01 - Winnetou I
Wiederkehr zu bleiben, und suchte dann weiter. Ich hörte noch einige Augenblicke lang seine Schritte; dann wurde es still.“
„Er ging also fort?“
„Ja.“
„Wohin?“
„Das weiß ich nicht. Er wird nicht weit gelaufen sein und ist, als er einsah, daß ich nicht zu finden war, jedenfalls wieder umgekehrt.“
„Hat er dich erkannt?“
„Wohl kaum; dazu war es zu finster.“
„Vielleicht ist er gar hierhergegangen und steckt nun irgendwo, uns zu beobachten!“
„Unmöglich! Er konnte ja gar nicht sehen, wohin ich dann ging. Er ist auf alle Fälle zu seinem Posten zurückgekehrt. Ich schlich, als ich lange genug gewartet hatte, mich fort, aus dem Wald hinaus und in das Freie, wo ich rascher laufen konnte. Da rief mich deine Wache an, und ich erfuhr, daß ihr euch hier befindet.“
Es trat jetzt eine Pause ein. Der Anführer hatte erfahren, was er wissen mußte, und schien nun darüber nachzudenken. Nach einiger Zeit hörte ich ihn fragen:
„Was gedenkt mein weißer Bruder nun zu tun?“
„Ich gedenke, zunächst zu erfahren, was du beschließen wirst.“
„Wie ich von dir hörte, ist es ganz anders geworden, als wir vermuteten. Wenn es uns gelungen wäre, die Apachen zu überrumpeln, so wären sie tot oder lebendig in unsere Hände gefallen, ohne daß es uns wohl Blut gekostet hätte. Nun aber erwarten sie uns. Old Shatterhand hat dich bemerkt; er weiß also, daß sein Plan verraten ist, und die größte Vorsicht anwenden. Es ist am besten, wir verlassen diese Gegend.“
„Verlassen? Fort willst du? Was fällt dir ein! Fürchtest du dich vor dieser Handvoll Apachen?“
„Mein weißer Bruder wird mich nicht beleidigen wollen! Ich kenne keine Furcht; aber wenn ich einen Feind sowohl mit als auch ohne Blutvergießen in meine Hand bekommen kann, so wähle ich das letztere; das tut jeder kluge Krieger, auch wenn er sonst noch so tapfer ist.“
„Meinst du etwa, daß wir durch das Verlassen dieser Gegend diese Weißen und die Apachen fangen können?“
„Ja.“
„Oho! Möchte wissen, wie!“
„Sie werden uns verfolgen.“
„Es ist gewiß. Winnetou muß sich an dir rächen, und er weiß, daß du bei uns bist; er wird also keinen Augenblick von unserer Fährte lassen. Wir machen diese Spur mit Absicht so deutlich, daß sie leicht zu erkennen ist, und reiten direkt nach unserem Dorf, wohin ich das gefangene Bleichgesicht Sam Hawkens geschickt habe.“
„Und du bist der Ansicht, daß die Apachen uns dorthin folgen werden?“
„Ja sie werden sogar mit sehr großer Eile hinter uns herkommen.“
„Ah! Um mich zu fangen? Soll mir das etwa Freude machen? Ich soll mich wieder von ihnen jagen lassen, während ich hier die beste Gelegenheit habe, meine Absichten zu erreichen!“
„Du wirst hier nichts, gar nichts erreichen und befindest dich während unseres Rittes heimwärts nicht in der allergeringsten Gefahr.“
„Wenn sie uns aber einholen, ist die Gefahr für mich so groß, wie sie nur sein kann!“
„Sie werden uns aber nicht einholen, denn wir nehmen einen Vorsprung, welcher uns vor ihnen Sicherheit gibt. Wir brechen jetzt sofort auf, und sie können uns erst dann folgen, wenn sie bemerken, daß wir fort sind; das wird aber kaum vor morgen mittag sein.“
„Jetzt fort, jetzt gleich? Das gebe ich nicht zu. Was wird euer Häuptling sagen, wenn er erfährt, daß du einen so großen Vorteil, den du hier in den Händen hast, aufgibst, ohne dazu gezwungen zu sein. Bedenke das!“
Der Anführer nahm diese Verwarnung auf, ohne eine Antwort zu geben; sie machte also Eindruck auf ihn. Santer merkte das gar wohl und fuhr fort:
„Ja, wir befinden uns hier so im Vorteil, wie wir es durch deinen neuen Plan gar nicht erreichen können. Wir haben nichts weiter zu tun, als die Falle, welche man uns gestellt hat, umzudrehen, so daß die Apachen hineingehen.“
„Uff! Wie sollen wir das machen?“
„Wir greifen die beiden Abteilungen, welche uns in die Schlucht einschließen wollen, einzeln an, so daß wir gar nicht eingeschlossen werden können.“
„Da müßten wir erst Old Shatterhands Abteilung nehmen. Meinst du das?“
„Ja.“
„Wir ziehen also morgen an ihr vorüber und tun so, als ob wir gar nicht wüßten, daß sie uns folgt.“
„Nein. So lange brauchen wir gar nicht zu warten. Wir vernichten sie schon heut.“
„Uff! Mein weißer Bruder mag mir sagen, wie er das anfangen will!“
„Es ist so einfach und selbstverständlich, daß es eigentlich gar nicht notwendig sein
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