01 - Wie Feuer im Blut
schleudern. Aber sie brachte es
nicht fertig. Vielmehr riss sie das Seidenband auf und zog mit bebenden Fingern
das Papier auseinander, wobei sie hin und wieder mit dem Handrücken die Tränen
von den Wangen wischte.
»Oh«,
hauchte sie. »Gütiger Himmel.«
Es war
eine Spieldose. Sobald sie vom Papier befreit war, begann das Paar aus
Porzellan langsam eine Pirouette zu drehen, begleitet von einem Glockenspiel,
das eine lustige Weise erklingen ließ. Aber was ihr am meisten ans Herz ging,
war das Kärtchen, das Damien an den Arm des Tänzers gebunden hatte und auf dem stand:
»Bonnie in Liebe gewidmet.«
Dreizehn
»Damien, du hättest
ihr sagen müssen, dass ich deine Schwester bin«, meinte Kate vorwurfsvoll.
»Die Arme war außer sich vor Wut.«
»Sie
hat mir ja keine Chance gegeben.«
»Das
wage ich zu bezweifeln. Wirklich, Damien - manchmal habe ich den
Eindruck, dass es dir Spaß macht, deine Mitmenschen zu reizen. Weshalb machst
du das nur?«
»Darüber
habe ich noch nicht nachgedacht, mein Herz. Vermutlich kommt es daher, dass
alle Welt so sehr darauf versessen ist, mich anzugreifen.«
Damien
lächelte seine Schwester an, als sie zum Rosengarten schlenderten. Eine Brise
wirbelte die Blätter eines Baumes auf und schüttelte Regentropfen auf ihre
Schultern. Als sie zu einer schmiedeeisernen Bank kamen, zog Damien sein Jackett
aus und legte es auf die Sitzfläche. Seine Schwester dankte ihm mit einem
zärtlichen Blick, ehe sie sagte: »Bon nie ist eine schöne junge Frau.«
»Meinst
du?«
»Ungewöhnlich
schön. Wenn sie ein wenig Erziehung genießen könnte und neu eingekleidet
würde, wäre sie in London die Sensation der Saison.«
Damien
wußte, dass Kate ihn amüsiert und neugierig beobachtete. Er schob die Hände in
die Taschen und ließ den Blick über den Garten schweifen, als würde ihn dieses
Thema nicht im geringsten interessieren. Schon von frühester Kindheit an,
hatte sie die Gabe, seine Gedanken und Gefühle zu erraten.
»Hast
du mich deswegen eingeladen?« wollte sie wissen. »Möchtest du, dass ich ihr den
nötigen Schliff gebe?« Als Damien ihr keine Antwort gab, fragte sie unverblümt:
»Bist du in sie verliebt?«
Er sah
sie überrascht an: »Verliebt?« Er lachte. »In ein Mädchen aus dem Arbeitshaus?
Das wäre doch lächerlich.«
»Du
schleppst mich doch nicht ohne Grund nach Braithwaite.«
»Du
liebe Güte - ich habe dich eben vermisst.«
»Mich
vermisst? Ich habe in den sechs Jahren, die du in Mississippi verbracht hast,
zwei Briefe von dir erhalten, und darin stand >mir geht es gut, Dir
hoffentlich auch<. Verdammt, lügen war noch nie deine Stärke, Damien.«
Damien
musterte seine Schwester von der Seite, zog eine Braue in die ' Höhe und sagte:
»Seit. wann hast du dir denn das Fluchen angewöhnt?«
»Seit
ich mit deinem besten Freund verheiratet bin. Du solltest aber nicht das Thema
wechseln.«
In dem
Busch neben Damiens Bein raschelte es. Dann teilten sich die regennassen
Blätter, und ein Kätzchen sprang heraus und stürzte sich wie ein junger Löwe,
der seine erste Beute erlegen will, auf Damiens Stiefel. Kate lachte, als Damien
sich bückte, das Kätzchen im Nacken packte und es vor sein Gesicht hob. Es
starrte Damien mit einem weiß- und einem schwarzumrandeten Auge an.
»Wie
reizend«, sagte Kate. »Gehört es dir?«
»Es
gehört Bonnie.«
»Und
wie heißt er?«
»Es ist
eine Sie«, korrigierte er seine Schwester. »Sie heißt >Winkin<. Oder ist
es >Blinkin« Damien nahm neben Kate auf der Bank Platz und setzte das
widerspenstige Kätzchen auf seinen Schoß. Kate lachte so über die fauchende
Katze, dass sie Tränen lachte. Damien warf ihr einen finsteren Blick zu, was
einen neuen Heiterkeitsausbruch verursachte.
Plötzlich
fühlte er sich gedrängt, eine Beichte abzulegen. »Ich habe mit ihr geschlafen,
Kate«, sagte er schlicht.
Kates
Lachen erstarb.
Damien
setzte das Kätzchen ab, das sofort in die Büsche flüchtete. Dann holte er tief
Luft und gestand: »Sie war noch unberührt. Ich habe sie verführt.«
Kate
starrte Damien in stummem Entsetzen an. »Oh, du meine Güte«, stammelte sie
schließlich.
Sie
krampfte die kleinen Hände auf ihrem Schoß ineinander, und ihr Gesicht wurde
blutrot, als sie sich über die Folgen seiner Tat klarwurde. Dann stand sie
langsam auf, und Damien wußte, dass sie ihm eine Standpauke der schlimmsten
Sorte halten würde.
»Du
unbeherrschter Heißsporn!« schnaubte sie. »Bist du dir eigentlich bewußt, was
du
Weitere Kostenlose Bücher