0100 - Die Schule der Dämonen
von ihrem Stuhl hoch. Das Mädchen hatte gerade noch Zeit, das Tablett abzustellen, da hatte Nicole sie schon am Kragen.
»Du kleine verdammte Schlampe! Gib mir sofort meine Tasche zurück, oder ich mache dich hier auf der Stelle kalt!«
Die Serviererin war groß und kräftig. Sie setzte sich tatkräftig zur Wehr.
»Laß mich los, du Nutte!« schrie sie laut los.
Nicole dachte nicht daran. Und Augenblicke später war ein wildes Handgemenge im Gange. Wie Furien fielen die beiden Frauen übereinander her. Sie rissen an ihrer Kleidung, zerrten sich an den Haaren, kratzten und bissen sich. Längst waren sie beide zu Boden gestürzt und wälzten sich zwischen Stuhl- und Tischbeinen umher. Mehrere Stühle fielen dabei um, aber das störte sie gar nicht.
Zamorra und auch alle übrigen Gäste im Restaurant waren aufgesprungen und umringten die beiden kämpfenden Mädchen. Gelächter und Johlen erfüllte den Raum. Anfeuerungsrufe brachen sich Bahn.
Auch der Professor ertappte sich dabei, daß er munter mitmachte.
»Gib’s ihr, Nicole!« rief er seiner Freundin zu. »Zeig ihr, was die Butter kostet!«
Erst verspätet wurde er sich bewußt, daß er da ja gar nicht seine Freundin und Sekretärin Nicole Duval, sondern seine Mitarbeiterin Magali d’Estelle vor sich hatte. Aber sein Fauxpas machte wohl nicht viel aus. In dem ganzen Trubel hatte wahrscheinlich sowieso keiner mitgekriegt, wie er Nicole genannt hatte.
Erbittert ging der mit Zähnen und Klauen geführte Ringkampf weiter. Die Serviererin war stark, viel stärker als ihre Gegnerin. Aber Nicole war geschickter, wendiger, cleverer. Langsam aber sicher gewann sie die Oberhand.
Längst sah sie nicht mehr wie eine kleine graue Maus aus. Ihr Kleid war an mehreren Stellen zerrissen. Ihr üppiger, wohlgeformter Busen drängte sich durch die Stoffetzen. Ihr aschblond gefärbtes Haar, bisher zusammengebunden, hatte sich gelöst und fiel ihr wallend über Brust und Schultern. Insgesamt bot sie einen geradezu spektakulären Anblick.
Das fanden auch die Burschen von dem großen Tisch.
»He, guckt mal da!« brüllte einer von ihnen. »Aus dem häßlichen Entchen wird ein richtiger Schwan.«
»Mensch«, kommentierte ein anderer, »die Puppe ist ’ne Wucht. Die kann ’nem Mann verdammt viel Spaß machen!«
Ein dritter meldete sich zu Wort: »Die ist viel zu schade, als daß Yvonne sie beschädigt. Los, retten wir sie!«
Die Worte des Burschen waren wie ein Signal. Die jungen Männer stürzten sich in das Getümmel, trennte die beiden Frauen voneinander.
Die Motive, die hinter der Rettungsaktion steckten, wurden jedoch keineswegs von Kavaliersinstinkten geleitet. Ganz und gar nicht. Die Burschen hatten anderes mit Nicole vor.
Rohe Hände griffen nach ihrem Kleid, fetzten es ihr vom Leib. Schon stand Nicole beinahe nackt da. Begeisterte Ausrufe ihrer »Retter« klangen auf.
Dann aber wurde aus der Begeisterung schnell etwas anderes. Zamorra griff ein.
Roger Duclos, Repräsentant einer Buchgemeinschaft? Hol’s der Teufel!
Wie ein Berserker stürzte sich Zamorra auf die jungen Männer.
Erst nachdem die ersten drei Burschen erledigt waren, begriffen die anderen drei, was überhaupt los war. Sie ließen ab von Nicole und warfen sich dem Professor wie ein Mann entgegen.
Sie hatten keine Chance gegen Zamorra. Der Zorn, der in ihm tobte, grenzte hart an Vernichtungswillen. In seinem Herzen aber blieb er dabei eiskalt und verlor nicht einen Sekundenbruchteil die Übersicht. Die stürmisch, aber unkontrolliert angreifenden Einheimischen mußten den Eindruck haben, daß Zamorra nicht zwei, sondern zehn Hände hatte. Ehe sie es sich versahen, lagen sie mehr oder weniger kampfunfähig auf dem Boden.
Aber noch immer loderte das Feuer des Berserkertums in dem Professor. Nur mit äußerster Selbstbeherrschung gelang es ihm, sich zu zügeln. Nie in einem Leben hatte er derart intensive animalische Instinkte in seinem Innersten gespürt. Schwer atmend zwang er sich gewaltsam zur Besonnenheit.
Die übrigen Gäste, die Zeuge seiner Raserei geworden waren, hatten schleunigst Abstand genommen. Furchtsame Blicke trafen den Professor.
Nicole stand ebenfalls mit wild blickenden Augen da. Sie suchte die Serviererin, fand sie aber nicht. Das Mädchen hatte es vorgezogen, sich rechtzeitig zu entfernen.
Zamorra trat auf sie zu und legte ihr eine Hand um die Schulter.
»Kommen Sie, Magali«, sagte er, jetzt völlig beherrscht. »Ich glaube, wir essen lieber woanders zu
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