01 - Wie Feuer im Blut
und suchte das Fenster von Bonnies Zimmer. Er
leerte seine Tasse, reichte sie Jewel und sagte: »Dieses Mädchen ... «
»Bonnie«,
erinnerte sie ihn.
»Richtig.
Bonnie. Ist sie schon fort?«
»Fort,
Mylord? Sollte sie denn gehen?«
»Sie
ist noch im Haus?«
»Das
kann ich Ihnen leider nicht sagen, Mylord.«
»Und
wie steht es mit meinem Onkel? Ist er schon aufgestanden?«
»Nein,
Mylord. Wir sollen ihn um neun wecken, Mylord keine Minute früher oder später.«
Damien
runzelte die Stirn. Es schien, dass Sitwell mit zunehmendem Alter immer
exzentrischer wurde. »Gib mir Bescheid, sobald er herunter kommt. Ich bin in
der Bibliothek, falls ihr mich braucht.«
Jewel
machte einen Knicks und eilte davon, während Damien auf das Haus zuging und
dabei mit der Gerte gegen die kniehohen Schäfte seiner Reitstiefel schlug. Als
er vor der Tür der Bibliothek anlangte, blieb er abrupt stehen. Miles, angetan
mit Reithose, Stiefel und rotem Jackett, saß hinter dem Schreibtisch und
schaute Damien grinsend an.
»Was,
zum Teufel, machst du hier?«
»Ich
hatte die Absicht, mich der Jagdgesellschaft anzuschließen. Ehrlich. Aber ich
bin ein bisschen zu spät aus dem Bett gekommen - man hat wohl versäumt,
mich rechtzeitig zu wecken - und als ich mich zum Stall begeben wollte,
begegnete ich einem Kurier vor der Haustür.« Lächelnd hielt er mit zwei Fingern
einen Brief in die Höhe. »Das ist vor wenigen Minuten für dich gekommen.«
Damien
trat an den Schreibtisch und riss Miles den Umschlag aus der Hand. Er erkannte
die Schrift auf den ersten Blick. Sein Verwalter hatte ihm geschrieben.
»Schlechte
Nachrichten«, verkündete Miles und lehnte sich zurück.
Das
Siegel war erbrochen. Miles hatte den Brief offensichtlich gelesen. Doch die
Empörung, die Damien darüber empfand, wurde ein wenig von der Angst gedämpft,
dass der Brief tatsächlich schlechte Nachrichten enthielt. Er zog ihn langsam
aus dem Kuvert und faltete ihn auseinander.
»Es
scheint, dass die Truppen aufsässig werden, Dame. Wenn ein Dutzend Schwarze
ihre Hacken und Schaufeln niederlegen, um sich den Soldaten der Union
anzuschließen, verspricht das wenig Gutes für die kommende Baumwollernte,
nicht wahr? Wie dein Verwalter schreibt: >Ein Dutzend heute, morgen
vielleicht schon zwei Dutzend.< Wer, zum Henker, soll dort also Heim und
Herd verteidigen, wenn Lincolns Armeen in Vicksburg einmarschieren?«
Damien
zerknüllte den Brief in der Faust.
Miles
verließ den Sessel, kam um den Schreibtisch herum und baute sich vor Damien
auf. »Wie fühlt man sich, wenn einem das, was man liebt, einfach so
weggenommen wird, Mylord? Wenn man ohnmächtig dabeistehen muss und nichts dagegen
unternehmen kann? Es ist so, als bekäme man einen Schlag in den Magen, nicht,
wahr? Da würde man gern seine Wut an jemand anderem auslassen. Stimmt's Dame?«
»Geh
zur Hölle.«
Miles
warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Deinem Gesicht nach zu schließen,
wirst du noch früher dort eintreffen als ich.« Er sah sich in der Bibliothek
um. »Genieße dein Fegefeuer, Mylord. Du hast es verdient.«
Miles
verließ den Raum. Damien horchte auf die Schritte seines Halbbruders, die durch
den Korridor hallten, warf den zerknüllten Brief auf den Boden und stürmte aus
der Bibliothek. Als er die Halle erreichte, war Miles nicht mehr zu sehen.
Damien stand am Fuß der Treppe und schlug mit der Gerte gegen seine
Reitstiefel. Wenn er sich jetzt an Miles vergriff, würde er es später bereuen.
Miles hatte recht. Seine Hilflosigkeit machte ihn rasend. Krank. Er hatte sich
nach Kräften bemüht, sich seelisch auf das Unvermeidliche vorzubereiten.
Jeder hatte ihn gewarnt, dass sich seine Idee, freigelassene Negersklaven auf
seiner Plantage zu beschäftigen, nicht auszahlen würde. Er verstand die
Gefühle dieser Männer. Er konnte nicht erwarten, dass sie sich auf die Seite
der Leute stellten, die für die Beibehaltung der Sklaverei kämpften.
Aber er
hatte seine Reaktion auf die neue Lage nicht vorausgesehen. Himmel, was sollte
er jetzt tun? Er konnte sich nicht einmal mehr als Engländer bezeichnen. Er
fand die Ideale der Peers abgeschmackt, ihren Zeitvertreib frivol. Und doch
wartete er darauf, sie im Parlament um die Unterstützung von Leuten zu bitten,
deren Ideale er auch nur mit Einschränkungen gutheißen konnte. Und Braithwaite.
Was, zum Teufel, sollte er mit diesem Besitz anfangen? Er konnte doch nicht
einfach einem Erbe den Rücken kehren, um das seine Vorfahren
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