01 - Wie Feuer im Blut
Schande, eine gute Gelegenheit
auszulassen, wenn sie sich bietet. Es ist wirklich ein hübsches Kleid -
meinst du nicht auch?«
»Ja.«
Bonnie seufzte. »Viel zu schön für mich.«
»Unsinn.
Wir fangen zunächst mit einem Bad an, das mit Rosenwasser parfümiert ist. Dann
flechte ich dir das Haar zu Zöpfen, damit es dein hübsches Gesicht und das
schöne Kleid nicht verdeckt.«
Bonnie musste
lachen. Der Gedanke, den Nachmittag auf diese Weise zu verbringen, war zu
verlockend. Weitaus angenehmer, als die Texte zu lesen, die Miss Crandall ihr
hinterlassen hatte, als sie im Groll von ihr geschieden war. Wenn Bonnie an
diese Frau dachte, schoss ihr das Blut ins Gesicht. Die Gouvernante hatte mit
dem Stock auf Bonnies Finger geschlagen, weil sie in ihrer Gegenwart geflucht
hatte. Bonnie hatte ihr das Stöckchen aus der Hand gerissen und sie damit
ebenfalls auf die Finger geschlagen. Miss Crandall hatte sich bei Damien
beschwert, der ihr geantwortet hatte: »Was haben Sie denn erwartet? Sie haben
das verdient, Miss Crandall.«
Bonnie
lächelte. Was konnte es schaden, dieses Kleid anzuprobieren? Als Kind hatte
sei einmal davon geträumt, sich wie eine Prinzessin anzuziehen und von einem
Prinzen umworben zu werden.
Aber
ich bin keine Prinzessin, dachte sie und Warwick ist weit davon entfernt, ein
galanter Prinz zu sein.
Damien reichte
Richard die Papiere. »Ich komme gerade aus Middleham«, sagte er. »Dort habe ich
mit Carlton Ashbee gesprochen.«
»Gütiger
Gott!« Richards Doppelkinn zitterte, als er diese Worte herauswürgte. »Dieser
Schuft hat mir geschworen, dass er sich nie an dich wenden würde. Um welche
Summe hat er dich gebeten?«
»Um
zweitausendfünfhundert Pfund.« Damien lief im Zimmer auf und ab. Dann blieb er
wieder vor seinem
Onkel stehen,
der so blass geworden war wie ein Laken. »Warum?« forschte Damien.
Mit
kaum hörbarer Stimme gab Richard zurück: »Eine Pechsträhne bei Whites.«
»Offenbar.
Hattest du noch andere Pechsträhnen?«
Richard
zog ein Seidentuch aus der Tasche und tupfte sich den Schweiß von der Stirn.
Als er keine Antwort gab, ging Damien an den Schreibtisch zurück, blätterte ein
Kontobuch auf und schlug mit der Faust darauf. »Verdammt! Du hast Geld
genommen, um damit deine Wettschulden zu bezahlen!«
Richard
schluckte.
»Du
versuchst nicht einmal, das abzustreiten?«
»Wie -
wie könnte ich das?«
Damien drehte
sich von ihm weg, richtete den Blick auf einen Fleck an der Wand und
versuchte, seinen Zorn zu dämpfen. Richard ließ sich auf einen Stuhl fallen
und vergrub das Gesicht in den Händen. »Was hast du vor?« fragte er.
Es
dauerte eine Weile, bis sich Damien zu einer Antwort durchgerungen hatte. »Das
einzige, was ich in so einem Fall tun kann. Ich entferne dich von deinem
Posten, Richard.«
»Damien,
bitte ... «
Damien
schwang herum, und sagte bitter enttäuscht: »Wie konntest du auch nur daran
denken, die Warwicks zu bestehlen? Wärst du doch nur zu mir oder Randolf
gekommen.«
»Ich
habe es versucht!« Richard stand auf. »Ich habe mit Randolf noch am Morgen vor
seinem Jagdunfall gesprochen. Aber er schlug mir meine Bitte ab. Und mit dir
konnte ich nicht reden. Dafür habe ich mich zu sehr geschämt. Das wirst du doch
verstehen, oder?«
»Ich
kann die Tatsache, dass du die Warwicks zwei Jahre lang schamlos bestohlen
hast, nicht verstehen«, entgegnete Damien schroff.
Richards
Gesicht lief dunkelrot an. Er ballte die Hände zu Fäusten und rief. »Einen
Teufel kannst du! Ich bin der Meinung, dass mir die Warwicks dieses Geld
schulden, nachdem ich die Sippschaft vierzig Jahre lang ertragen habe.«
»Ich
finde, wir sind verdammt großzügig zu dir gewesen, wenn ich bedenke, was für
ein Chaos du aus deinem Leben gemacht hast.«
Richard,
dem die Augen vor Wut fast aus den Höhlen traten, sprang Damien so unvermutet
an, dass er keine Gelegenheit zur Abwehr hatte. Der Alte packte seine Jacke
und rief mit trunkener Stimme: »Fahr zur Hölle! Ich habe dich geliebt wie
einen Sohn, und du jagst mich davon.«
Zu
verblüfft, um etwas sagen zu können, starrte Damien seinem Onkel ins Gesicht,
und der schwere süße Duft des Portweins raubte ihm fast den Atem. Dann hob er
langsam beide Arme und ergriff Richards Handgelenke. »Nimm deine Hände von mir
weg«, befahl er mit gefährlich leiser Stimme.
Da kam
Richard zu Bewusstsein, was er soeben getan hatte. Er ließ Damiens Jacke los,
taumelte zurück und sank auf einen Stuhl. »Verzeih mir. Mein
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