit einem
muffigen alten ... «
»Ich
mag keinen Tee.«
Bonnie
klappte den Mund zu.
»Ich
picknicke gern im Freien.«
»Mit
Gänseleberpastete und Petits Fours, schätze ich.«
»Mit
einem Laib Schwarzbrot, Käse, einer guten Flasche Wein oder einem Liter Bier.«
»Hören
Sie auf.« Sie ergriff mit beiden Händen das Fensterbrett. »Das ist der Lunch
eines Bauern auf dem Feld. Warum sollte ein reicher Mann so etwas essen wollen?«
Sie
spürte, dass er sie anstarrte. Ein Herzschlag verging, ehe er antwortete. »Du
magst mich nicht, nicht wahr?«
»Sie
haben keine Ahnung von der wirklichen Welt. Sie wissen nicht, wie es ist, wenn
man sein ganzes Leben lang arbeiten muss. Dass man Schwielen an den Händen
bekommt. Und dass man nach der langen Arbeit noch immer nichts vorweisen kann.
Haben Sie sich je Sorgen machen müssen, dass Sie Ihr Haus verlieren könnten,
weil Sie Schulden haben? Ein Heim, das Sie mit ihren eigenen Händen im
Schweiße
Weitere Kostenlose Bücher