0102 - Abteilung III greift ein
auf ihn schießen. Er würde es nicht wagen, solange sich die kleinen Glatthäutigen mitten in seiner Schußlinie befanden.
Richard bremste seinen Lauf nicht, als er die Wand erreichte.
Hart prallte er gegen die Steinmauer und packte mit raschem, entschlossenem Griff den Riegel der Tür. Er riß ihn nach oben. Er zerrte daran und sah, wie die Tür sich langsam zu bewegen begann. Dann war es so weit, daß er in den Raum hinter der Tür sehen konnte. Es war gar kein Raum, und das Fenster vor allen Dingen, das Richard dicht nebenan in der Wand gesehen hatte, gehörte gar nicht dazu. Es war ein schmaler, finsterer Gang, der in den Kern der Stadt hineinführte - der Himmel mochte wissen wohin. Richard zwängte sich an der halboffenen Tür vorbei in den Gang hinein. Im selben Augenblick prallte etwas von außen mit voller Wucht gegen die Tür. Richard hörte eine weinerliche, fast hysterische Stimme: „Nehmen Sie mich mit, Dick, um Gottes willen...!" Richard erstarrte vor Schreck. Die Stimme war nicht schwer zu erkennen. Dynah Langmuir stand draußen und zerrte am Riegel. Er konnte sie nicht einfach draußen stehen lassen. Er schob die Tür wieder ein Stück auf, griff blindlings nach draußen und faßte Dynah am Arm. Er zog sie in den Gang herein und sah mit einem raschen Blick, daß die vorderste Reihe der Ghamesen nicht einmal mehr zehn Meter weit entfernt war. Welch ein Glück, daß sie sich auf festem Boden nur ungeschickt zu bewegen verstanden! Ihr Laufen war ein hastiges, groteskes Watscheln und schien sie über alle Maßen anzustrengen. Richard erkannte, daß er solange in Sicherheit sein würde, wie sie sich darauf beschränkten, einfach hinter ihm herzulaufen. Aber wahrscheinlich würden sie - oder der Springer - bald auf den Gedanken kommen, daß die Stadt noch über eine Reihe anderer Gänge verfügte, auf denen man ihm den Weg abschneiden konnte. Ihm und dem aufgeregten Mädchen, das ihm jetzt wie ein Klotz am Bein hing.
Richard lief in den Gang hinein. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, war es völlig finster. Aber er hatte gesehen, daß der Gang wenigstens hundert Meter weit geradlinig verlief. Er brauchte nur eine Hand auszustrecken, um jedes Hindernis sofort zu ertasten.
Mit der anderen hielt er Dynah immer noch am Arm und zog sie hinter sich her. Er erwartete jeden Augenblick, Lichtschein in den Gang fallen zu sehen. Die Ghamesen mußten die Tür mittlerweile erreicht haben, und sicher würden sie keine Sekunde zögern, die beiden Flüchtlinge zu verfolgen. Als sie aber die erste Biegung des schmalen Ganges erreicht hatten, ohne daß die Verfolger sich hinter ihnen zeigten, da begann Richard zu glauben, daß er entweder die Mentalität der Ghamesen falsch eingeschätzt habe oder sie selbst einen anderen Weg gefunden hätten, auf dem sie glaubten, der Entflohenen früher habhaft zu werden als durch direkte Verfolgung. Richard löste den harten Griff um Dynahs Arm.
Er spürte, wie das Mädchen taumelte und sich dann gegen die Wand lehnte, um festen Halt zu haben. Angesichts ihres Elends verrauchte Richards Zorn. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?" fragte er weitaus weniger grob, als er es vorgehabt hatte. Dynah schluchzte. „Nichts", antwortete sie. „Ich wollte einfach nichts mit diesem widerlichen Bärtigen zu tun haben. Sie hätten seine Augen sehen sollen, als er mich ansah...!" Richard hatte sie gesehen, und er wußte, daß Dynah nicht übertrieb. „Na schön", sagte er ein wenig hilflos. „Wir werden es zusammen schon schaffen. Aber Sie werden kräftig die Zähne zusammenbeißen müssen. Wie fühlen Sie sich?" fragte er nach einem Moment. „Miserabel", gestand Dynah. „Die Beine sind wie Blei, die Schultern tun mir weh, und die Arme mag ich gar nicht mehr heben." Richard mußte lachen, ob er wollte oder nicht.
„Das ist der richtige Zustand, um vor zehntausend Feinden davonzulaufen", spottete er. „Aber lassen Sie nur: Wir kommen schon zurecht." Er war selbst vom Gegenteil überzeugt, aber er hielt es für besser, Dynah bei guter Laune zu halten. „Kommen Sie, wir müssen weiter!" sagte er sanft. Er nahm sie wieder beim Arm, und sie ließ es sich willig gefallen. Sie umrundeten die Biegung, die der Gang an dieser Stelle beschrieb, und fanden heraus, daß er auf der anderen Seite sanft geneigt wieder in die Tiefe führte. „Da sind wir doch gerade hergekommen", sagte Richard und zwang sich zu einem gutgelaunten Lachen. Sie gaben sich keine Mühe, leise zu sein. Der
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