0101 - Der Weltraum-Tramp
und wühlte in dem Stoß Papiere, die man ihm gebracht hatte. Sein Sekretär half ihm dabei.
„Einige neue Anträge des Positronengehirns - heute und gestern eingelaufen. Die Bewerber werden sich heute und in den nächsten Tagen vorstellen, Sir. Ich habe alles Notwendige veranlaßt."
„Schon gut, Pierre. Sind auch Eingezogene dabei?"
Unter „Eingezogene" verstand man solche Angehörige der Raumflotte und Handelsflotte, die sich nicht freiwillig zur Umschulung gemeldet hatten, sondern von dem Positronengehirn auf Grund der vorliegenden Daten als befähigt eingestuft worden waren.
„Ja, Sir. Einer. Ein gewisser Captain Samuel Graybound." Der Sekretär blätterte hastig durch die Formulare und zog dann eines hervor, das er dem Oberst reichte. „Hier sind die Unterlagen."
Oberst Rammbüggl studierte die Papiere. Seine Stirn, vorher glatt und sorglos, begann sich zu umwölken. Falten entstanden darauf und ließen nichts Gutes ahnen. Mit steigender Nervosität blätterte er die Unterlagen durch und sah dann schließlich ratlos auf.
„Das Gehirn muß sich geirrt haben", stellte er dann fest. „Sicher eine Verwechslung!"
„Unmöglich, Sir. Sie wissen genau so gut wie ich, daß eine Verwechslung völlig ausgeschlossen ist."
„Das ist es ja eben!" nickte Oberst Rammbüggl erschüttert. „Aber dieser ...", er sah auf die Papiere, „ ... Captain Graybound ist doch niemals geeignet, eins der neuen Schiffe zu führen! Ich bin sogar überzeugt, er wird hier nicht erscheinen. So ein Charakter wie der..."
Das Summen der Lautsprecheranlage unterbrach ihn.
Der Sekretär eilte diensteifrig herbei und schaltete ein.
„Büro Oberst Rammbüggl!" meldete er sich.
„Ein Captain Graybound ist da. Er hat eine Vorladung ..."
„Schicken Sie ihn herein!" mischte sich der Oberst ein und sank dann in seinen Sessel zurück. „Ist denn das zu fassen? Er ist der Vorladung gefolgt!"
„Vielleicht irren Sie sich, Sir, und der Mann ist doch brauchbarer, als Sie annehmen. Die Unterlagen sind nicht immer sehr ausführlich."
„Vielleicht", räumte der Oberst ein. „Wir werden ja sehen." Und dann sahen sie. Die Tür wurde aufgerissen, und Captain Samuel Graybound stürmte in das Büro. Er sah zuerst den Sekretär Pierre an, dann Oberst Rammbüggl Seine roten Haare standen wirr und ungepflegt vom Kopf ab. Auch der rote Vollbart hätte der Pflege bedurft. Die Hängebacken wabbelten und verrieten höchste Erregung.
„Wer hat mir diesen blödsinnigen Wisch geschickt?" brüllte er mit Stentorstimme und knallte die Vorladung auf Rammbüggls Tisch.
„Ich habe etwas anderes zu tun, als mich mit euch Bürokraten abzugeben."
Der Oberst lief blutrot an. Er schnappte zweimal vergeblich nach Luft. Pierre war zurückgewichen und starrte Graybound wie ein Wundertier an. Er hatte noch nie erlebt, daß jemand seinen Chef so behandelte.
„Was ... was erlauben Sie sich ...?" Graybound betrachtete interessiert das rote Gesicht seines Gegenübers, als handle es sich um ein wissenschaftliches Phänomen. Dann schüttelte er den Kopf und sah sich nach einem Stuhl um. Als er keinen entdecken konnte, blieb er notgedrungen stehen. Aber er beugte sich vor und stützte die Hände auf Rammbüggls Schreibtisch, dem das zusätzliche Gewicht nichts ausmachte.
„Graybound ist mein Name, Captain Samuel Graybound, Kommandant des Frachters LIZARD von der Startramp. Und wer sind Sie?"
Oberst Rammbüggl erholte sich allmählich. Das, und wer sind Sie?" klang allerdings derart verächtlich und herablassend, daß er fast explodiert wäre. Das Rot seines Gesichtes verwandelte sich langsam in Violett.
„Oberst Ludwig Rammbüggl, Chef der Abteilung für Neuzugänge." Graybound beugte sich noch weiter vor und starrte seinem Gegenüber fassungslos ins Gesicht.
„Rammbüggl?" machte er und begann dann hemmungslos zu lachen. „Bei allen Saturnringen! Was für ein Name!"
„Herr! Was erlauben Sie sich ...?"
„Ach ...?" machte Graybound ungläubig. „Hat Ihnen das noch niemand gesagt? Und Ihnen selbst ist das auch noch nicht aufgefallen? Dann wurde es Zeit, daß Ihnen jemand sagt, wie komisch ..."
„Herr!" Graybound nickte. „Ja", sagte er gelassen. „Das bin ich!
Ich würde auch jedem die Knochen brechen, der das Gegenteil behauptet." Er holte tief Luft. „Würden Sie endlich die Freundlichkeit besitzen, mir mitzuteilen, warum Sie mich herbestellt haben ...?"
Der Oberst sank in die Polster seines Sessels zurück. Mit fahrigen Fingern blätterte er
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