Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Wie Feuer im Blut

01 - Wie Feuer im Blut

Titel: 01 - Wie Feuer im Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Sutcliffe
Vom Netzwerk:
bleiben?
Was war sie denn für ihn? Gesindel, hatte er gesagt. Eine Göre, die nur die
Kleider besaß, die sie auf dem Leib trug und ein loses Mundwerk und einen
unglaublichen großen Appetit hatte. Ein Waisenkind, das sich in seiner
Verzweiflung und seinem Fieberwahn hierher verirrt hatte. Sie bedeutete ihm
nichts und brachte ihm nur Ärger, und wenn es' etwas gab, was die Aristokratie
mehr haßte als einen Skandal, dann war das Ärger.
    Dennoch
würde sie nicht vor ihm kuschen. Ihr gekränkter Stolz hinderte sie daran.
Hatte ihr Stolz ihr nicht die Kraft gegeben, fünf Jahre lang Birdie, Caldbergh
und die Gleichgültigkeit der unwissenden Bevölkerung lebend zu überstehen? Er
würde ihr auch helfen, ihre Verbannung aus Warwicks Haus zu verkraften.
    Mit
erhobenem Kopf und gestrafften Schultern marschierte sie die Treppe hinunter.
Sie hatte gerade die Haustür erreicht, als sie Warwicks tiefe Stimme im
Dunklen rufen hörte: »Bonnie!«
    Sie
erstarrte und drehte sich dann langsam zur Treppe um. Er stand oben auf dem
Treppenabsatz - eine schweigende Silhouette. Dann kam er die Treppe so
weit herunter, bis das Mondlicht, das durch ein Fenster in der Nähe der Tür
sickerte, sein Gesicht schwach beleuchtete.
    »Es ist
spät«, sagte er. Seine Augen, die eben noch so kalt wie Eis ausgesehen hatten,
wirkten nun verstört. »Es ist schon zu spät«, wiederholte er mit mehr
Nachdruck. Ach schlage vor, dass du mit deinem Abschied von Braithwaite
wartest, bis es hell geworden ist«, fuhr er fort. »Es könnte für lange Zeit die
letzte Gelegenheit für dich sein, in einem anständigen Bett zu schlafen.«
    Sie
machte wieder einen Schritt auf die Treppe zu und fragte: »Bitten Sie mich,
hierzubleiben, Warwick?« Sie hielt den Atem an.
    Die
Antwort ließ einen Moment auf sich warten. »Das nicht«, gab er dann knapp
zurück. »Ich erlaube dir, hierzubleiben. Zumindest bis morgen früh. Dann
werden wir noch einmal darüber reden.«
    Bonnie
stand zitternd in der kalten Vorhalle. Vielleicht war es eher die Erleichterung
als die Kälte, die dieses Zittern auslöste. Aber irgendwie spürte sie, dass es
mehr war als nur Erleichterung. Sie ließ ihn nicht aus den Augen, als sie
zurückging und die Treppe hinaufstieg.
    Als sie
sich nur noch eine Stufe unter ihm befand, gab er ihren Blick mit einer so
grimmigen Intensität zurück, dass ihr der Atem stockte. Es war ein Duell
zwischen ihnen, in dem sie darum kämpfte, sich kühl und gleichgültig zu
geben, während er sie mit seiner Unnahbarkeit zu beeindrucken suchte. Bonnie
holte tief Luft und sagte: »Ich werde schon in aller Frühe Ihr Haus verlassen.
Ich falle Ihnen keinen Tag länger zur Last. Da können Sie ganz beruhigt sein.«
    Er
wollte etwas erwidern, besann sich aber anders, schob die Hände in die Taschen
und wandte sich ab.
    Sie
lief mit laut pochendem Herzen an ihm vorbei, blieb oben noch einmal stehen und
sagte in einem spöttischen, fast hämischen Ton: »Gute Nacht, Mylord.«
    Es
dauerte eine Weile, bevor seine leisen Worte aus dem Dunklen drangen: »Gute
Nacht, Bonnie.«

Sechs
    Damien verließ die
Jagdgesellschaft, bevor der Fuchs erlegt war. Er lenkte sein Pferd nach
Braithwaite zurück und trieb es zur höchsten Eile an. Als er das Haus
erreichte, waren die Flanken des Tiers mit Schaum bedeckt.
    Auf dem
makellos kurz geschorenen Rasen standen bereits Tische und Stühle für die
Rückkehr der Jäger bereit. Diener eilten hin und her, um Gedecke aus kostbarem
Porzellan aufzulegen.
    Als
sich Damien aus dem Sattel schwang und sein Pferd einem Stallburschen
überließ, eilte Jewel mit einer Tasse heißem Kaffee auf ihn zu. »Ihr Kaffee,
Mylord. Werden die anderen auch gleich kommen?« fragte sie.
    »Bald«,
erwiderte er knapp. Er nahm ihr die Tasse ab. Seine Hände zitterten.
    »Ist
etwas nicht in Ordnung, Mylord?« fragte Jewel mit besorgter Stimme.
    »Nein.
Wieso?« Er nahm einen Schluck aus seiner Tasse. Sie hatte ihn mit Brandy
versetzt. Er bedankte sich mit einem anerkennenden Lächeln bei seiner
Dienerin, die vor Freude errötete. »Ist Miles in der Nähe?« fragte er dann.
    »Ich
habe ihn heute Morgen noch nicht gesehen«, erwiderte sie mit einem
missbilligenden Schniefen.
    Er trank
seinen Kaffee und schaute zu den Hügeln. Die noch träge Sonne zog den Nebel zu
langen, strudelnden Streifen auseinander. Ihm wurde plötzlich bewußt, wie sehr
er dieses eigentümliche Licht eines englischen Morgens entbehrt hatte.
    Unwillkürlich
kehrte sein Blick zum Haus zurück

Weitere Kostenlose Bücher