01 - Winnetou I
und demjenigen des nördlichen Red River-Armes, und es war Winnetous Absicht, diesen letzteren aufzusuchen.
Die Pferde derjenigen Apachen, welche Santer mit mir verfolgt hatten, waren ziemlich angegriffen; darum konnte unser Ritt nicht so schnell vonstatten gehen, wie wir es wünschten. Dazu kam, daß der Proviant, den wir mitgenommen hatten, fast zur Neige ging. Sobald er alle war, sahen wir uns auf die Jagd angewiesen, und dies mußte bei der Absicht, welche wir verfolgten, uns zum großen Nachteil gereichen, denn erstens nahm es unsere Zeit, von der wir eigentlich keine Stunde zu versäumen hatten, in Anspruch, und zweitens konnten wir während der Jagd die Vorsicht nicht anwenden, welche unbedingt geboten war; wir waren gezwungen, Spuren zu machen und zurückzulassen, was wir sonst vermieden hätten.
Glücklicherweise trafen wir am Spätnachmittag auf einen kleinen Bisontrupp. Das waren Nachzügler der großen Büffelherden, die ihre Wanderung nach Süden schon vollendet hatten. Wir schossen zwei Kühe und bekamen von ihnen so viel Fleisch, daß wir für eine ganze Woche versehen waren und nun nur noch an den eigentlichen Zweck unsers Rittes zu denken brauchten.
Am nächsten Tag erreichten wir den nördlichen Arm des Red River, dem wir abwärts folgten. Er führte wenig Wasser, doch waren die Ufer grün, während wir bisher verdorrtes Büffelgras unter uns gehabt hatten. Das gab Futter für unsere Pferde.
Der Salt Fork kommt aus westlicher Richtung und mündet also von rechts her in den Red River. In dem Winkel, der dadurch gebildet wird, lag damals das Kiowa-Dorf, dessen Häuptling Tangua war. Wir befanden uns auf der anderen, der linken Seite des ‚roten Flusses’ und konnten darum wohl hoffen, nicht gesehen zu werden, ritten aber dennoch, als wir die Mündungsgegend des Salt Fork erreichten, einen weiten Bogen, um eine halbe Tagesreise unterhalb derselben wieder an den Red River zu kommen. Aus weiteren Vorsichtsgründen benutzten wir dazu die Nacht, und es war am frühen Morgen, als wir den Fluß wieder vor uns sahen. Wir befanden uns nun so, wie wir beabsichtigt hatten, auf der entgegengesetzten Seite der Richtung, aus welcher wir von den Kiowas erwartet wurden, und suchten eine versteckte Stelle auf, um da von dem nächtlichen Ritt auszuruhen. Nur für Winnetou und mich gab es keine Erholung, denn er wollte rekognoszieren, und forderte mich auf, ihn zu begleiten.
Während unser bisheriger Weg uns stromabwärts geführt hatte, mußte dieses Auskundschaften nun stromaufwärts vorgenommen werden, und zwar auf dem jenseitigen Ufer. Wir mußten also über den Fluß hinüber, was uns selbst dann, wenn er mehr Wasser gehabt hätte, nicht schwer geworden wäre.
Natürlich bewerkstelligten wir den Übergang nicht in der Nähe unseres Lagers, weil dieses leicht entdeckt werden konnte, wenn später jemand auf unsere Fährte traf und derselben aus irgendeinem Grund folgte. Wir ritten vielmehr noch ein Stück flußabwärts, bis wir an einen Wasserlauf kamen, welcher in den Red River mündete. In diesen trieben wir unsere Pferde und ritten im Wasser gegen den Strom desselben. Da gingen unsere Spuren verloren. Nach einer halben Stunde verließen wir dieses Gerinn und lenkten die Pferde auf die Prärie, um, nun nach dem Red River zurückkehrend, diesen an einer Stelle zu erreichen, welche sich einige englische Meilen oberhalb unsers Lagers befand.
Dieser Umweg mit seinem Spurenverbergen war zeitraubend gewesen, aber die Mühe, welche wir darauf verwendet hatten, wurde schneller belohnt, als wir hatten denken können. Wir hatten nämlich den Fluß noch nicht wieder erreicht, sondern befanden uns noch auf der Prärie, da sahen wir zwei Reiter, welche wohl ein ganzes Dutzend Packtiere bei sich hatten. Sie kamen uns nicht gerade entgegen, sondern ihre Richtung führte sie rechts an uns vorüber. Der eine ritt vor und der andere hinter den wohlbeladenen Mauleseln, und wenn wir ihre Gesichter auch nicht erkennen konnten, so mußten wir nach ihrer Kleidung Weiße in ihnen vermuten.
Sie sahen uns auch und hielten an. Es wäre höchst auffällig gewesen, wenn wir vorübergeritten wären; wir konnten im Gegenteil Nützliches von ihnen erfahren, denn sie kamen jedenfalls aus dem Dorf der Kiowas. Schaden konnten sie uns wohl kaum, und unsere Fährte zu suchen, um zu erfahren, woher wir gekommen waren, das fiel ihnen wohl auch nicht ein, da sie viel nördlicher auf den kleinen Wasserlauf treffen mußten als da, wo wir ihn
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