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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kamen die Apachen, ehe wir fertig waren, und dann konnte es uns von ihnen oder auch den Kiowas schlimm ergehen. Führten wir unser Werk aber vor ihrer Ankunft zu Ende, so war es uns vielleicht möglich, uns aus dem Staub zu machen und unsere Personen und Zeichnungen in Sicherheit zu bringen. Das hatte ich ihnen vorgestellt, und darum arbeiteten sie mit einem Fleiß und einer Ausdauer, die vorher niemals bei ihnen zu bemerken gewesen waren. Mein Zweck war also erreicht. Im stillen aber dachte ich gar nicht daran, mich in dieser Weise aus dem Staub zu machen. Mir lag Winnetou am Herzen. Die andern mochten tun, was sie wollten, ich aber war entschlossen, nicht eher fortzugehen, als bis ich überzeugt sein konnte, daß keine Gefahr mehr für ihn vorhanden sei.
    Meine Arbeit war eigentlich eine doppelte. Ich hatte zu messen und auch Buch zu führen und die Zeichnungen herzustellen. Das letztere tat ich im Duplikat. Ein Exemplar bekam der Oberingenieur als unser Vorgesetzter und eines fertigte ich mir heimlich an, um es für den Fall der Not aufzuheben. Unsere Lage war eine so gefährliche, daß diese Vorsicht als ganz gerechtfertigt erschien.
    Die Beratung dauerte wirklich, wie ich es erwartet hatte, bis zum Abend; sie war grad zu Ende, als wir von der Dunkelheit gezwungen wurden, aufzuhören. Die Kiowas befanden sich in der vortrefflichsten Stimmung, denn Sam Hawkens hatte den Fehler oder auch die Klugheit begangen, ihnen unsern ganzen Rest von Brandy auszuhändigen. Sich da vorher der Einwilligung Rattlers zu versichern, war ihm wohl nicht eingefallen. Es brannten mehrere Feuer, um welche die schmausenden Roten saßen; dabei grasten die Pferde, und weiter draußen im Dunkeln standen die Posten, welche von dem Häuptling aufgestellt worden waren.
    Ich setzte mich zu Sam und seinen unzertrennlichen Gefährten Parker und Stone, aß mein Abendbrot und ließ die Augen über das Lager schweifen, welches mir, dem Neuling, einen mir bisher unbekannten Anblick bot. Kriegerisch genug sah es aus. Indem ich eines der roten Gesichter nach dem andern betrachtete, sah ich keines, welches ich einem Feind gegenüber einer mitleidigen Regung für fähig gehalten hätte. Unser Brandy hatte nur so weit gereicht, daß auf jeden nur fünf oder sechs Schluck gekommen waren; ich bemerkte also keinen Betrunkenen, aber das Feuerwasser hatte, weil sie es so selten haben konnten, doch immerhin eine aufregende Wirkung geäußert. Die Indsmen waren in ihren Bewegungen weit lebhafter und in ihrem Gespräch lauter, als sie es gewöhnlich zu sein pflegen.
    Natürlich erkundigte ich mich bei Sam nach dem Resultat der Beratung.
    „Ihr könnt zufrieden sein“, meinte er. „Euern beiden Lieblingen wird nichts geschehen.“
    „Aber wenn sie sich wehren?“
    „Kommen gar nicht dazu; werden, überwältigt und gefesselt, ehe sie auf den Gedanken kommen können, daß so etwas möglich ist.“
    „So? Wie denkt Ihr Euch denn eigentlich die Sache, alter Sam!“
    „Sehr einfach. Die Apachen kommen auf einem ganz bestimmten Weg. Könnt Ihr den vielleicht erraten, Sir?“
    „Ja. Sie werden natürlich zunächst dorthin gehen, wo sie uns getroffen haben, und dann unseren Spuren weiter folgen.“
    „Richtig! Ihr seid wirklich nicht so dumm, wie es, wenn man Euer Gesicht betrachtet, den Anschein hat. Also das erste, was wir wissen müssen, ist uns bekannt, nämlich die Richtung, aus welcher wir sie zu erwarten haben. Das zweitwichtigste ist die Zeit, wenn sie kommen.“
    „Die kann man nicht genau berechnen, aber doch vermuten.“
    „Ja, wer Grütze genug im Kopf hat, der kann so etwas schon vermuten; aber mit einer bloßen Vermutung ist uns nicht gedient. Wer in einer Lage, wie die unserige ist, nach Vermutungen handelt, trägt ganz gewiß sein Fell zum Markt. Gewißheit ist's, volle Gewißheit, die wir haben müssen.“
    „Die können wir nur dadurch erhalten, daß wir ihnen Kundschafter entgegenschicken, und das habt Ihr ja verpönt, lieber Sam. Ihr seid doch der Ansicht gewesen, daß die Spuren der Späher uns verraten würden.“
    „Der roten Späher; merkt Euch wohl, der roten, Sir! Daß wir hier sind, das wissen die Apachen, und wenn sie auf die Fährte eines weißen Mannes treffen, kann das in ihnen kein Mißtrauen erwecken. Fänden sie aber die Stapfen von Indianern, so wäre das etwas ganz anderes; sie würden gewarnt sein und sich ungeheuer in acht nehmen. Da Ihr ein so ausnehmend gescheiter Kopf seid, könnt Ihr Euch ja denken, was sie vermuten

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