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0100 - Die Schule der Dämonen

0100 - Die Schule der Dämonen

Titel: 0100 - Die Schule der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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die Rede gewesen war.
    »Was haben Sie gesagt, Monsieur Verlaine?« fragte er.
    Laval war ein Mann Anfang dreißig. Er sah gut aus und hätte ohne weiteres auch als Modell für Herrenmoden Karriere machen können.
    Der Stadtrat lächelte süffisant. »Ich sagte gerade zu Arthur, daß Sie offensichtlich großen Gefallen an seiner Frau gefunden haben.«
    Einen Augenblick schien Laval verlegen. Dann lächelte auch er. »Warum soll ich es leugnen?« antwortete er. Und galant fügte er hinzu: »Madame Cernet ist eine séhr schöne Frau.«
    Antoinette Cernet wurde ein bißchen rot und schlug ihre Augen nieder.
    Der alte Ducasse, ein Konkurrent Arthur Cernets, kicherte. »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib!« zitierte er. Vom Alkohol beflügelt, kamen seine Worte ziemlich laut. Jeder am Tisch hatte sie verstanden.
    Alle Unterhaltungen erstarben. Schlagartig war es ganz ruhig im Saal.
    In die Stille hinein sagte der Stadtrat: »Warum soll man eigentlich nicht seines Nächsten Weib begehren? Was, Monsieur Laval? Sie sind doch scharf auf die schöne Antoinette, oder?«
    »Monsieur Verlaine!« Antoinette Cernet funkelte den Stadtrat an.
    Auch der Apotheker äußerte sich. »Ich muß mich doch wundern, Monsieur Verlaine!«
    Arthur Cernet wollte nicht zurückstehen. Schließlich war Antoinette seine Frau.
    »Du hast zuviel getrunken, Auguste«, wies er den Stadtrat zurecht. »Du solltest nach Hause gehen, anstatt hier dumme Reden zu führen.«
    Das Lächeln des Stadtrats hatte sich verstärkt. »Dumme Reden?« wiederholte er. »Das sind keine dummen Reden, sondern Wahrheiten. Laval ist scharf auf Antoinette, und Antoinette ist scharf auf ihn. Und? Ist doch nur natürlich. Ein junger Mann und eine junge Frau — die beiden passen zusammen. Warum verklemmt sein? Warum längst überholten Moralvorstellungen verhaftet sein? Warum sollen Sie es nicht miteinander treiben, wenn ihnen danach zumute ist?«
    Das Schweigen, das sich jetzt am Tisch ausbreitete, kam dem eines nächtlichen Friedhofs gleich. Aber es hielt nicht lange an. Gedämpftes Stimmengemurmel wurde laut.
    »Ja, warum eigentlich nicht?« ließ sich dann der Apotheker vernehmen. »Was ist tatsächlich dabei? Antoinette, was sagen Sie dazu?« Mit offenem Verlangen starrte er auf das großzügige Dekolleté der jungen Frau.
    Diese nickte langsam. »Im Grunde genommen…«
    Der Apotheker stieß seinen Stuhl zurück. »Komm, reizende Antoinette! Wir werden ja wohl noch ein Zimmer in diesem Hause bekommen…«
    Auch Antoinette Cernet stand auf. Vielversprechend lächelte sie Laval an.
    Wenige Augenblicke später verließen die beiden gemeinsam den Saal.
    Und plötzlich fand keiner der Zurückbleibenden mehr etwas Ungewöhnliches daran.
    ***
    In eigenartig verkrümmter Haltung stand Nicole Duval vor dem schlafenden Professor. Ihre Hand, die die mörderische Schere hielt, war noch etwa einen halben Meter vom Hals Zamorras entfernt, als sie auf einmal mitten in der Luft hängenblieb. Nicole hatte die Empfindung, als sei da plötzlich eine unsichtbare Kraft, die ihren Arm festhielt, um zu verhindern, daß die. Scherenspitze auf Zamorra niederzuckte.
    Schweißtropfen traten auf Nicoles Stirn. Ihr hübsches Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse. Sie wäre selbst entsetzt gewesen, wenn sie sich in diesem Augenblick im Spiegel gesehen hätte.
    Sie mußte den Befehl, den sie bekommen hatte, ausführen! Sie mußte Zamorra töten!
    Verbissen kämpfte sie gegen die hemmende, unsichtbare Kraft an. Millimeter um Millimeter senkte sich die Scherenspitze. Sie kroch förmlich der Kehle ihres Chefs entgegen, hatte sie jetzt fast erreicht.
    Wenige Zentimeter noch…
    Diese letzten Zentimeter schaffte sie jedoch nicht. Die Scherenspitze zitterte, senkte sich aber nicht noch weiter nach unten.
    Verzweifelt stöhnte Nicole auf — so laut, daß der Professor erwachte.
    Seine Augen wurden groß, als er die blinkende Metallspitze so dicht über sich sah. Er reagierte verblüffend schnell. Nichts war davon zu spüren, daß er erst Sekundenbruchteile zuvor seine Bewußtlosigkeit abgeschüttelt hatte.
    Sein Kopf und sein Oberkörper schnellten zur Seite. Dann ruckte er hoch. Seine Rechte schoß vor wie der Kopf einer Viper und packte Nicoles Unterarm.
    »Nicole!« Sein Ausruf drückte Erstaunen und Entsetzen gleichermaßen aus.
    Seine Sekretärin ging nicht auf den Aufschrei ein. Sie wehrte sich gegen die Hand, die ihr Handgelenk umklammerte, wehrte sich mit erstaunlicher Kraft.
    Trotz

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