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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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außerordentlich schwer, zu antworten. Ich erriet, was er sagen wollte, und fragte:
    „Ihr hörtet, daß diese Apachen nach dem Osten wollten, und nahmt infolgedessen an, daß sie Gold bei sich hätten?“
    Er nickte.
    „Ihr nahmt euch also vor, sie zu überfallen; da ihr aber dachtet, daß wir vorsichtig sein und euch beobachten würden, rittet ihr eine tüchtige Strecke weiter und kehrtet erst dann um, als ihr annehmen konntet, daß wir beruhigt sein würden?“
    Er nickte wieder.
    „Dann seid ihr umgekehrt und uns nachgeritten. Habt ihr uns am Abend belauscht?“
    „Ja – Santer.“
    „Also Santer selbst war es! Hat er euch gesagt, was er bei uns erhorcht hat?“
    „Apachen – Nugget-tsil – Nuggets holen – früh – – –“
    „Ganz so, wie ich dachte. Dann habt ihr euch in das Gebüsch versteckt und uns von den Bäumen aus beobachtet. Ihr wolltet den Ort, wo die Apachen das Gold holen, kennenlernen?“
    Er hatte die Augen geschlossen und antwortete nicht.
    „Oder wolltet ihr sie bloß bei ihrer Rückkehr überfallen, um – – –“
    Da unterbrach mich Winnetou:
    „Mein Bruder mag nicht weiterfragen, denn dieses Bleichgesicht kann nicht mehr antworten; es ist tot. Diese weißen Hunde wollten unser Geheimnis kennenlernen; aber sie kamen zu spät. Wir befanden uns schon auf dem Rückweg, als sie uns kommen hörten. Da versteckten sie sich hinter die Bäume und schossen auf uns. Intschu tschuna und ‚Schöner Tag’ stürzten getroffen nieder; mir aber streifte die Kugel nur den Ärmel hier. Da schoß ich auf einen, der aber, eben als ich losdrückte, hinter einen andern Baum sprang; darum traf ich ihn nicht; aber meine zweite Kugel streckte einen andern nieder. Dann suchte ich hinter diesem Stein Schutz, der mir aber das Leben nicht hätte retten können, wenn mein Bruder Old Shatterhand nicht gekommen wäre. Denn zwei hielten mich von dieser Seite fest, und der dritte wollte hinter mich, wo ich keine Deckung hatte; seine Kugel hätte mich treffen müssen. Da aber hörte ich die starke Stimme von Old Shatterhands Bärentöter und war gerettet. Nun weiß mein Bruder alles und soll erfahren, wie es anzufangen ist, Santer zu ergreifen.“
    „Wem wird diese Aufgabe zufallen?“
    „Old Shatterhand wird sie töten; er wird die Spur des Flüchtlings ganz gewiß finden.“
    „Allerdings; aber während ich mühsam nach ihr suche, wird viel Zeit vergehen.“
    „Nein. Mein Bruder braucht nicht nach ihr zu suchen, denn sie wird ganz gewiß zu seinen Pferden führen, welche er zunächst aufsuchen muß. Dort, wo er mit seinen Leuten während der Nacht gelagert hat, gibt es Gras, und Old Shatterhand wird also sehr leicht sehen, wohin er sich gewendet hat.“
    „Und dann?“
    „Dann nimmt mein Bruder zehn Krieger mit sich, um ihm zu folgen und ihn festzunehmen. Die anderen zwanzig Krieger sendet er mir hierher, damit sie mit mir die Klagen des Todes anstimmen.“
    „So soll es geschehen. Und ich hoffe, daß ich das Vertrauen, welches mein roter Bruder in mich setzt, rechtfertigen werde.“
    „Ich weiß, daß Old Shatterhand grad so handeln wird, als ob ich selbst an seiner Stelle wäre. Howgh!“
    Er reichte mir die Hand hin; ich schüttelte sie ihm, beugte mich noch einmal auf die Gesichter der beiden Toten nieder und ging. Am Rand der Lichtung drehte ich mich um. Winnetou verhüllte soeben ihre Köpfe und stieß dabei jene dumpfen Klagetöne aus, mit denen die Roten ihre Todesgesänge beginnen. Wie weh war mir, o wie so weh! Aber ich hatte zu handeln und eilte den Weg zurück, auf welchem ich gekommen war. Ich war der Ansicht, daß Winnetous Vorhersagung eintreffen werde; aber während ich über den erwähnten Höhengrat stieg, kam mir ein Bedenken.
    Santer mußte vor allen Dingen auf schleunigste Flucht bedacht sein, vor allen Dingen so schnell wie möglich aus unserer Nähe zu kommen suchen; das gerade Gegenteil davon geschah aber, wenn er nach seinem Lager lief. Dies konnte er nur in der Absicht tun, sich ein Pferd zu holen. Wie aber nun, wenn er dasjenige fand, auf welchem ich gekommen war? Er war wohl auf demselben Weg geflohen, der ihn auch hergeführt hatte. Da sah er unbedingt das Pferd.
    Dieser Gedanke verdoppelte meine Schritte. Ich rannte den Berg hinab, im höchsten Grade darauf gespannt, ob ich es noch antreffen würde. Welcher Ärger für mich, als ich an die betreffende Stelle kam und da sah, daß es fort war! Ich hielt nur einen Augenblick an und flog mehr, als ich lief,

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